Lindauer Zeitung

Knigge für tierische Gäste

Mit ein paar Tricks kann man dafür sorgen, dass ein Besuch möglichst unkomplizi­ert wird

- Von Fabian Busch

(dpa) - Unbekannte Menschen, neue Gerüche und Eindrücke: Eine fremde Wohnung ist für Hunde eine spannende Welt. Entspreche­nd aufgeregt sind sie häufig, wenn sie ihre Besitzer zu Besuchen begleiten.

Während ein Mensch die Augen durch die Wohnung schweifen lässt, erkunden Hunde neue Räume am liebsten mit der Nase. Für den Gastgeber kann so ein Besuch daher stressig werden. Wie geht man als Halter vor, wenn man das eigene Tier mitnehmen will? Und darf man als Gastgeber sagen, dass man diesen Besuch nicht will? Knigge-Trainerin Eva Haas aus Mannheim (Foto: Anna Logue/stilund-etikette.net) rät grundsätzl­ich, „rücksichts- und verständni­svoll, offen und ehrlich“zu kommunizie­ren. Das bedeutet: Der Besitzer müsse in jedem Fall fragen, bevor er den Hund mitnimmt. „Schließlic­h gibt es Menschen, die eine Tierhaaral­lergie oder eine Hundephobi­e haben.“

Der Gastgeber könne natürlich Nein zu dem Besuch sagen, sollte das aber ebenfalls offen kommunizie­ren. Etwa indem sie oder er sagt: Ich fühle mich unwohl in Gegenwart eines Hundes. Zudem könne man Gegenvorsc­hläge machen und etwa einen anderen Ort vorschlage­n.

Ob es wirklich sinnvoll ist, den eigenen Hund zu einem Besuch mitzunehme­n, hängt auch von dessen Persönlich­keit ab. Im Idealfall hat das Tier schon früh gelernt, mit neuen Reizen und Situatione­n umzugehen. „Wenn der Hund psychisch stabil und umweltsich­er ist, habe ich als Halter eine gute Basis, wenn ich ihn mit in eine fremde Wohnung nehmen will“, sagt Steffen Kröber, Hundepsych­ologe aus dem hessischen Bromskirch­en. „Für ehemalige Straßenhun­de können schon die eigenen vier Wände Stress bedeuten.“

Nicht immer lässt es sich vermeiden, den Hund mitzunehme­n – etwa wenn das Tier nicht alleine bleiben kann. Dann sollten Halter versuchen, die Situation für alle Beteiligte­n so unkomplizi­ert wie möglich zu machen.

Das Anspringen bei der Begrüßung könne man dem Tier zum Beispiel abgewöhnen, sagt Bettina Haas, Hundetrain­erin aus dem fränkische­n Vorra. „Hunde machen das, um an den Mund zu kommen. Denn unter Hunden ist es eine höfliche Begrüßung, einander die Lefzen zu lecken“, erklärt die Expertin. „Viele Menschen erschrecke­n dabei aber, darauf sollte man unbedingt Rücksicht nehmen.“

Um eine allzu stürmische Begrüßung zu unterbinde­n, schlägt Haas vor, den Hund kurz an der Leine zu halten. Möglich sei es auch, auf dem

Boden Futter zu verteilen – dann wird der Kopf des Hundes eher nach unten zeigen.

Besonderes Fingerspit­zengefühl ist gefragt, wenn der Besuchte Angst vor Hunden hat. Häufig starrten Menschen, die sich vor einem Vierbeiner fürchten, diesen an, so Haas. Das wiederum mögen Hunde aber gar nicht. In so einer Situation sollte der Halter versuchen, sein Tier abzulenken. Auch eine gemeinsame Runde um den Block kann dem Besuchten helfen, sich auf den ungewohnte­n Gast einzustell­en.

Die meisten unerwünsch­ten Verhaltens­weisen gehen Haas zufolge mit Aufregung einher. Deswegen sei es sinnvoll, Ruhe in die Situation zu bringen. Hundepsych­ologe Kröber rät zum Beispiel, die vertraute Decke des Hundes mitzunehme­n: „Wenn man es im Vorfeld regelmäßig trainiert hat, weiß der Hund: Da lege ich mich drauf, da kann ich entspannen.“

Auch eine Faltbox könne dem Tier etwas Heimatgefü­hl vermitteln, sagt Haas. „Dort kann man dem

Hund zum Beispiel einen Kau-Artikel geben. Kauen entspannt, der Hund fühlt sich wohl und kann ein bisschen runterfahr­en.“

Eine wichtige Rolle spielt bei einem Besuch das Verhalten des Besitzers. „Viele Hunde sind extrem auf ihre Menschen fokussiert. Sie lernen, indem sie uns beobachten“, erklärt Kröber (Foto: Uwe Klössing/ dpa). Deswegen sollte der Halter sich möglichst entspannt verhalten. „Ansonsten signalisie­rt man dem Hund, dass in einer fremden Wohnung vielleicht Gefahr lauern könnte.“Generell gelte die Regel: Fühlt sich das Tier gut, verhält es sich auch gut.

Auch während des Besuches sei offene Kommunikat­ion wichtig, sagt Knigge-Expertin Haas. „Der Gastgeber sollte genau formuliere­n, wo der

Hund hin darf und wo nicht.“Wenn zum Beispiel Küche und Schlafzimm­er für den vierbeinig­en Besucher tabu sein sollen, müsse man das klar sagen und dann auch die Türen zu den Räumen schließen. Gewisse Regeln sollte auch der Bewohner akzeptiere­n. Wenn der Hundebesit­zer zum Beispiel nicht will, dass sein Tier beim Essen vom Tisch gefüttert wird, gilt das auch für den Gastgeber.

Besonders schwierig wird es, wenn auch im besuchten Haushalt ein Hund wohnt. Für das Tier können die Gäste Eindringli­nge auf dem eigenen Territoriu­m sein. „Es ist nicht so, dass Hunde sich untereinan­der immer automatisc­h vertragen“, betont Kröber.

Ob man den eigenen Hund wirklich mit zu fremden Haltern nimmt, sollte man sich daher gut überlegen. „Ich persönlich würde das nicht ohne einen gewissen Vorlauf machen“, sagt Kröber. „Am besten ist es, wenn die Hunde sich zuvor schon auf neutralem Terrain getroffen und kennengele­rnt haben.“

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FOTO: FLORIAN SCHUH/DPA Um eine allzu stürmische Begrüßung beim Besuch zu unterbinde­n, sollte man den Hund ganz kurz an der Leine halten.
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Eva Haas
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Steffen Kröber

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