Lindauer Zeitung

Das große Wunder knapp verpasst

Starke Schlusspha­se und 2:2 reichen den Heidenheim­ern gegen Bremen nicht zum Aufstieg

- Von Benjamin Post

- Ganz großer Kampf, aufregende Schlussmin­uten, doch am Ende reichte es nicht. Der 1. FC Heidenheim hat den großen Traum vom Aufstieg mit dem 2:2 (0:1) gegen Werder Bremen knapp verpasst. Die Mannschaft von der Brenz bleibt in der 2. Bundesliga, die Bremer erstklassi­g. Aus. Vorbei. „Es ist für uns extrem bitter, Bremen reichen zwei Unentschie­den, es bringt nun eh nix, aber ist extrem schade“, sagte Tim Kleindiens­t. Seinem Trainer Frank Schmidt war die Enttäuschu­ng nach dem großen Kampf sichtlich anzumerken. „Natürlich sind wir enttäuscht“, sagte der Trainer und fügte an: „Da hilft nur eines: richtig einen hinter die Binde kippen. Da geht es uns zwar morgen noch schlechter, aber wir stehen wieder auf.“

Und das können sie an der Brenz auch. Auch wenn die Chance ihres Lebens, die von FCH-Trainer Schmidt vielzitier­te „Lebenschan­ce“um 22.27 Uhr vertan wurde.

Dabei hatte sich Heidenheim noch niedlicher gemacht, als es eh schon ist. Auf dem Weg auf den Schlossber­g war kein Verkehrssc­hild ohne Rot-Blaue Girlanden versehen. Was die in Bremen können, können wir auch, sich schmücken. Um 19.06 Uhr bog der grün-weiße Mannschaft­sbus von Werder auf seiner schicksals­haften Reise auf dem abgesperrt­en Stadiongel­ände des FCH ein. Davor saßen auch ein paar Werder-Fans und natürlich auch FCHler.

Beim größten Spiel der Vereinsges­chichte durften sie nicht teilhaben, ausgerechn­et nun herrscht Geisterspi­elzeit. Ein paar Verantwort­liche und Journalist­en dürfen in die Voith-Arena. Für dieses alles entscheide­nde Spiel um 20.30 Uhr beorderte Schmidt im Vergleich zum 0:0 in Bremen den Mister Heidenheim, Marc Schnattere­r (für Maurice Multhaup) in die Startelf. Dazu noch Robert Leipertz (für Kevin Sessa) und, kurzfristi­g vor dem Anpfiff, Jonas Föhrenbach für Timo Beermann (Muskelverl­etzung). Föhrenbach begann als Linksverte­idiger, Theuerkauf rückte für Beermann in die Abwehrmitt­e – und stand im Fokus.

Nach Eingabe von Maximilian Eggestein beförderte ausgerechn­et der noch in die Startelf gerückte Theuerkauf den Ball bei einem Klärungsve­rsuch unglücklic­h ins eigene Tor (3.). Ausrechnet ein Ex-Bremer, wenn auch nur bei Werder II und zuvor in der Jugend von 2003 bis 2007. Bitter, doch, wie sagte Holger Sanwald zur Halbzeitpa­use: „Das gehört zum Fußball dazu, das solche Tore fallen.“Jetzt benötigten die Heidenheim­er zwei Tore, ein 1:1 würde aufgrund der Europapoka­l-Arithmetik nicht reichen, das 2:2 später ja auch nicht.

Schlechter kann man nicht starten, lässt sich für Heidenheim sagen. Werder startete aber ohnehin besser, aggressive­r als beim schwachen Auftritt im Weserstadi­on, drängte Heidenheim in die Defensive. Kurz nach schockende­n 0:1 musste FCH-Torwart Kevin Müller erstmals richtig eingreifen, Milos Rashica traf die Kugel gut bei seinem Schuss, doch Müller reagierte glänzend (7.). Nach einer Viertelstu­nde reagierte Heidenheim mehr, versuchte viel, fand aber in der Offensive keine Lösung gegen konzentrie­rt verteidige­nde Bremer, ohne zu Chancen zu kommen.

Im geisterhaf­ten Stadion in der Corona-Pandemie mit wenigen Menschen, die hoffen, bangten und arbeiteten, kam Unterstütz­ung von beiden Seiten. Wie schon in Bremen. Diesmal erklang eine Heulsirene und eine Trommel von den Rängen und dann war da noch etwas was klang, als wenn einer auf die Pfanne haut. Alles ist möglich in der Relegation.

Stefan Schimmer hatte zwei Mal die Möglichkei­t auf den Ausgleich. Zur Pause eingewechs­elt, zog der Stürmer gleich mal ab, doch Bremens Schlussman­n Jiri Pavlenka hielt (46.). Eine Minute später knallte Schimmer frei stehend über den Kasten von Pavlenka. Auch der ebenso eingewechs­elte David Otto vergab per Kopfball (48.). FCH brachte Schwung mit aus der Kabine, siehe die Einwechsle­r. Doch auch Werder blieb in der Partie. Und Müller hatte zweimal richtig gut zu tun. Erst wehrte er den Schuss von Ludwig Augustinss­on ab (58.), dann reagierte er blitzschne­ll gegen Josh Sargent (59.). Das Gute für alle Fans: Es blieb spannend. Vor allem als Tim Kleindiens­t nach einem Lattenknal­ler von Tobias Mohr zum 1:1 abstaubte (85.). In der vierten von fünf Minuten der Nachspielz­eit machte Werder den Klassenerh­alt vollends klar, Augustinss­on schob zum 2:1 ein. Das 2:2 von Kleindiens­t per Strafstoß (nach Foul an Mohr) brachte nur noch Ergebnisko­smetik.

Und während sich Bremens Trainer Kohfeldt für die „Scheißsais­on“entschuldi­gte, sagte Kapitän Marc Schnattere­r: „Wir haben kein Spiel verloren und es trotzdem nicht geschafft, das ist brutal.“

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FOTO: WELLER/DPA Das Eigentor, das die Heidenheim­er Ambitionen früh dämpfte: Norman Theuerkauf überwindet Kevin Müller (vorn).

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