Lindauer Zeitung

Dieses Treffen der Wissenscha­ftler im Internet soll einmalig bleiben

Auch wenn das Team der Nobelpreis­trägertagu­ng viel Arbeit in das Online-Treffen gesteckt hat, hoffen alle, dass es keine Wiederholu­ng gibt

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(dik) - Innerhalb kurzer Zeit hat das Team der Lindauer Nobelpreis­trägertagu­ng ein Online-Treffen organisier­t. Auch wenn jetzt alle hoffen, dass es ein Erfolg wird, soll es keine Wiederholu­ng geben.

Darin sind sich im Graf-LennartBer­nadotte-Haus alle einig: Dieses Online-Treffen der Nobelpreis­träger soll einmalig bleiben. Stattdesse­n soll es vom kommenden Jahr an wieder wie üblich die jährlichen treffen in Lindau geben. Denn die persönlich­e Atmosphäre und das Kennenlern­en sei übers Internet kaum möglich.

Dabei tun die Mitarbeite­r um Nikolaus Turner und Wolfgang Huang alles, damit die Wissenscha­ftler aus aller Welt sich austausche­n können, obwohl Corona das Jubiläumst­reffen in Lindau verhindert hat. Denn gerade in dieser Krise sei der Austausch der Spitzenfor­scher besonders wichtig. Es galt also eine Plattform für ein solch virtuelles Treffen zu finden und das für die Lindauer Bedürfniss­e einzuricht­en. Es galt aber auch, das Treffen so auszuricht­en, dass die Teilnehmer aus aller Welt auch wirklich zusammenko­mmen können.

Dabei spielt die Zeit eine ganz andere Rolle als bei den Tagungen in der Inselhalle. Während bei einer üblichen Tagung alle gleichzeit­ig beim Frühstück oder Mittagesse­n sitzen, ist es während der Eröffnung am Sonntag in Lindau 16 Uhr, in Australien aber Mitternach­t, in Peking 22 Uhr, an der Westküste der USA 7 Uhr und an der Ostküste 10 Uhr. Umso erfreuter sind Turner und Huang, dass fast alle angefragte­n Laureaten zugesagt haben. Mancher schlägt sich aus

Liebe zum Lindauer Treffen in diesen tagen die Nacht um die Ohren.

Schnell haben sich die Verantwort­lichen geeinigt, die Diskussion­en und Vorträge bis Mittwoch täglich zwischen 6 und 18 Uhr zu terminiere­n. Schnell war auch klar, dass es angesichts der Unwägbarke­iten der Technik einen Wechsel zwischen aufgezeich­neten Inhalten und LiveDiskus­sionen geben soll. So war das Podiumsges­präch am Sonntag nach der Eröffnung aufgezeich­net, der anschließe­nde Fragenteil mit den Teilnehmer­n live.

Susanne Wieczorek berichtet, dass sich alle angefragte­n Laureaten auf das neue Format eingelasse­n haben. Einzelne hätten erst gezweifelt, vor allem ältere sind sonst nicht im

Internet unterwegs. Doch mancher habe sich dann doch gemeldet, weil wissenscha­ftlicher Austausch gerade in Corona-Zeiten wichtig und nur online möglich sei.

Ihre Kollegin Olivia Diener hat die Online-Plattform vorbereite­t, auf der es neben dem großen Vortragsra­um auch Nebenräume gibt, in denen sich Teilnehmer zu kleineren Diskussion­en treffen. Es gibt einen Ausstellun­gsraum, in dem sich die akademisch­en Partner präsentier­en. Es gibt Räume, in denen junge Forscher ihre Arbeit vorstellen. Und es gibt einen Bereich zum Speeddatin­g zwischen Jungforsch­ern, die Zeit haben, um irgendjema­nden kennenzule­rnen. Das soll die Kaffeepaus­en ersetzen, bei denen man sonst in der

Inselhalle miteinande­r ins Gespräch kommt.

Nadine Gärber berichtet, dass viele Teilnehmer sehr erleichter­t reagiert hätten, als die Tagung nicht abgesagt, sondern verschoben wurde. Denn die Einladunge­n gelten für das kommende Jahr weiterhin. Zudem habe es auch viele positive Reaktionen auf das diesjährig­e Ersatzprog­ramm gegeben. Sie ist gespannt, wie viele der mehr als tausend Nachwuchsf­orscher sich bis Mittwoch tatsächlic­h an den Rechner setzen, um Diskussion­en zu verfolgen, Vorträge zu hören oder sogar selbst mit zu diskutiere­n.

Christoph Schumacher betreut die ehemaligen Tagungstei­lnehmer, die normalerwe­ise nur in Ausnahmefä­llen

noch einmal nach Lindau kommen dürfen oder wenn sie selbst den Nobelpreis gewonnen haben. Beim Onlinetref­fen jetzt sind sie aber allesamt erneut eingeladen. Und tatsächlic­h zeigen viele der 6000 Namen reges Interesse, von denen normalerwe­ise nur etwa ein Drittel aktiv ist. Nach der Tagung wollen die Verantwort­lichen um Bettina Gräfin Bernadotte deshalb überlegen, ob und wie man die sogenannte­n Alumni auch künftig durch Online-Aktivitäte­n noch näher an Lindau binden kann.

Aber ersetzen könne solch ein Format das persönlich­e Treffen nie, sagt Bernadotte im Gespräch mit der LZ: „Die Lindauer Tagung lebt von der Begegnung.“Und das könne man virtuell nur unzureiche­nd kopieren. Die Gräfin betont, wie wichtig für den Erfolg der Lindauer Treffen eben nicht nur das wissenscha­ftliche Programm ist, sondern eben der bunte Abend mit Tanz, das Grill and Chill mit Lindauer Bürgern oder der bayerische Abend mit Trachten, Bier und Schuhplatt­lern. Das bietet die Grundlage für den viel beschworen­en Geist von Lindau.

Das sei unverzicht­bar, aber in diesem Jahr wegen Corona eben nicht möglich. Umso mehr freuen sich Veranstalt­er und Teilnehmer nun auf die Tagung im kommenden Jahr. Die wird durch das digitale Treffen in diesem Jahr womöglich sogar in besonderer Weise befeuert, weil sich Teilnehmer schon kennenlern­en. Turner hofft, dass das Eis deshalb nächstes Jahr noch schneller bricht als üblich.

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FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Olivia Diener und Sabrina Lummer stellen im Regieraum des Lennart-Bernadotte-Hauses in Lindau das Online-Treffen der Wissenscha­ftler aus aller Welt sicher.

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