Eine Hauptrolle für Herrn Mozart
Rolando Villazóns Roman „Amadeus auf dem Fahrrad“ist eine Verbeugung vor dem verehrten Genie
Er ist Sänger, Regisseur, Zeichner, Buchautor und Intendant der Salzburger Mozartwoche: Rolando Villazón, der mexikanische Tausendsassa, ist voller kreativer Ideen und, so scheint es, allgegenwärtig in der Kulturszene. Nun legt er mit „Amadeus auf dem Fahrrad“eine besondere Liebeserklärung an Salzburg und den berühmtesten Sohn der Stadt, Wolfgang Amadeus Mozart vor – fantasievoll, übersprudelnd, rauschhaft und mit einem tollen Finale.
Sicherlich fließen viele autobiografische Züge in die Geschichte seines Helden Vian Maurer ein und natürlich taucht man tief ein in die Welt der Musik, der Kunst und des Theaters.
Vian, benannt nach dem französischen Autor Boris Vian, spielt seinem strengen Vater eine erfolgreiche Karriere als Opernsänger in Europa vor, hat allerdings nur eine Statistenrolle in einer schrägen Inszenierung des „Don Giovanni“. Immerhin hat ihm die eine Einladung zu den Salzburger Festspielen beschert, und Vian tanzt selig durch die Festspielstadt.
Liebenswert, skurril, tragikomisch sind Vians Erlebnisse, etwa wenn sein Foto unverhofft immer wieder in der Lokalzeitung erscheint, wenn er einen unsanften Zusammenstoß mit Cecilia Bartoli hat oder sich des nachts mit Mozarts Denkmal unterhält. Seine Familiengeschichte vermischt sich mit der von Mozart und mit der des „Don Giovanni“. Natürlich gibt es eine Liebesgeschichte mit einer Produktionsassistentin mit bunten Haarsträhnen und einen dämonisch wirkenden Gegenspieler.
Reale und fiktive Personen der Kulturwelt geben sich ein Stelldichein, die Hauptrolle aber spielt Mozart, der Bruder im Geiste für
Vian ebenso wie für Rolando Villazón. Als der Vater ihn zurück nach Mexiko und in ein bürgerliches Beamtenleben holen will, kommt es zum Showdown: Im Transitbereich des Flughafens schnappt sich Vian ein Fahrrad und rast durch die Halle, angetan mit einer bunten Rokokoperücke.
Wie Villazón hier auf wenigen Seiten die bewegte Biografie und den Geist Mozarts beschwört, gleicht einem sprudelnden Symphonie-Finale. „Amadeus auf dem Fahrrad“– natürlich kannte Mozart noch kein Rad – ist sprachlich nicht herausragend und hätte auch ein paar Kürzungen vertragen. Aber der Roman ist eine liebenswürdige Verbeugung vor einem Genie und seiner Geburtsstadt und ein geistvoller Wirbelwind in einem eingeschränktem Festspielsommer.
Rolando Villazón: Amadeus auf dem Fahrrad. Übersetzung aus dem Spanischen von Willi Zurbrüggen, Rowohlt Verlag 2020, 26 Euro.