„Undine“, der Wassergeist
Die Nymphe trägt ein strenges Kostüm und verzieht meist keine Miene. Undine arbeitet für die Senatsverwaltung der Hauptstadt und führt Gäste durch die Ausstellung mit Berliner Stadtmodellen nahe dem Märkischen Museum. Äußerlich cool und modern, ist sie ein alter Wassergeist. Als sich ihr Freund von ihr trennen will, sagt sie ungerührt: „Wenn du mich verlässt, muss ich dich töten“– Kernkompentenz einer mythologischen Figur.
Mit „Undine“verlegt Regisseur Christian Petzold („Barbara“, „Yella“) den historischen Stoff – die UndineSaga geht bis ins Mittelalter zurück und vielleicht darüber hinaus – ins moderne Berlin. Damit holt er ein Thema in die Gegenwart, das schon oft in Literatur, Oper und auch Film durchgespielt wurde: die Femme fatale, schön, verführerisch, männermordend. Petzold aber bleibt beim geheimnisvollen Kern der Geschichte, konfrontiert Undine mit einem neuen Freund, der Industrietaucher ist und den sie in einem Restaurant kennenlernt, als ein Aquarium über ihnen birst und sie symbolisch mit einer Sturzflut überschüttet.
Paula Beer, bei der Berlinale mit einem Silbernen Bären für ihre Rolle ausgezeichnet, und Franz Rogowski spielen dieses merkwürdig verbundene Paar, zwei verlorene Seelen, die so nahe am Wasser gebaut haben. Dabei scheut er nicht vor fantastischen, ja Fantasy-Elementen zurück. Vor allem Paula Beer ist stark in dieser tragischen Rolle, ihrer zweiten bei Petzold nach „Transit“: hier Jahrhunderte altes Geistwesen, das unter seinem Fluch leidet, da die nüchtern kommentierende Wissenschaftlerin.
Eine wichtige Rolle spielt die Kamera von Hans Fromm, seit „Die innere Sicherheit“(2000) Petzolds Stamm-Fotograf. Mit seinen atmosphärischen und kühlen Bildern mäandert er gelassen durch die so uralte und so neue Mär von der Liebe, die ein langer Fluss ist. (leu)
Undine. Regie: Christian Petzold. Mit Paula Beer, Franz Rogowski, Jacob Matschenz. Deutschland 2019. 90 Minuten. FSK ab 12.