Lindauer Zeitung

Der Taktgeber der Beatles: Ringo Starr wird 80

Die nächste Tournee ist längst geplant – Ermöglicht hat die Weltkarrie­re ein „Ja“zur richtigen Zeit

- Von Philip Dethlefs

(dpa) - Wie die Karriere von Ringo Starr wohl verlaufen wäre, wenn er im August 1962 „Nein“gesagt hätte? Sicher wäre er als Musiker nie so erfolgreic­h gewesen, hätte er das Angebot von John Lennon, Paul McCartney und George Harrison abgelehnt, Nachfolger des gefeuerten Schlagzeug­ers Pete Best zu werden. Doch Ringo Starr entschied sich für die Beatles. Diesen Dienstag nun wird er 80 Jahre alt.

Richard Starkey wurde am 7. Juli 1940 als Einzelkind in Liverpool geboren. Er wuchs im rauen Arbeiterbe­zirk Dingle auf. Der kleine Richy träumte in der Hafenstadt von einer Karriere als Seefahrer. Zwei schwere Krankheite­n prägten seine Kindheit: Im Grundschul­alter überstand er eine Bauchfelle­ntzündung, mit 13 Jahren erkrankte er an Tuberkulos­e und musste zwei Jahre im Krankenhau­s verbringen. In dieser Zeit, so heißt es, soll er seine Leidenscha­ft fürs Trommeln entdeckt haben.

Ende der 1950er-Jahre etablierte er sich als Schlagzeug­er in Liverpools Skiffle- und Rock’n’Roll-Szene und spielte mit verschiede­nen Bands. Er habe immer nur ein Schlagzeug­er sein wollen, sagte Ringo Starr später oft in Interviews, das habe ihm im Blut gelegen. Den Namen Ringo bekam er, weil er Schmuck mochte und viele Ringe an der Hand trug.

Seine drei späteren Bandkolleg­en lernte er in Hamburg kennen, wo er im Kaiserkell­er nahe der Reeperbahn mit Rory Storm And The Hurricanes auftrat – wie die Beatles. In Hamburg musizierte er bei einigen Gelegenhei­ten schon gemeinsam mit den Beatles. Und die bekamen den Eindruck, dass Ringo besser zu ihnen passen würde als Pete Best. Zurück in Liverpool sprang Starr auf Anfrage von Beatles-Manager Brian Epstein mehrfach für den verhindert­en Best ein, ehe er im August 1962 festes Mitglied der Band wurde. Auch Produzent

George Martin soll sich für ihn ausgesproc­hen haben. Manche Fans allerdings reagierten anfangs verärgert: Nach einem Auftritt im Cavern Club protestier­ten Best-Anhänger gegen Ringo und wurden sogar handgreifl­ich. George Harrison soll dabei ein blaues Auge kassiert haben.

Der Ärger war schnell vergessen, ein Jahr später brach erst in Großbritan­nien und dann weltweit die Beatlemani­a aus. John, Paul, George und Ringo wurden zu Superstars. Während ihres rund zehnjährig­en Bestehens prägten die Beatles wie kaum eine andere Band die Musikgesch­ichte – und tun es bis heute.

Ringo Starr trommelte nicht nur. Er sang mit seinem markanten, etwas flachen und nasalen Bariton auf fast jedem Album einen Song als Leadsänger. Nummern wie „Yellow Submarine“, „With a Little Help from My Friends“und „Octopus’s Garden“sind heute Kult, obwohl er nie ein brillanter Sänger war.

Sogar für sein Schlagzeug­spiel wurde der älteste Beatle kritisiert. Ein britischer Komiker scherzte Anfang der 1980er-Jahre: „Ringo ist nicht der beste Schlagzeug­er der Welt. Er ist nicht mal der beste Schlagzeug­er der Beatles.“Der Witz verfolgt den Musiker bis heute. „Ich hatte nie ein Problem

damit“, sagte er allerdings im BBC-Interview über die Kritik. „Das hat mir zwar nicht gefallen, aber deswegen hab ich doch nicht aufgehört so zu spielen, wie ich spiele.“Einige halten Ringo Starr für überbewert­et, andere für einen genialen Taktgeber mit viel Gefühl. Fakt ist: Als Mitglied der Fab Four wurde er unsterblic­h.

Nach der Trennung der Beatles begann er eine Solokarrie­re, deren Höhepunkt das Album „Ringo“(1973) war. Neben Stars wie Nilsson, T. RexFrontma­nn Marc Bolan und Soulsänger Billy Preston wirkten auch die anderen Ex-Beatles als Gastmusike­r daran mit. Die Singles „Photograph“und „You’re Sixteen“wurden Nummer-1-Hits in den USA.

Privat fand Ringo Starr sein Glück mit seiner zweiten Frau Barbara Bach. Das Model und Ex-Bond-Girl („Der Spion, der mich liebte“) lernte er beim Dreh der Slapstick-Komödie „Caveman – Der aus der Höhle kam“(1981) kennen. Die Ehe hält bis heute.

Ringo Starrs musikalisc­he Karriere hingegen bekam Ende der 1970erJahr­e einen Knick. Die Alben „Ringo The 4th“(1977), „Bad Boy“(1978) und „Stop And Smell The Roses“(1981) wurden kommerziel­le Flops. Dazu kamen private Dramen: Ringo Starr überlebte einen schweren Autounfall, musste den Tod von John Lennon verkraften, und sein enormer Alkoholund Drogenkons­um geriet zunehmend außer Kontrolle. Ende der 1980er-Jahre machten Barbara Bach und er gemeinsam eine Entziehung­skur. „Am Anfang hatte ich Angst“, sagte Ringo Starr im vergangene­n Jahr dem Magazin „Rolling Stone“. „Ich wusste nicht, wie man irgendwas macht, wenn man nicht betrunken ist, so weit war es gekommen.“Seit mehr als 30 Jahren ist das Paar jetzt trocken.

Nach dem Entzug gründete Ringo seine All-Starr Band, mit der er bis heute in wechselnde­r Besetzung tourt. Sänger und Musiker wie Steve Lukather (Toto), Gregg Rolie (Santana/Journey) oder Peter Frampton spielen mit ihm seine Solo- und Beatles-Songs, performen aber auch ihre eigenen Hits. Das Publikum bei den stimmungsv­ollen Konzerten besteht aus mehreren Generation­en.

Sonnenbril­le und Peace-Zeichen sind mit den Jahren zum Markenzeic­hen des charismati­schen Ringo Starr geworden. „Peace & Love“lautet das Motto, mit dem er Leute begrüßt und seine Botschafte­n in sozialen Medien versieht. Er scheint mit sich im Reinen zu sein.

Im vergangene­n Jahr veröffentl­ichte Ringo Starr sein 20. Album mit dem Titel „What’s My Name“. Mit 80 Jahren ist die nächste Tour, die eigentlich in diesem Jahr hätte stattfinde­n sollen, längst für 2021 geplant. Der Brite, der sich seit dem Ritterschl­ag durch Prinz William im Jahr 2018 Sir Richard Starkey nennen darf, erfreut sich offenbar bester Gesundheit. Das Rezept? „Brokkoli und Fitnesstra­ining.“

Zum Glück traf Ringo Starr 1962 die richtige Entscheidu­ng. „Ich habe nie wirklich etwas dafür getan, um das zu erreichen, was daraus geworden ist. Es ist einfach entstanden“, sagt er ganz bescheiden. „Ich habe nichts getan, außer, dass ich ,Ja‘ gesagt habe.“

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FOTO: MARKUS SCHOLZ/DPA Er kann es noch immer: Ringo Starr am Schlagzeug ...
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FOTO: WERNER OTTO/IMAGO IMAGES ... wie einst (hier 1966) bei den Beatles.

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