Lindauer Zeitung

Studie soll trotz Kritik nicht kommen

Bundesinne­nminister Seehofer will keine Untersuchu­ng zu Rassismus bei der Polizei

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(dpa) - Eine Untersuchu­ng zu rassistisc­hen Polizeikon­trollen wird es mit Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) nicht geben. Zumindest jetzt nicht. Seehofer wolle keine neue Studie in Auftrag geben, bevor die mit den Ländern abgestimmt­en Maßnahmen gegen Rechtsextr­emismus und Rassismus umgesetzt seien, sagte der Sprecher des Innenminis­teriums, Steve Alter, am Montag in Berlin. Er verwies unter anderem auf ein geplantes Lagebild, das eine beim Verfassung­sschutz geschaffen­e neue Zentralste­lle zur Aufklärung rechtsextr­emistische­r Umtriebe im öffentlich­en Dienst erstellen soll.

Das ursprüngli­ch für dieses Frühjahr angekündig­te Lagebild wird nun wohl erst nach der parlamenta­rischen Sommerpaus­e vorliegen. Es wird nach Informatio­nen aus dem Innenminis­terium zunächst nur die Sicherheit­sbehörden, später dann den gesamten öffentlich­en Dienst umfassen. Der Sprecher sagte, Seehofer wolle nicht, dass „stets neue Maßnahmen hinzugefüg­t werden, ohne dass die alten bereits greifen konnten“.

Bundesjust­izminister­in Christine Lambrecht (SPD) will im Gegensatz zu Seehofer aber an einer ursprüngli­ch geplanten Studie zu sogenannte­m Racial Profiling bei der Polizei festhalten. Auch der derzeitige Vorsitzend­e der Innenminis­terkonfere­nz, Thüringens Ressortche­f Georg Maier (SPD), befürworte­t die Studie. Als Trägerin des Gewaltmono­pols müsse sich die Polizei auch Kritik stellen, sagte er der „taz“. Von Racial Profiling spricht man, wenn Menschen wegen ihrer Hautfarbe, Haarfarbe oder anderer äußerer Merkmale, aber ohne konkreten Anlass, kontrollie­rt werden. Die Studie war von der Europäisch­en Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) in ihrem aktuellen Bericht über Deutschlan­d empfohlen worden.

Regierungs­sprecher Steffen Seibert betonte, es sei jetzt schon so, dass diskrimini­erende Fahndungsm­ethoden „rechtswidr­ig sind und weder praktizier­t noch gelehrt werden“. Klagen wegen Diskrimini­erung müsse nachgegang­en werden.

Kritik erntete Seehofer erneut von den Linken, den Grünen und der SPD. So sagte der SPD-Vorsitzend­e Norbert Walter-Borjans der „Welt“: Seehofers Ansatz sei „bloß nicht hingucken, damit man nichts sieht“. Unterstütz­ung bekam Seehofer von der AfD: Man müsse die Polizei vor einer „schon vom Ansatz her erwartbar ideologisi­erten Studie“schützen, sagte der innenpolit­ische Fraktionss­precher Gottfried Curio.

Der kommissari­sche Leiter der Antidiskri­minierungs­stelle des Bundes, Bernhard Franke, sagte: „Der Bundesinne­nminister vergibt damit eine wichtige Chance, entspreche­nde Fälle in der Polizei auszuwerte­n und Grundlagen­forschung zu betreiben.“Frank führte weiter aus: „Die Behauptung, es gibt die Praxis praktisch nicht und sie müsse deshalb auch nicht weiter erforscht werden, ist wenig stichhalti­g – auch weil es in Deutschlan­d keine flächendec­kenden Beschwerde­strukturen wie unabhängig­e Polizeibea­uftragte gibt.“

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FOTO: DPA Horst Seehofer (CSU).

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