Diskussion um kostenlose Corona-Tests
Wie sinnvoll ist das bayerische Vorpreschen? Antworten auf die wichtigsten Fragen
- Bundesweit wird darüber diskutiert – Bayern hat es bereits beschlossen: kostenlose Corona-Tests für alle. Egal, ob man Symptome hat oder zu einer Risikogruppe gehört. Das Testkonzept laute „schneller, kostenlos und für jedermann“, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vergangene Woche. In der Union gehen die Meinungen dazu auseinander. Innenminister Horst Seehofer (CSU) befürwortete bundesweite kostenfreie Tests für alle. „Markus Söder hat recht“, hatte Seehofer der „Welt am Sonntag“gesagt. Die CDU-Spitze hat sich aber jüngst hinter die Strategie von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) für gezielte Corona-Tests gestellt. Aus Teilnehmerkreisen der CDU-Präsidiumsschalte erfuhr die Deutsche Presse-Agentur (dpa), die Runde habe einstimmig dafür gestimmt, die Teststrategie des Bundes beizubehalten.
Wie stehen die Bürger zu kostenlosen Corona-Tests für alle?
In einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der „Augsburger Allgemeinen“sprachen sich 60 Prozent für kostenlose Corona-Tests aus. 31 Prozent lehnten das ab. Sinnvoll ist die Prüfung beispielsweise für eine Bescheinigung für einen anstehenden Urlaub.
Kann sich nun in Bayern wirklich jeder testen lassen?
Ja. Vorausgesetzt, er ist in Bayern gemeldet oder hat beruflich viel in Bayern zu tun. Es sei nicht gewollt, dass nun „sämtliche Bundesbürger nach Bayern reisen und sich hier testen lassen“, sagte Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU). Bislang wurde nur getestet, wer typische Krankheitssymptome zeigte oder Kontakt zu einem infizierten Menschen hatte. Seit dem 1. Juli kann sich nun jeder in Bayern auf das Coronavirus testen lassen.
Werden andere Bundesländer dem bayerischen Beispiel folgen?
Obwohl angekündigt, wird es in Berlin nun doch keine Corona-Tests für alle geben. Auch Nordrhein-Westfalens Regierungschef Armin Laschet (CDU) zeigte sich skeptisch: „Mir ist vor allem wichtig, dass wir es da, wo es brennt, verpflichtend machen“, sagte er unter Verweis auf die besonders betroffene Fleischindustrie. Baden-Württemberg will weiter nur anlassbezogen auf das Virus testen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Sozialminister Manne Lucha (beide Grüne) begründeten dies auch mit den Kosten.
Wer nimmt die Tests vor?
Die Hausärzte und der kassenärztliche Bereitschaftsdienst beziehungsweise das örtliche Gesundheitsamt können und dürfen Tests durchführen. Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns empfiehlt jedoch, beim Hausarzt nachzufragen, ob sich die jeweilige Praxis am CoronaTestkonzept beteilige, heißt es in einer Pressemitteilung.
Wie funktioniert der Test?
„Den kann man nur aus einem Abstrich aus dem Nasen-Rachen-Raum machen“, erläutert Andreas Bobrowski vom Berufsverband Deutscher Laborärzte. Der Nachweis des Virus erfolgt dann im Labor durch eine Polymerase-Kettenreaktion – kurz PCR. Da es sich bei den Tests aber immer um Momentaufnahmen handelt, wären eigentlich regelmäßige Wiederholungstestungen notwendig.
Wann liegen die Ergebnisse vor?
Wer Symptome hat, soll künftig innerhalb eines Tages getestet werden. Das Ergebniss soll dann binnen weiterer 24 Stunden da sein. Ohne Symptome erfolgt ein Test innerhalb 48 Stunden, das Ergebnis ist in einer Woche da. Max Geraedts, Epidemiologe der Universität Marburg, warnt davor, dass die Massentests wichtige Kapazitäten blockieren könnten.
Sind die Tests zuverlässig?
Forscher der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore fanden heraus, dass die PCR-Tests meist nicht aussagekräftig sind, wenn noch keine Beschwerden auftreten. Am ersten Tag nach der vermuteten Infektion fielen alle Tests negativ aus, obwohl die Patienten infiziert waren, schreiben die Wissenschaftler in einer Studie. Wenn ein Patient mit begründetem Verdacht negativ getestet werde, sollte mit dem Labor unbedingt eine erneute Probenentnahme abgesprochen werden, sagt Katrin Grimmer, Sprecherin des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit.
Was kostet ein Test?
Wer sich auf eigene Kosten testen lassen möchte, muss je nach Anbieter mit Kosten von etwa 150 Euro rechnen.
Übernehmen die Krankenkassen die Kosten?
Ja. Vorausgesetzt, es liegt ein triftiger Grund vor. Eine Urlaubsreise gehört allerdings nicht dazu. Kosten, die von den Krankenkassen nicht übernommen werden, bezahlt nun der Freistaat und kalkuliert derzeit mit Aufwendungen von rund 200 Millionen Euro. Würden sich nun alle 13 Millionen Bayern testen lassen, würden die Kosten bei rund einer Milliarde Euro liegen. „Wir gehen nicht davon aus, dass jeder muss und will – aber wer möchte, der hat die Chance“, sagte Söder.
Gibt es weitere Testverfahren?
Ja. Auskunft über eine bereits überstandene Infektion können Antikörpernachweise geben. Dringt das Virus in den Körper ein, reagiert das Immunsystem mit der Bildung von Antikörpern, die im Blut nachgewiesen werden können. Eine Studie der Medizinischen Universität Innsbruck zeigt, dass in der ehemaligen Corona-Hochburg Ischgl mehr als 42 Prozent der Bewohner Antikörper gegen das Virus entwickelt haben – mehr Menschen, als bei den offiziellen PCR-Tests bestätigt waren. Vor den im Internet angebotenen Schnelltests raten Experten aber ab. Das Robert Koch-Institut (RKI) weist darauf hin, dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) diese Tests derzeit nur für Forschungsprojekte empfiehlt.