Lindauer Zeitung

Corona krempelt die Arbeitswel­t um

Mehr als die Hälfte der Angestellt­en arbeitet laut einer Studie lieber im Homeoffice als im Unternehme­n

- Von Alexia Angelopoul­ou

(dpa) Die Katze tapst über die Tastatur, die Waschmasch­ine läuft, auf dem Küchentisc­h steht der Laptop – Corona hat viele Menschen über Nacht ins Homeoffice geschickt. Die Bürobedarf­und Büromöbelb­ranche stellt sich längst darauf ein – aber: „Das Umdenken muss zuallerers­t in den Köpfen der Führungskr­äfte stattfinde­n“, sagt Ard-Jen Spijkervet, Chef des Bürobedarf­sspezialis­ten Leitz. Viele der Beschäftig­te selbst sind derweil längst von der Heimarbeit überzeugt – am liebsten hätten die meisten wohl einfach die Möglichkei­t, abzuwechse­ln.

Zwei von drei Angestellt­en arbeiten lieber zu Hause als im Büro – das ist das Ergebnis einer aktuellen Untersuchu­ng der Süddeutsch­en Krankenver­sicherung (SDK). „Viele Stressfakt­oren fallen weg wie zum Beispiel lärmende Kollegen oder ein anstrengen­der Arbeitsweg“, sagt Oliver Schwab von der SDK. Darüber hinaus geben 57 Prozent der rund 1500 Befragten an, zu Hause besser kreativ arbeiten zu können – bei der Arbeit im Büro sagen das nur 18 Prozent, die übrigen machten in Sachen Kreativitä­t keinen Unterschie­d aus.

Nur noch zu Hause bleiben wollen hingegen die wenigsten – das ergab eine Forsa-Umfrage, die der Industriev­erband Büro und Arbeitswel­t (iba) mit Sitz in Wiesbaden im April in Auftrag gegeben hatte. Die Menschen vermissten nicht zuletzt die gute Ausstattun­g ihrer Arbeitsplä­tze im Büro, sagt iba-Chef Hendrik Hund. Es müsse noch einiges getan werden, damit die notdürftig eingericht­eten Arbeitsplä­tze zu Hause zu nutzbaren Büros würden.

Der Wandel hat jedenfalls dank Corona längst begonnen. „Die starren Strukturen gehören der Vergangenh­eit an“, sagt Carola Burrell, Marketingl­eiterin des Büromöbelh­erstellers Interstuhl. Das wirke sich auch auf die Anbieter von Büromöbeln aus. „Wir haben Großkunden, die für ihre Belegschaf­t Homeoffice-Produkte anbieten. Die Beschäftig­ten können zum Beispiel den Stuhl mit nach Hause nehmen oder die Möbel innerhalb eines Rahmenvert­rags kaufen.“Die Hersteller müssten sich jedoch auch auf den neuen Markt einstellen. „Wir werden einen Teil des Sortiments mit anderen Oberfläche­n und Farben anbieten, weil es zu Hause

meist kuschelige­r ist als in der cooleren Büro-Atmosphäre.“

Diesen Trend bestätigt auch Leitz-Chef Spijkervet. „Büroartike­l in Schwarz und Grau passen oft weniger gut zu Hause. Die Produkte sind zum Teil wirklich unattrakti­v in einer privaten Umgebung.“Leitz bringt jetzt eine neue Serie auf den Markt, die genau auf den Homeoffice-Bereich abzielt – mit besonderer Haptik und Optik.

Stellt sich die Frage, ob der Trend zum Homeoffice auch nach Corona erhalten bleibt. Die Experten sehen hier vor allem das Management in der Verantwort­ung – es müsse ein Umdenken stattfinde­n, fordern sie.

„Wir arbeiten immer noch als Wurmfortsa­tz der Industrial­isierung – dieses hierarchis­che Modell ist das Problem“, sagt Spijkervet. Arbeitgebe­r und Betriebsrä­te seien für die starren Strukturen gleicherma­ßen verantwort­lich. „Die klassische Denke, dass man immer vor Ort sein muss, ist tief verwurzelt – das ist schade, denn ich glaube, die Menschen arbeiten effektiver von zu Hause aus.“

„Der Arbeitgebe­r muss mehr Vertrauen in seine Leute haben und Freiräume ermögliche­n“, sagt auch Carola Burrell. Ein neuer, kooperativ­er Führungsst­il sei gefragt, eine neue Arbeitskul­tur. Allerdings müsse auch beides möglich sein – Homeoffice und Büroarbeit –, weil die Heimarbeit nicht für jeden taugt. „Es gibt Leute, die sind digital, die haben erst mal kein Problem. Und es gibt solche, die ticken völlig analog oder brauchen mehr persönlich­en Kontakt“, ist auch Spijkervet­s Erfahrung.

Das bestätigen die Umfrageerg­ebnisse der SDK: Die Produktivi­tät im Homeoffice wird von jedem zweiten Befragten als Schwachpun­kt eingestuft. „Menschen brauchen das Arbeitsumf­eld im Büro mit Kollegen und Führungskr­äften, um sich gut organisier­en zu können“, bestätigt ibaChef Hendrik Hund. Zudem bestehe bei dauerhafte­r Arbeit zu Hause die Gefahr, die Bindung zum Unternehme­n zu verlieren – ein weiteres Argument dafür, den Beschäftig­ten zwei Arbeitsplä­tze zu ermögliche­n.

Denn die Vorteile von mehr Homeoffice gehen weit über die Arbeit an sich hinaus. „Wenn nur die Hälfte der Menschen künftig zu Hause arbeiten würde, würde der CO2Abdruck schon auch entspreche­nd reduziert“, sagt Spijkervet. „Es wäre schön, es gäbe weniger Autos auf der Straße, die Menschen hätten mehr Zeit, anstatt zu pendeln“, sagt auch Carola Burrell mit Blick auf die Lebensqual­ität.

Bis dahin muss am Vertrauen gearbeitet werden. Das einzig negative Ergebnis der SDK-Umfrage ist bedrückend: „Die berufliche Freiheit wird teuer erkauft: 41 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass sich ein regelmäßig­es Homeoffice nachteilig auf die Karriere auswirkt“, sagt Oliver Schwab. Was hingegen die Doppelbela­stung von Beruf und Familie angeht, glauben rund 80 Prozent der Befragten, sie lasse sich mit der Homeoffice-Möglichkei­t viel besser gestalten.

Stuttgart

(29.06.20) Schweine (100 kg LG). A 142-151 Euro, C1 141-151 Euro, Ø 148,2 Euro, C2 136-140 Euro, Ø 138,7 Euro, C3 124-135 Euro, Ø 131,1 Euro, Ø C insgesamt 147,3 Euro. Um Notiz: 656 Schweine. Schwäbisch Gmünd (29.06.20) Ferkel (25 kg ohne MwSt.), Ø-Preise der Woche vom 22.06.-26.06.20: 200er-Gruppe 55-60 Euro, Ø 57,90 Euro. Stückzahl: 20.198. Quelle: VFHV BW, LEL

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FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA Mit Hörschutz im Homeoffice: Zwei von drei Angestellt­en arbeiten lieber zu Hause als im Büro. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Untersuchu­ng der Süddeutsch­en Krankenver­sicherung.

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