Adieu, gute alte Kehrwoche
Die Erfahrung lehrt uns, andere Leute nicht übereilt als nette Menschen vorzuverurteilen. Die Bugwelle von anhängigen Nachbarschaftsstreitigkeiten, die Amtsgerichte im ganzen Land vor sich herschieben, erinnert uns daran, dass Mitmenschen nicht immer sanftmütige Lämmer sind, sondern bisweilen streitsüchtige Hammel. Die Lösung in sich immer weiter verdichtenden Städten sind freilich keine frei stehenden Einfamilienhäuser, um sich aus dem Weg gehen zu können. Das Wohnen der Zukunft findet gestapelt in möglichst hohen Häusern statt, also bedarf es anderer Konzepte, damit sich Wand an Wand lebende Nachbarn vertragen.
Im Augenblick existiert der Beruf des Wohnpädagogen nur zwischen den Zeilen dieses kleinen Aufsatzes. Aber handelsübliche Sozialpädagogen werden auch heute schon in größeren Wohnquartieren eingesetzt, um den Hausfrieden zwischen Keller und Dachboden, zwischen Parkplatz und Gemeinschaftsgarten aufrechtzuerhalten.
Streit entzündet sich übrigens immer weniger an der gar nicht oder nur schlampig ausgeübten Kehrwoche.
Gemäß verschiedener Erhebungen ist diese Institution der Reinlichkeit auf dem Rückzug. Der Mieter von heute scheuere nur ungern Gemeinschaftsflächen. Wahrscheinlich auch, weil er so Gefahr läuft, im Flur einem Nachbarn zu begegnen, was, wie wir ja wissen, das Risiko der juristischen Auseinandersetzung birgt. Die arme Kehrwoche kann freilich nichts für die zwischenmenschlichen Unzulänglichkeiten. Daher gedenken wir ihrer an dieser Stelle mit einer kleinen Schweigeminute. (nyf)