Das große Wunder knapp verpasst
Starke Schlussphase und 2:2 reichen den Heidenheimern gegen Bremen nicht zum Aufstieg
- Ganz großer Kampf, aufregende Schlussminuten, doch am Ende reichte es nicht. Der 1. FC Heidenheim hat den großen Traum vom Aufstieg mit dem 2:2 (0:1) gegen Werder Bremen knapp verpasst. Die Mannschaft von der Brenz bleibt in der 2. Bundesliga, die Bremer erstklassig. Aus. Vorbei. „Es ist für uns extrem bitter, Bremen reichen zwei Unentschieden, es bringt nun eh nix, aber ist extrem schade“, sagte Tim Kleindienst. Seinem Trainer Frank Schmidt war die Enttäuschung nach dem großen Kampf sichtlich anzumerken. „Natürlich sind wir enttäuscht“, sagte der Trainer und fügte an: „Da hilft nur eines: richtig einen hinter die Binde kippen. Da geht es uns zwar morgen noch schlechter, aber wir stehen wieder auf.“
Und das können sie an der Brenz auch. Auch wenn die Chance ihres Lebens, die von FCH-Trainer Schmidt vielzitierte „Lebenschance“um 22.27 Uhr vertan wurde.
Dabei hatte sich Heidenheim noch niedlicher gemacht, als es eh schon ist. Auf dem Weg auf den Schlossberg war kein Verkehrsschild ohne Rot-Blaue Girlanden versehen. Was die in Bremen können, können wir auch, sich schmücken. Um 19.06 Uhr bog der grün-weiße Mannschaftsbus von Werder auf seiner schicksalshaften Reise auf dem abgesperrten Stadiongelände des FCH ein. Davor saßen auch ein paar Werder-Fans und natürlich auch FCHler.
Beim größten Spiel der Vereinsgeschichte durften sie nicht teilhaben, ausgerechnet nun herrscht Geisterspielzeit. Ein paar Verantwortliche und Journalisten dürfen in die Voith-Arena. Für dieses alles entscheidende Spiel um 20.30 Uhr beorderte Schmidt im Vergleich zum 0:0 in Bremen den Mister Heidenheim, Marc Schnatterer (für Maurice Multhaup) in die Startelf. Dazu noch Robert Leipertz (für Kevin Sessa) und, kurzfristig vor dem Anpfiff, Jonas Föhrenbach für Timo Beermann (Muskelverletzung). Föhrenbach begann als Linksverteidiger, Theuerkauf rückte für Beermann in die Abwehrmitte – und stand im Fokus.
Nach Eingabe von Maximilian Eggestein beförderte ausgerechnet der noch in die Startelf gerückte Theuerkauf den Ball bei einem Klärungsversuch unglücklich ins eigene Tor (3.). Ausrechnet ein Ex-Bremer, wenn auch nur bei Werder II und zuvor in der Jugend von 2003 bis 2007. Bitter, doch, wie sagte Holger Sanwald zur Halbzeitpause: „Das gehört zum Fußball dazu, das solche Tore fallen.“Jetzt benötigten die Heidenheimer zwei Tore, ein 1:1 würde aufgrund der Europapokal-Arithmetik nicht reichen, das 2:2 später ja auch nicht.
Schlechter kann man nicht starten, lässt sich für Heidenheim sagen. Werder startete aber ohnehin besser, aggressiver als beim schwachen Auftritt im Weserstadion, drängte Heidenheim in die Defensive. Kurz nach schockenden 0:1 musste FCH-Torwart Kevin Müller erstmals richtig eingreifen, Milos Rashica traf die Kugel gut bei seinem Schuss, doch Müller reagierte glänzend (7.). Nach einer Viertelstunde reagierte Heidenheim mehr, versuchte viel, fand aber in der Offensive keine Lösung gegen konzentriert verteidigende Bremer, ohne zu Chancen zu kommen.
Im geisterhaften Stadion in der Corona-Pandemie mit wenigen Menschen, die hoffen, bangten und arbeiteten, kam Unterstützung von beiden Seiten. Wie schon in Bremen. Diesmal erklang eine Heulsirene und eine Trommel von den Rängen und dann war da noch etwas was klang, als wenn einer auf die Pfanne haut. Alles ist möglich in der Relegation.
Stefan Schimmer hatte zwei Mal die Möglichkeit auf den Ausgleich. Zur Pause eingewechselt, zog der Stürmer gleich mal ab, doch Bremens Schlussmann Jiri Pavlenka hielt (46.). Eine Minute später knallte Schimmer frei stehend über den Kasten von Pavlenka. Auch der ebenso eingewechselte David Otto vergab per Kopfball (48.). FCH brachte Schwung mit aus der Kabine, siehe die Einwechsler. Doch auch Werder blieb in der Partie. Und Müller hatte zweimal richtig gut zu tun. Erst wehrte er den Schuss von Ludwig Augustinsson ab (58.), dann reagierte er blitzschnell gegen Josh Sargent (59.). Das Gute für alle Fans: Es blieb spannend. Vor allem als Tim Kleindienst nach einem Lattenknaller von Tobias Mohr zum 1:1 abstaubte (85.). In der vierten von fünf Minuten der Nachspielzeit machte Werder den Klassenerhalt vollends klar, Augustinsson schob zum 2:1 ein. Das 2:2 von Kleindienst per Strafstoß (nach Foul an Mohr) brachte nur noch Ergebniskosmetik.
Und während sich Bremens Trainer Kohfeldt für die „Scheißsaison“entschuldigte, sagte Kapitän Marc Schnatterer: „Wir haben kein Spiel verloren und es trotzdem nicht geschafft, das ist brutal.“