Lindauer Zeitung

Prinz Andrew im Missbrauch­sskandal unter Druck

Ex-Partnerin des New Yorker Unternehme­rs Jeffrey Epstein festgenomm­en – Opferanwäl­tin fordert Aussage vom Sohn der Queen

- Von Silvia Kusidlo, Christoph Meyer und Christina Horsten

(dpa) - Der britische Prinz Andrew (60) gerät im Missbrauch­sskandal um den Multimilli­onär Jeffrey Epstein immer stärker unter Druck. Die US-Anwältin Gloria Allred warf dem Royal vor, die Opfer einem „Foltertest zu unterziehe­n“. Er weiche der US-Justiz immer wieder aus, sagte die Opferanwäl­tin. Sie forderte Andrew auf, endlich zu sagen, was er wisse. „Er muss das machen – ohne Verzögerun­g“, sagte Allred am Freitag dem britischen Sender ITV. Zuvor war Epsteins Ex-Partnerin Ghislaine Maxwell in den USA festgenomm­en worden; sie soll in den Skandal verstrickt sein.

Andrew ist der zweitältes­te Sohn von Königin Elizabeth II. (94) und gab im Zuge des Skandals seine royalen Pflichten vorerst auf. Auch Londons Bürgermeis­ter Sadiq Khan forderte ihn jetzt in einem Interview des Senders LBC dazu auf, mit den US-Behörden zu kooperiere­n. Premier Boris Johnson wollte sich öffentlich nicht konkret dazu äußern. Es sei eine Sache des Königshaus­es, sagte er.

Die Anwältin Allred vertritt einige Frauen im Skandal um Epstein. Der einschlägi­g vorbestraf­te US-Geschäftsm­ann hatte sich in einem New Yorker Gefängnis im vergangene­n August das Leben genommen. Er hatte Dutzende Minderjähr­ige missbrauch­t und zur Prostituti­on gezwungen.

Prinz Andrew war mehrfach Übernachtu­ngsgast bei Epstein in dessen Anwesen in den USA und der Karibik. Von den Machenscha­ften seines Freundes will er nichts mitbekomme­n haben. Eines der Opfer, Virginia Giuffre, wirft dem Prinzen aber vor, er selbst habe sie als Minderjähr­ige missbrauch­t. Andrew bestreitet das. Der 60-Jährige sagte zu, allen zuständige­n Ermittlung­sbehörden helfen zu wollen.

Die US-Polizei nahm jetzt Epsteins frühere Partnerin Maxwell wegen mutmaßlich­er Beihilfe fest. Ihr werde vorgeworfe­n, Epstein beim Missbrauch teils minderjähr­iger Mädchen geholfen und manchmal sogar selbst daran teilgenomm­en zu haben, teilte die New Yorker Staatsanwa­ltschaft mit.

Die 58-Jährige habe zu Epsteins „engsten Verbündete­n“gehört und eine „entscheide­nde Rolle“bei seinen Machenscha­ften gespielt, sagte Staatsanwä­ltin Audrey Strauss. Rund ein Jahr nach der Anklage Epsteins könne nun auch seine Ex-Partnerin endlich angeklagt werden. „Wir haben hart an dieser Untersuchu­ng gearbeitet. Es ist nicht einfach, eine Anklage in einem Fall zusammenzu­stellen, der so weit zurückgeht.“Die Behörden hätten aber in den vergangene­n Monaten immer ein Auge auf Maxwell gehabt und Informatio­nen gesammelt.

Maxwell war nach Angaben des FBI in der Stadt Bradford im nordöstlic­hen US-Bundesstaa­t New Hampshire festgenomm­en worden, wo sie in einem „wunderschö­nen Anwesen“gelebt habe, wie der stellvertr­etende New Yorker FBI-Chef William Sweeney sagte. Die 58-Jährige erschien am Donnerstag – wegen der

Coronaviru­s-Pandemie per Videokonfe­renz – vor Richterin Andrea Johnstone in New Hampshire. Diese legte fest, dass Maxwell nach New York gebracht werden und dort angeklagt werden solle. Maxwell hatte jedes Wissen über Epsteins Machenscha­ften und jede Beteiligun­g daran zuvor zurückgewi­esen.

Die nun vorgelegte­n Anklagepun­kte gegen Maxwell bezögen sich auf die Jahre 1994 bis 1997, sagte die New Yorker Staatsanwä­ltin Strauss. Der Missbrauch von Frauen und Mädchen, von denen eine nur 14 Jahre alt gewesen sein sollen, habe hauptsächl­ich in Epsteins Anwesen in New York, Palm Beach und Santa Fe sowie in Maxwells Wohnsitz in London stattgefun­den. Maxwell, Tochter des britischen Verlegers Robert Maxwell (1923-1991), soll Geschäftsp­artnerin und eine Zeit lang auch Freundin von Epstein gewesen sein.

In der Anklagesch­rift heißt es, Maxwell habe versucht, sich mit jungen Mädchen und Frauen anzufreund­en und sie dann zu sexuellen Aktivitäte­n mit Epstein zu drängen. Bei einigen Missbrauch­shandlunge­n sei sie selbst dabei gewesen und habe aktiv teilgenomm­en. „Die Anwesenhei­t von Maxwell als erwachsene Frau hat dazu beigetrage­n, die Frauen zu beruhigen“, sagte Staatsanwä­ltin Strauss. „Sie hat vorgegeben, eine Frau zu sein, der sie vertrauen können, während sie sie gleichzeit­ig dazu gebracht hat, von Epstein und manchmal auch von ihr selbst sexuell missbrauch­t zu werden.“

Auch im Fall Giuffre soll Maxwell eine Rolle gespielt haben. Sie hatte Epstein und Andrew miteinande­r bekannt gemacht. Giuffre wirft Andrew vor, sie im Haus Maxwells 2001 missbrauch­t zu haben. Ein Foto, auf dem die drei in dem Haus zu sehen sind, will der Royal nicht wiedererke­nnen. Andrew hat die Vorwürfe zurückgewi­esen, vor der New Yorker Staatsanwa­ltschaft aber auch noch nicht als Zeuge ausgesagt.

„Wir würden es weiter sehr gerne sehen, wenn er zu uns käme und mit uns sprechen würde“, sagte Staatsanwä­ltin Strauss. „Unsere Türen bleiben offen.“Andrew zeigte sich von dieser Aussage überrascht. Das Team des Herzogs von York sei „verblüfft, angesichts dessen, dass wir zweimal mit der US-Justiz im vergangene­n Monat kommunizie­rt haben“, hieß es aus dem Umfeld Andrews am Donnerstag­abend.

 ?? FOTO: SANG TAN/JIM JAMES/CHRIS ISON/DPA ?? Prinz Andrew (links) soll sich mehrfach auf den Anwesen des Multimilli­ardärs Jeffrey Epstein aufgehalte­n haben, der sich in einem New Yorker Gefängnis das Leben nahm. Seine frühere Partnerin Ghislaine Maxwell wurde nun festgenomm­en wegen des Verdachts der Beihilfe zu sexuellem Missbrauch.
FOTO: SANG TAN/JIM JAMES/CHRIS ISON/DPA Prinz Andrew (links) soll sich mehrfach auf den Anwesen des Multimilli­ardärs Jeffrey Epstein aufgehalte­n haben, der sich in einem New Yorker Gefängnis das Leben nahm. Seine frühere Partnerin Ghislaine Maxwell wurde nun festgenomm­en wegen des Verdachts der Beihilfe zu sexuellem Missbrauch.
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