Trump verliert auch bei Konservativen
Herausforderer Joe Biden verbessert seine Chancen im Rennen um US-Präsidentschaft
- Arizona, Georgia und Texas gehören gewöhnlich nicht zu den Bundesstaaten, in denen republikanische Kandidaten Wahlkampf machen müssen. Dass Donald Trump vier Monate vor den Präsidentschaftswahlen in den konservativen Hochburgen zurück oder gleichauf mit Joe Biden liegt, illustriert nach Ansicht von Analysten den zunehmend schwierigen Pfad des Präsidenten zu einer Mehrheit im Wahlmänner-Kollegium.
Dort braucht der künftige Präsident mindestens 270 Stimmen, die in den fünfzig Gliedstaaten vergeben werden. Der Wahlkampf konzentriert sich in der Regel auf ein Dutzend sogenannter „Swing States“, deren Wähler Demokraten und Republikanern wechselnde Mehrheiten bescheren. Dazu gehören Florida, North Carolina sowie mehrere Staaten im Rostgürtel und Mittleren Westen der USA.
Basierend auf dem Mittelwert der von „Real Clear Politics“, minutiös verfolgten Umfragen in den Bundesstaaten, hat der Amtsinhaber gerade einmal 125 Wahlmännerstimmen sicher. Im Gegensatz zu Biden, der bereits 222 Stimmen in der Bank hat. In nicht einem einzigen „Swing State“liegt Trump vorn.
Das Vorhersage-Modell des „Economist“gibt dem Präsidenten eine elfprozentige Chance, im November wiedergewählt zu werden. Der Einbruch Trumps erklärt sich mit der Abwanderung weißer, älterer und religiös motivierter Wähler, die ihm 2016 den Vorzug vor der wenig beliebten Hillary Clinton gaben.
Wie unter einem Brennglas verdichtet sich das Problem Trumps an seinem neuen Hauptwohnsitz Florida, das mit seinen 29 Wahlmännerstimmen in den vergangenen dreizehn von vierzehn Präsidentschaftswahlen für den Sieger stimmte. „Wenn er hier verliert, ist es vorbei“, sagt der republikanische Stratege Ford O’Connell. „Das Virus, die Pandemie-bedingte Schwäche der Wirtschaft und die sozialen Unruhen haben bei seinen Umfragewerten Spuren hinterlassen.“
Zumal in Florida die Zahl der Covid-19-Neuerkrankungen geradezu explodiert. Am Wochenende meldeten die Gesundheitsbehörden rund 11 500 Infizierte an einem einzigen Tag. Verantwortlich dafür machen Experten die übereilten Lockerungen der Schutzmaßnahmen, zu denen Trump den republikanischen Gouverneur Ron DeSantis gedrängt hatte.
Der demokratische Stratege Les Francis mahnt seine Parteifreunde, keine voreiligen Rückschlüsse zu ziehen. Er erinnerte an Michael Dukakis, der im Sommer vor den Wahlen 1988 mit 17 Punkten vor George H. W. Bush gelegen und dann im November verloren habe. „Das kann passieren.“Für wahrscheinlich halten das hingegen wenige. Der ehemalige Gouverneur von New Mexico, Bill Richardson, meint, bisher verfolge Biden eine Bilderbuch-Strategie. „Er überlässt Trump die Bühne, auf der sich Trump selber zerstört.“