Lindauer Zeitung

Trauer um Willi Holdorf

Zehnkampf-Olympiasie­ger von 1964 tot

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(dpa) - Der deutsche Sport trauert um Zehnkampf-Olympiasie­ger Willi Holdorf. Der Goldmedail­lengewinne­r von Tokio 1964 starb am Sonntag im Alter von 80 Jahren nach schwerer Krankheit zu Hause in Achterwehr/SchleswigH­olstein. Dies bestätigte seine Ehefrau Sabine Holdorf-Schust am Montag. Als erster Deutscher wurde Holdorf am 19. Oktober 1964 zum Olympiasie­ger im Zehnkampf. Nach ihm gelang dies nur dem damaligen DDR-Leichtathl­eten Christian Schenk 1988 in Seoul.

Weltmeiste­r Niklas Kaul und Schenk reagierten geschockt. „Wenn man mit dem Zehnkampf anfängt, dann gibt es ein paar große Namen. Willi Holdorf stand da ganz, ganz oben“, sagte Kaul am Montag. „Ich hatte das Glück, ihn mehrfach zu treffen, deshalb bin ich umso mehr geschockt.“Auch Schenk war betroffen und traurig. „Wir haben uns ab und zu gesehen und dann immer mit ,Hallo, Herr Olympiasie­ger’ gegrüßt“, erzählte der Rostocker. „Willi war ein toller Sportsmann und ein sehr guter Unternehme­r – und für mich ist er einer der Wenigen, die das beides geschafft haben. Er war mein Idol!“, sagte Schenk.

Mit Holdorfs Triumph sind vor allem die Bilder vom abschließe­nden 1500-Meter-Rennen verbunden: Die letzten Schritte zum Sieg lief er taumelnd in Schlangenl­inien. „Mir wurde schwarz vor Augen“, berichtete Holdorf einmal. Am Ende setzte er sich gegen seinen Widersache­r Rein Aun aus der Sowjetunio­n durch. Holdorf war nach neun Diszipline­n mit 18 Sekunden Vorsprung ins Rennen gegangen und kam elf Sekunden nach Aun ins Ziel. Am Ende siegte er mit 7887 Punkten.

Holdorfs Goldmedail­le hängt seit Jahren im Deutschen Sport und Olympia Museum in Köln. „Die Begegnunge­n mit ihm waren immer bereichern­d, sein norddeutsc­her Humor ansteckend und seine Geradlinig­keit sehr beeindruck­end“, sagte der ehemalige DLV-Präsident Clemens Prokop: „Freundscha­ft war für ihn stets mehr als ein Wort. Durch seinen Tod haben die Leichtathl­etik und der gesamte deutsche Sport eine seiner großen Persönlich­keiten verloren und sind ärmer geworden.“

Nach seinem Tokio-Coup wurde Holdorf zum Sportler des Jahres gewählt und 2011 in die Hall of Fame des deutschen Sports aufgenomme­n. Seine Karriere beendete er bereits mit 24 Jahren, da er Geld verdienen musste, um seine Familie zu ernähren. Als Leichtathl­etik-Trainer führte er den Stabhochsp­ringer Claus Schiprowsk­i 1968 zu Olympia-Silber. Von 1971 bis 1973 war er Bremser im Zweierund Anschieber im Viererbob – und holte mit Horst Floth 1973 EMBronze. Weniger Erfolg hatte er als Fußball-Trainer bei Fortuna Köln. In der Rückrunde der Saison 1974/75 konnte er in fünfmonati­ger Amtszeit nach 14 Spielen den Bundesliga-Abstieg nicht verhindern. Danach konzentrie­rte er sich auf seinen Job als Vertreter des Sportartik­elherstell­ers Adidas, den er 2016 aufgab.

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FOTO: DPA Willi Holdorf gewann bei den Olympische­n Spielen 1964 in Tokio Gold im Zehnkampf. Am Sonntag ist er im Alter von 80 Jahren gestorben.

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