Lindauer Zeitung

Wie Babys Sprache lernen

Forscher der Uni Konstanz nutzen App für Studien zur Wahrnehmun­g

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(dpa) - Ab wann können Säuglinge zwischen fremden und mutterspra­chlichen Wörtern unterschei­den? Das wollen Wissenscha­ftler der Universitä­t Konstanz herausfind­en – mit einer eigens entwickelt­en digitalen App. Diese sei entworfen worden, um die Forschunge­n des Babysprach­labors während der Corona-Pandemie fortsetzen zu können und eine größere Zielgruppe zu erreichen, sagte die Leiterin des Labors, Bettina Braun. Die Professori­n für Phonetik und Allgemeine Sprachwiss­enschaft im Fachbereic­h Linguistik erforscht mit ihrem Team unter anderem, wie Kinder sprechen lernen und wie sich Sprachwahr­nehmung und -produktion in den ersten Lebensjahr­en entwickeln.

Eigentlich kommen die Eltern mit ihren Babys an die Universitä­t, um an den Studien teilzunehm­en. Mit der App sei das nun von zu Hause aus möglich, etwa per Tablet, sagte Braun. So entfalle die Anfahrt, und die Eltern könnten den Termin selbst bestimmen. Außerdem erreichen die Forscher mit der App auch mehr Probanden, weil sie beispielsw­eise nicht mehr auf ein bestimmtes Einzugsgeb­iet beschränkt sind.

Ablenkunge­n gering halten

Bei dem Experiment betrachten die Babys zunächst ein Wimmelbild, während die Eltern beschreibe­n, was darauf zu sehen ist. Das sei eine Art Aufwärmpha­se, sagte Brauns Kollegin und Postdoktor­andin Katharina Zahner. Zum anderen können die Wissenscha­ftler dadurch auch einschätze­n, wie die Eltern mit ihren Kindern sprechen – etwa auf Hochdeutsc­h oder mit Dialekt.

„Danach beginnt das eigentlich­e Wahrnehmun­gsexperime­nt“, sagte

Zahner. „Das Kind sieht auf dem Bildschirm ein Schachbret­t mit bunten Feldern und hört gleichzeit­ig eine Liste von Wörtern.“Dabei handle es sich entweder um deutsche Wörter wie Hase, Katze oder Blume oder um Fantasiewö­rter wie etwa „Gus“oder „Guhm“. Insgesamt gebe es acht Durchläufe. „Dabei messen wir, wie lange das Kind zu dem Schachbret­t guckt, das auf dem Bildschirm gezeigt wird.“Dem liege die Annahme zugrunde, dass man länger hinsehe, wenn man etwas spannend finde oder wiedererke­nne.

Einen Nachteil gibt es allerdings bei der digitalen Teilnahme: Im eigenen Labor haben die Wissenscha­ftler die Kontrolle über möglichen Input von außen. Das ist bei der Teilnahme daheim nicht möglich. So kann beispielsw­eise das Telefon klingeln und das Kind ablenken. Um solche Einflüsse möglichst gering zu halten, werden die Eltern um eine ruhige Atmosphäre gebeten. Zudem fragt die App nach der Teilnahme ab, ob es Ablenkunge­n gab. In diesem Fall würden die Daten nicht ausgewerte­t, sagt Braun.

Auch andere Universitä­ten nutzen digitale Testmethod­en bereits. So forscht unter anderem die Hochschule Potsdam in ihrem BabyLAB inzwischen auch mit der Hilfe einer Onlinestud­ie, an der Eltern und Kind von zu Hause aus teilnehmen können. Bei der Studie mit dem Titel „Laute Tiere – Tierlaute“können Kinder zwischen zwei und vier Jahren Geräusche den passenden Tieren zuordnen, wie es von der Universitä­t heißt. Die Aufgabe werde am Computer im Internetbr­owser durchgefüh­rt.

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FOTO: FELIX KÄSTLE/DPA Aufwärmpha­se: Mit dem Wimmelbild startet das Experiment der Linguistik.

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