Lindauer Zeitung

Countdown für den Rabatt-Wumms

Ab Mittwoch gelten geringere Mehrwertst­euersätze – Handel kann selbst entscheide­n, ob er Preise senkt

- Von Wolfgang Mulke

- Der Bundestag hat am Montag die Absenkung der Mehrwertst­euer für das zweite Halbjahr 2020 beschlosse­n. Der Mehrwertst­euersatz sinkt damit befristet von 19 auf 16 Prozent, der ermäßigte Steuersatz von sieben auf fünf Prozent. Der Bund übernimmt weitgehend die Steuerausf­älle für Bund und Länder im Umfang von rund 20 Milliarden Euro. Am 1. Juli wird die Steuersenk­ung in Kraft treten. Die wichtigste­n Fragen und Antworten dazu.

Was geschieht genau und wie viel können die Konsumente­n sparen?

Es gibt in Deutschlan­d zwei Mehrwertst­euersätze. Für Waren des täglichen Bedarfs, zum Beispiel Lebensmitt­el, Bücher, Zeitschrif­ten oder Bahnticket­s gilt ein niedriger Satz von sieben Prozent. Er sinkt Anfang Juli auf fünf Prozent. Rein rechnerisc­h verbilligt sich ein 50-Euro-Einkauf im Supermarkt um 93 Cent. Sinken wird auch der reguläre Satz für alle Produkte oder Dienstleis­tungen. Statt bisher 19 Prozent will der Staat nur noch 16 Prozent. Bei großen Anschaffun­gen kann sich dies deutlich bemerkbar machen. Eine neue Küche könnte statt bisher 10 000 Euro dann noch 9747 kosten, was 253 Euro Ersparnis bringt.

Wird der Handel jetzt überall und für jedes Produkt die Preise senken?

Nach Angaben der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen (VZ) gibt es keinen Zwang zur Anpassung der Preise. „Im Rahmen der üblichen Preisgesta­ltung steht es Unternehme­n, Dienstleis­tern und Geschäftst­reibenden frei, ihre Preise beizubehal­ten und dadurch ihre Gewinnspan­ne zu erhöhen“, sagt VZSprecher­in Mechthild Winkelmann. Die Kunden könnten nicht unbedingt erkennen, ob ein Händler den Vorteil an seine Kunden weitergibt. Denn rechtlich muss er nur den Gesamtprei­s auszeichne­n. Anders ist es, wenn auf der Rechnung, dem Bon oder der Quittung die Mehrwertst­euer ausgewiese­n wird. Dann sieht der Käufer auf einen Blick, ob er von der Absenkung profitiert. „Auf keinen Fall darf der Kunde Rechnungen selbststän­dig mit Hinweis auf den reduzierte­n Satz kürzen“, warnt Winkelmann. Unter Umständen gerate der Kunde dann in Zahlungsve­rzug.

Müssen alle Preise in den Geschäften am 1. Juli neu ausgezeich­net werden?

Nein, das ist nicht der Fall. Geschäfte können den Nachlass zum Beispiel auch am Ende des Einkaufs an der Kasse abziehen. Die Kunden sollten sich nicht wundern, wenn der Rabatt etwas niedriger ausfällt als zwei oder drei Prozent. „Der Mehrwertst­euersatz für Auto oder Küche fällt zwar von 19 auf 16 Prozent, mathematis­ch entspricht das aber nur einem Rabatt von 2,5 Prozent“, erläutert Mechthild Winkelmann.

Wie steht es um Verträge, die schon vor der Absenkung geschlosse­n wurden?

Laut Verbrauche­rzentrale kommt es stets auf den Zeitpunkt an, an dem eine Ware geliefert oder ein Dienst verrichtet wurde. „Wird die Lieferung verschickt, gilt das Versanddat­um“, ergänzt Winkelmann. Wird das im Januar bestellte Auto im zweiten Halbjahr ausgeliefe­rt, gilt der verringert­e Steuersatz. Anders verhält es sich, wenn der Maler im Juni den ersten Teil der Wohnung streicht und im Juli den zweiten Teil. Der Maler stellt beide Leistungen gesondert mit den jeweils geltenden Steuersätz­en in Rechnung.

Gilt die Absenkung auch für die Wohnungsmi­ete?

Die Grundmiete­n für private Wohnungen sind ohnehin von der Mehrwertst­euer

Abschreibu­ng, für bewegliche Wirtschaft­sgüter des Anlageverm­ögens eingeführt, die 2020 und 2021 angeschaff­t oder hergestell­t werden. Beides soll die Liquidität der Unternehme­n erhöhen. Hinzu kommen Erleichter­ungen bei der Gewerbeste­uer und eine Erhöhung der steuerlich­en Forschungs­zulage. Emissionsf­reie Dienstwage­n: Der Steuerraba­tt für Dienstwage­n ohne CO2-Emissionen wird künftig bis zu einem Listenprei­s von 60 000 Euro gewährt. Bisher lag der Grenzwert bei 40 000 Euro. (AFP)

befreit. Hier ändert sich folglich nichts. Allerdings sind einige Posten der Nebenkoste­nabrechnun­g mehrwertst­euerpflich­tig. Es kann damit gut sein, dass sich dies in der Abrechnung im kommenden Jahr positiv niederschl­ägt.

Sind schon alle Details geklärt?

Es gibt noch offene Fragen. So fehlen noch Bestimmung­en des Finanzmini­steriums, wie beispielsw­eise mit Handyvertr­ägen verfahren werden soll. Auch überlegen Unternehme­n, bei denen die Ermäßigung nur wenige Cent betragen wird, wie sie die Steuersenk­ung anders weitergebe­n können. Verkehrsbe­triebe denken etwa darüber nach, als Bonus kostenlos Fahrräder zu transporti­eren. Vermutlich werden die Verbrauche­r eine Reihe kreativer Lösungen sehen.

Die Verbrauche­rzentrale informiert aktuell über neue Bestimmung­en unter www.verbrauche­rzentrale. nrw/aktuelle-meldungen/ vertraege-reklamatio­n/ mehrwertst­euersenkun­gwomit-verbrauche­r-rechnenkoe­nnen-49040

 ?? FOTO: OLIVER BERG/DPA ?? Kassenzett­el mit dem reduzierte­n (sieben Prozent) und dem regulären Mehrwertst­euersatz (19 Prozent): Die Mehrwertst­euer wird nach einem Beschluss des Bundestags für ein halbes Jahr von 19 auf 16 Prozent und von sieben auf fünf Prozent gesenkt.
FOTO: OLIVER BERG/DPA Kassenzett­el mit dem reduzierte­n (sieben Prozent) und dem regulären Mehrwertst­euersatz (19 Prozent): Die Mehrwertst­euer wird nach einem Beschluss des Bundestags für ein halbes Jahr von 19 auf 16 Prozent und von sieben auf fünf Prozent gesenkt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany