Angehörige enttäuscht über Germanwings-Urteil
Gericht weist Klage auf Schmerzensgeld ab – Lufthansa kann nicht haftbar gemacht werden
(dpa) - Das Essener Landgericht weist die Klagen von acht Angehörigen von Opfern des Germanwings-Absturzes ab. Die Worte der Richter kommen dabei nicht gut an.
Die Enttäuschung ist dem groß gewachsenen Mann ins Gesicht geschrieben. Er hat bei dem Absturz der Germanwings-Maschine 4U 9525 am 24. März 2015 seine Tochter, deren Partner und einen Enkel verloren – und ringt am Mittwoch um Fassung, als er nach der Urteilsverkündung des Essener Landgerichts um einen Kommentar gebeten wurde. Zusammen mit sieben weiteren Hinterbliebenen hatte der Mann die Lufthansa AG und deren Flugschule in den USA auf höheres Schmerzensgeld verklagt. Jetzt, da die Klage abgewiesen worden ist, sagt er: „Ich habe das Gefühl, dass das Gericht mit dem Sachverhalt überfordert war.“
Deutlich kritisiert er auch die Worte, die Richter Lars Theissen zur Begründung gewählt hat. Zur Frage einer Haftung der Flugschule hat dieser gesagt: „Niemand käme auf die Idee, den Fahrlehrer, der die Überlandfahrten begleitet hat, in die Pflicht zu nehmen, wenn ein Autofahrer Jahre später in den Gegenverkehr fährt.“Und auch die Lufthansa ist nach Ansicht der Essener Richter der falsche Adressat dieser Klage.
Man könne sich einen Schuldigen nicht einfach aussuchen, so Richter Theissen im Urteil.
Die 16. Zivilkammer des Landgerichts ließ die Frage offen, ob es neben dem Co-Piloten, der die Maschine auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf in den französischen Alpen absichtlich gegen einen Berg gesteuert haben soll, überhaupt noch einen anderen Schuldigen gibt. Natürlich könne es sein, dass bei der Erteilung der Fluglizenz für den früher an Depressionen leidenden Co-Piloten Fehler gemacht worden sind. Für solche wäre aber die Fluggesellschaft nicht verantwortlich. Denn: „Die Flugsicherheit ist eine staatliche Aufgabe, die dem Luftfahrtbundesamt übertragen worden ist. Es ist Aufgabe des Staates, für tragfähige und wirksame Regeln zu sorgen.“
Am Ende der Urteilsbegründung bringt der Richter dann doch noch sein „Verständnis“zum Ausdruck, dass die Angehörigen nach einem Schuldigen suchten, der zur Rechenschaft gezogen werden könne. Den groß gewachsenen Mann erreicht er damit aber nicht mehr. „Ich bin schwer enttäuscht“, sagt er. „Es ist doch klar, dass hier Menschen ihre Arbeit nicht richtig gemacht haben. Ich erwarte noch immer Gerechtigkeit vom deutschen Staat.“