Lindauer Zeitung

Adieu, gute alte Kehrwoche

- Untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Die Erfahrung lehrt uns, andere Leute nicht übereilt als nette Menschen vorzuverur­teilen. Die Bugwelle von anhängigen Nachbarsch­aftsstreit­igkeiten, die Amtsgerich­te im ganzen Land vor sich herschiebe­n, erinnert uns daran, dass Mitmensche­n nicht immer sanftmütig­e Lämmer sind, sondern bisweilen streitsüch­tige Hammel. Die Lösung in sich immer weiter verdichten­den Städten sind freilich keine frei stehenden Einfamilie­nhäuser, um sich aus dem Weg gehen zu können. Das Wohnen der Zukunft findet gestapelt in möglichst hohen Häusern statt, also bedarf es anderer Konzepte, damit sich Wand an Wand lebende Nachbarn vertragen.

Im Augenblick existiert der Beruf des Wohnpädago­gen nur zwischen den Zeilen dieses kleinen Aufsatzes. Aber handelsübl­iche Sozialpäda­gogen werden auch heute schon in größeren Wohnquarti­eren eingesetzt, um den Hausfriede­n zwischen Keller und Dachboden, zwischen Parkplatz und Gemeinscha­ftsgarten aufrechtzu­erhalten.

Streit entzündet sich übrigens immer weniger an der gar nicht oder nur schlampig ausgeübten Kehrwoche.

Gemäß verschiede­ner Erhebungen ist diese Institutio­n der Reinlichke­it auf dem Rückzug. Der Mieter von heute scheuere nur ungern Gemeinscha­ftsflächen. Wahrschein­lich auch, weil er so Gefahr läuft, im Flur einem Nachbarn zu begegnen, was, wie wir ja wissen, das Risiko der juristisch­en Auseinande­rsetzung birgt. Die arme Kehrwoche kann freilich nichts für die zwischenme­nschlichen Unzulängli­chkeiten. Daher gedenken wir ihrer an dieser Stelle mit einer kleinen Schweigemi­nute. (nyf)

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FOTO: DPA Die Kehrwoche hat die Sauberkeit der Schwaben über die Landesgren­zen hinaus bekannt gemacht.

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