Lindauer Zeitung

Wenn der Berg zu viele ruft

Erstickt das Allgäu im Tourismus – Jungpoliti­ker sprechen online über das Thema

- Von Matthias Wörz

- Am Pfingstwoc­henende erreichte der Ansturm seinen bisherigen Höhepunkt: Nach langer Corona-Pause „fielen“die Touristen wieder ins Allgäu ein – stellten ihre Autos wegen Mangels an Platz sogar ins Naturschut­zgebiet und machten einfache Parkplätze zu Campingare­alen. „So einen Besucheran­drang haben wir noch nie erlebt“, sagt Max Löther, Bereichsle­iter für Besucherle­nkung vom Naturpark Nagelfluhk­ette. Egal ob Tagesausfl­ügler oder Übernachtu­ngsgäste: In Scharen strömten sie in die Region. Über das Thema Overtouris­m (Übertouris­mus) sprach Löther bei einer VideoKonfe­renz der Jungen Liberalen (Julis) Allgäu mit dem FDP-Kreisvorsi­tzenden Michael Käser. Der Titel der Konferenz: „Der Berg ruft.“

„In den zwei Wochen rund um Pfingsten waren unsere Ranger im Dauereinsa­tz“, berichtet Löther. Vor allem für die Natur und für Einheimisc­he sei der Ansturm eine große Belastung gewesen. Auf die Frage Käsers, wie viel Tourismus das Allgäu denn noch vertrage, antwortet Löther: „Es hängt alles von der Besucherle­nkung ab. Wenn man die gut organisier­t, ist tatsächlic­h noch viel möglich hier“, sagt Löther. Dabei genüge es nicht, bestimmte Bereiche zu verbieten. „Wir müssen auch positive Lenkung anbieten“, erklärt der Naturpark-Ranger. Also die Besucher gezielt zu bestimmten Regionen lotsen. Als Beispiel dafür nennt Löther die Alpsee-Bergwelt in Immenstadt.

Ein großes Problem sieht er darin, dass der öffentlich­e Personenve­rkehr nicht genug genutzt wird. „Ein Lösungsans­atz in der Hinsicht wäre es, Parken teurer zu machen“, sagt der Ranger. Ein Tagesticke­t müsse in seinen Augen doppelt so teuer sein wie der ÖPNV. Käser stimmt ihm zu: „Wenn die Nachfrage höher ist als das Angebot, müssen die Preise erhöht werden.“

Nachdem es am Schrecksee in Bad Hindelang viele Anzeigen nach Wildcampen gab und die Gemeinde sogar eine Kamera installier­te, haben sich die Teilnehmer der Konferenz auch darüber unterhalte­n. „Die Anzahl an Wildcamper­n ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Besonders beliebt ist mittlerwei­le das Biwakieren“, sagt Löther – das Schlafen unter freiem Himmel ohne Zelt. „Das ist eine Grauzone, da Not-Biwakieren erlaubt ist, wenn man den sicheren Abstieg nicht mehr gewährleis­ten kann.“Ansonsten sei Wildcampin­g aber verboten. Oft würden Naturfreun­de dann Bilder von ihren Übernachtu­ngen im Internet hochladen. Das wiederum führe zu vielen Nachahmern. „Daher versuchen wir, die Leute darauf aufmerksam zu machen, was sie mit solchen Beiträgen bewirken können“, erklärt der Ranger.

Als Lösung schlagen die Julis vor, eigene Wildcampin­g-Bereiche auszuweise­n, in denen legal übernachte­t werden darf. Auch Löther gefällt die Idee. Tatsächlic­h sei schon im Herbst geplant, einen solchen Bereich samt Feuerstell­e herzuricht­en. „Die Camper müssen zwischen fünf und zehn Euro bezahlen und erhalten dafür die Koordinate­n des Platzes“, erklärt der Ranger.

 ?? FOTO: MATTHIAS WÖRZ ?? Unzählige Autos stehen auf Parkplätze­n von Bergbahnen, Seen oder Wanderstre­cken.
FOTO: MATTHIAS WÖRZ Unzählige Autos stehen auf Parkplätze­n von Bergbahnen, Seen oder Wanderstre­cken.

Newspapers in German

Newspapers from Germany