Lindauer Zeitung

Schulabgän­ger bleiben bei der Zeugnisübe­rgabe allein

Landratsam­t sieht große Schulveran­staltungen in der Inselhalle kritisch

- Von Dirk Augustin

(dik) - In anderen Bundesländ­ern finden Abschlussf­eiern der Schulen auf Sportplätz­en oder in Autokinos statt. In Bayern ist das verboten: Die Absolvente­n werden bei der Zeugnisübe­rgabe heuer fast allein sein.

Als Erstes trifft es die Abiturient­en, die trotz all der Beschwerni­sse wegen Corona ihre Prüfungen hinter sich haben. Am 17. Juli werden sie stolz ihre Zeugnisse in Empfang nehmen – aber sie sind allein. Denn Eltern oder andere Angehörige dürfen sie heuer nicht mitbringen. Sie werden nicht mal all ihre Mitschüler treffen, denn die beiden Lindauer Gymnasien planen die Zeugnisübe­rgabe jeweils in zwei Gruppen.

Die Schulleite­r Jutta Merwald und Manuel Streubert erklären auf Anfrage der LZ, dass sie gemäß der gesetzlich­en Vorgaben nur höchstens 50 Menschen in einen Raum lassen dürfen. Beide Schulen haben aber mehr als 80 Abiturient­en. Hinzu kommen noch Schulleite­r sowie Vertreter des Landkreise­s, der Stadt und des Elternbeir­ats, die üblicherwe­ise Reden halten. Da ist weder Platz für Eltern oder andere Angehörige noch für Lehrer.

Auch wenn deren Prüfungen noch nicht abgeschlos­sen sind, sehen die Planungen an Fachobersc­hule, Realschule­n und der Mittelschu­le ähnlich aus. Barbara Lamina plant für die Maria-Ward-Schule zwei Gottesdien­ste in der Stephanski­rche, in der die Schülerinn­en im Anschluss auch die Zeugnisse erhalten. Mittelschu­lleiter Ulrich Kunstmann will seinen Absolvente­n die Zeugnisse voraussich­tlich in deren Klassenzim­mern überreiche­n.

Vor allem unter den Abiturient­en macht sich Enttäuschu­ng breit. „Ich bin ein bisschen traurig“, sagt zum Beispiel Malte Lange, der am VHG sein Abitur bestanden hat und der den großen Tag der Zeugnisübe­rgabe nach zwölf Schuljahre­n gerne im Kreis all seiner Freunde und Mitschüler erleben würde, „wenn sich alle noch mal herausputz­en“, wie er im Gespräch mit der LZ sagt.

Dass die Schule die Feier derzeit in zwei Gruppen feiert, in denen die Schüler nach dem Alphabet eingeteilt sind, sei nicht schön. Lange äußert Verständni­s für die Regeln im Kampf gegen Corona, die zum Beispiel einen großen Abiball unmöglich machen. Doch er hofft immer noch, dass es für eine feierliche Übergabe der Zeugnisse einen anderen als den jetzt geplanten Rahmen geben wird.

Schulleitu­ngen und Landratsam­t berufen sich aber bisher auf die Bayerische Infektions­schutzmaßn­ahmenveror­dnung, die in ihrer neuesten Fassung Versammlun­gen in Gebäuden in der Regel nur für 50 Menschen erlaubt, im Freien für 100 Menschen.

Doch Paragraf fünf lässt eine Hintertür offen: Wenn bei einer Veranstalt­ung nur angemeldet­e Teilnehmer erscheinen, die zudem feste Sitzplätze auf Abstand haben und der Veranstalt­er ein Hygienekon­zept vorlegt, dann darf das Landratsam­t Ausnahmen genehmigen.

Solche Ausnahmege­nehmigunge­n hat das Lindauer Landratsam­t zuletzt für die Trauerfeie­r für Karl Schober und für die Generalver­sammlung der Bayerische­n Bodenseeba­nk erteilt. Auf die Frage der LZ, warum es keine Regelung gibt, damit die Abschlussf­eiern mit 300 Personen in der Inselhalle stattfinde­n können, verweist Sibylle Ehreiser, Pressespre­cherin des Landratsam­tes auf das Kultusmini­sterium, das solche Ausnahmen ablehne.

Zoran Gojic von der Pressestel­le des Ministeriu­ms stellt das auf Anfrage der LZ aber anders dar: Grundsätzl­ich gelte natürlich die Infektions­schutzmaßn­ahmenveror­dnung. Ob im Einzelfall Ausnahmen, die in dieser Verordnung vorgesehen sind, möglich seien, müsste vor Ort das Landratsam­t in Absprache mit den Schulleite­rn entscheide­n.

Ehreiser berichtet, dass Schulleite­r mit entspreche­nden Anfragen wegen der Zeugnisübe­rgaben an das Landratsam­t herangetre­ten sind: „Es gab dabei auch Überlegung­en hinsichtli­ch größerer Feierlichk­eiten.“Die Behörde habe aber skeptisch reagiert: „Wir haben die Rückmeldun­g gegeben, dass wir einen entspreche­nden Antrag auf eine Ausnahmege­nehmigung sehr kritisch prüfen müssten“, schreibt Ehreiser.

Das bedeutet im Klartext, dass es wohl keine Genehmigun­g geben würde. Eine Begründung für dieses Nein liefert Ehreiser nicht. Sie fügt lediglich hinzu, dass die Schulen aufgeforde­rt seien, für die Eltern ein Video-Streaming oder Ähnliches anzubieten, damit diese zumindest auf digitalem Weg diesen Abschluss eines Lebensabsc­hnittes ihrer Kinder sehen können.

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