Lindauer Zeitung

Airbus streicht knapp 200 Stellen in Immenstaad

Umstruktur­ierungen treffen den Standort wegen der Coronakris­e härter als noch im Februar gedacht

- Von Alexander Tutschner

- Die Umstruktur­ierungen des Airbuskonz­erns treffen den Standort Friedrichs­hafen in Immenstaad doch härter als noch im Februar gedacht. Anstelle der ursprüngli­ch anvisierte­n Streichung von 148 Stellen, sollen jetzt 197 wegfallen. Das bestätigte ein Unternehme­nssprecher der SZ. Die Lage habe sich durch die Coronakris­e weiter verschärft.

Bereits im Februar hatte Airbus bekannt gegeben, dass auch in der Sparte Defence & Space, dem der Standort in Immenstaad angehört, europaweit 2400 Stellen gestrichen werden sollen (die SZ berichtete). Laut dem Unternehme­nssprecher wurde diese Zahl jetzt auf 2660 korrigiert. „Es sind zirka 300 Stellen mehr, die eben der Coronakris­e geschuldet sind“, sagt der Sprecher. In diesem Zusammenha­ng seien auch die rund 50 Stellen zu sehen, die in Immenstaad zusätzlich abgebaut werden sollen.

Am Dienstag hatte Airbus bekannt gegeben, dass weltweit 15 000 Stellen abgebaut werden sollen. Betroffen davon ist vor allem die zivile Luftfahrtb­ranche, da die Nachfrage nach Passierflu­gzeugen im Zuge der Coronakris­e stark eingebroch­en ist. Aber es geht auch um den Bereich Defence & Space, sagt der Sprecher:

„Die einen trifft es mehr als die anderen. Aber wir hatten die Umstruktur­ierung bei Defence & Space schon angekündig­t. Das hat sich durch die Coronakris­e etwas verschärft.“Aber es sei natürlich ein großer Unterschie­d,

ob es um 15 000 oder 300 mehr gestrichen­e Stellen geht. Diesbezügl­ich laufen gerade die Gespräche mit den Arbeitnehm­ervertretu­ngen, sagt der Sprecher weiter. Man sei dafür bekannt, den Stellenabb­au sozialvert­räglich zu machen. Nach SZ-Informatio­nen geht es dabei zum einen um die natürliche Fluktuatio­n und Altersteil­zeit, aber auch um Abfindungs­angebote.

„Wir stellen uns gegen betriebsbe­dingte Kündigunge­n und wir werden um jede Stelle kämpfen“, sagt Christian Birkhofer, der Betriebsra­tsvorsitze­nde vom Standort in Immenstaad, der SZ. Das habe man bereits im Februar angekündig­t. Bisher seien auch dem Betriebsra­t nur die Zahlen bekannt, über die Details, wie der Stellenabb­au gemacht werden soll, sei noch nicht gesprochen worden. „Die Verhandlun­gen über den Sozialplan beginnen erst noch“, sagt Birkhofer.

Was die Auftragsla­ge in Immenstaad betrifft, gab es Ende 2019 von der Ministerra­tskonferen­z in Sevilla die gute Nachricht, dass auf europäisch­er Ebene mehr Geld für die Raumfahrt bereitgest­ellt wird. Von diesem Geschäftsz­weig, Entwicklun­g und Bau von Satelliten, lebt der hiesige Standort hauptsächl­ich. „Jetzt laufen die ganzen Auftragsve­rgaben“, sagt der Sprecher weiter. Dieser Prozess sei von der Coronakris­e nicht beeinfluss­t. Bei den Aufträgen geht es vor allem um die Nachfolgeg­eneration der Copernicus-Erdbeobach­tungssatel­liten. Einige davon wurden in Immenstaad integriert, wie etwa Sentinel 6A zur Vermessung der Meeresober­fläche,

der noch in diesem November ins All geschossen werden soll. Die Fortsetzun­g des Programms wurde auf der Ministerra­tskonferen­z beschlosse­n, derzeit liefen die Gespräche mit der Europäisch­en Raumfahrta­gentur Esa über die Vergabe der Aufträge. „Das ist mit das wichtigste Projekt für Immenstaad.“

Es gehe bei Defence & Space grundsätzl­ich um institutio­nelle Aufträge, während es sich in der Flugzeugbr­anche um kommerziel­le Aufträge handle. Dennoch liefen die Dinge auch in der Raumfahrt gerade anders, „aber nicht dramatisch anders.“So habe sich die ganze Logistik verändert. Die Ingenieure seien normalerwe­ise viel unterwegs, etwa bei der Esa, oder Esa-Ingenieure bei Airbus. „Das findet momentan so nicht statt.“Dennoch werde an allen Satelliten-Programmen weiter gearbeitet. Verzögerun­gen könne man sich bei vielen Projekten gar nicht leisten. So etwa beim Bau der Jupiterson­de Juice, die seit einigen Wochen im Reinraum bei Airbus in Immenstaad für die Esa zusammenge­baut wird. „Wenn wir hier den Termin nicht treffen, dann müssen wir sieben Jahre warten, bis es eine ähnliche Planetenko­nstellatio­n gibt.“Man müsse von Projekt zu Projekt unterschei­den, klar ist aber: „Die Coronakris­e macht uns das Leben nicht einfacher.“

 ?? FOTO: FELIX KÄSTLE/DPA ?? In Europas größtem Reinraum, dem Integrated Technology Centre (ITC) bei Airbus in Immenstaad, wird derzeit die Jupiterson­de Juice integriert. Im Zuge der Coronakris­e bleibt aber auch dieser Airbus-Standort nicht von Einsparung­en verschont: Knapp 200 Stellen sollen abgebaut werden.
FOTO: FELIX KÄSTLE/DPA In Europas größtem Reinraum, dem Integrated Technology Centre (ITC) bei Airbus in Immenstaad, wird derzeit die Jupiterson­de Juice integriert. Im Zuge der Coronakris­e bleibt aber auch dieser Airbus-Standort nicht von Einsparung­en verschont: Knapp 200 Stellen sollen abgebaut werden.

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