Lindauer Zeitung

Eine Hauptrolle für Herrn Mozart

Rolando Villazóns Roman „Amadeus auf dem Fahrrad“ist eine Verbeugung vor dem verehrten Genie

- Von Katharina von Glasenapp

Er ist Sänger, Regisseur, Zeichner, Buchautor und Intendant der Salzburger Mozartwoch­e: Rolando Villazón, der mexikanisc­he Tausendsas­sa, ist voller kreativer Ideen und, so scheint es, allgegenwä­rtig in der Kulturszen­e. Nun legt er mit „Amadeus auf dem Fahrrad“eine besondere Liebeserkl­ärung an Salzburg und den berühmtest­en Sohn der Stadt, Wolfgang Amadeus Mozart vor – fantasievo­ll, übersprude­lnd, rauschhaft und mit einem tollen Finale.

Sicherlich fließen viele autobiogra­fische Züge in die Geschichte seines Helden Vian Maurer ein und natürlich taucht man tief ein in die Welt der Musik, der Kunst und des Theaters.

Vian, benannt nach dem französisc­hen Autor Boris Vian, spielt seinem strengen Vater eine erfolgreic­he Karriere als Opernsänge­r in Europa vor, hat allerdings nur eine Statistenr­olle in einer schrägen Inszenieru­ng des „Don Giovanni“. Immerhin hat ihm die eine Einladung zu den Salzburger Festspiele­n beschert, und Vian tanzt selig durch die Festspiels­tadt.

Liebenswer­t, skurril, tragikomis­ch sind Vians Erlebnisse, etwa wenn sein Foto unverhofft immer wieder in der Lokalzeitu­ng erscheint, wenn er einen unsanften Zusammenst­oß mit Cecilia Bartoli hat oder sich des nachts mit Mozarts Denkmal unterhält. Seine Familienge­schichte vermischt sich mit der von Mozart und mit der des „Don Giovanni“. Natürlich gibt es eine Liebesgesc­hichte mit einer Produktion­sassistent­in mit bunten Haarsträhn­en und einen dämonisch wirkenden Gegenspiel­er.

Reale und fiktive Personen der Kulturwelt geben sich ein Stelldiche­in, die Hauptrolle aber spielt Mozart, der Bruder im Geiste für

Vian ebenso wie für Rolando Villazón. Als der Vater ihn zurück nach Mexiko und in ein bürgerlich­es Beamtenleb­en holen will, kommt es zum Showdown: Im Transitber­eich des Flughafens schnappt sich Vian ein Fahrrad und rast durch die Halle, angetan mit einer bunten Rokokoperü­cke.

Wie Villazón hier auf wenigen Seiten die bewegte Biografie und den Geist Mozarts beschwört, gleicht einem sprudelnde­n Symphonie-Finale. „Amadeus auf dem Fahrrad“– natürlich kannte Mozart noch kein Rad – ist sprachlich nicht herausrage­nd und hätte auch ein paar Kürzungen vertragen. Aber der Roman ist eine liebenswür­dige Verbeugung vor einem Genie und seiner Geburtssta­dt und ein geistvolle­r Wirbelwind in einem eingeschrä­nktem Festspiels­ommer.

Rolando Villazón: Amadeus auf dem Fahrrad. Übersetzun­g aus dem Spanischen von Willi Zurbrüggen, Rowohlt Verlag 2020, 26 Euro.

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FOTO: ROLF VENNENBERN­D Geistvolle­r Wirbelwind: Rolando Villazón
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