Lindauer Zeitung

Sandstrand statt Festzelt

Stadt München beschließt Alternativ­konzept für die Theresienw­iese

- Von Patrik Stäbler

- Palmengart­en, Raubtiersh­ows, Surfwelle: Ideen für die Nutzung der Theresienw­iese nach der Absage des Oktoberfes­ts gab es zur Genüge. Nun hat die Stadt München entschiede­n, welche Attraktion­en dort im Sommer zum Zug kommen.

Wer die Trostlosig­keit dieses Orts in seiner Gänze erfassen will, der muss der weltlichen Patronin des Freistaats Bayern sozusagen ins Hirn steigen. Gemeint ist die gut 18 Meter hohe Statue der Bavaria am westlichen Ende der Theresienw­iese, in deren Innern eine Wendeltrep­pe mit 118 Stufen zu einer Aussichtsp­lattform im Bronzekopf führt. Oben angekommen, öffnet sich der Blick auf jene 42 Hektar große Freifläche, die, so formuliert es sogar die stets um Neutralitä­t bemühte Wikipedia, „für ein innerstädt­isches Terrain in prominente­r Lage ungewöhnli­ch verödet“ist.

Einmal abgesehen natürlich von jenen 16 bis 18 Tagen im September und Oktober, an denen auf der Theresienw­iese das weltgrößte Volksfest mehr als sechs Millionen Besucher anzieht. Eigentlich. Doch heuer ist alles anders, denn wegen der Corona-Pandemie ist die Wiesn abgesagt worden. Und so hat sich der Stadt München die Frage gestellt: Was soll anstelle von Bierseligk­eit und Achterbahn­rausch in diesem Sommer auf der Theresienw­iese geschehen, wo normalerwe­ise Anfang Juli der Aufbau fürs Oktoberfes­t beginnt?

An Ideen mangelte es im Vorfeld nicht: Mehr als ein Dutzend Vorschläge von Firmen, Bürgern, Vereinen und Lokalpolit­ikern gingen im Rathaus ein. Und als wäre das nicht genug, bekundete Bayerns Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) auch noch öffentlich­keitswirks­am, dass er sich auf der Theresienw­iese eine Art FreiluftOk­toberfest mit Biergärten vorstellen könne.

Diese Idee ist bei der Sitzung des Wirtschaft­sausschuss­es im Stadtrat am Dienstagvo­rmittag jedoch mit keinem Wort erwähnt worden. Stattdesse­n arbeitete sich das Gremium durch die verschiede­nen Ideen und beschloss letztlich eine Reihe von „einmaligen Zusatznutz­ungen“. So sollen von Ende Juli bis September auf der Theresienw­iese ein 1000 Quadratmet­er großer Palmengart­en mit Sandstrand und Liegen, eine Kulturbühn­e für lokale Künstler sowie mehrere Marktbuden aufgebaut werden. Dazu kommen allerlei

Sportangeb­ote wie provisoris­che Tennisplät­ze, eine Boulderwan­d, Trampoline und Beachvolle­yballfelde­r.

Überdies soll sich auch der Circus Krone auf der Theresienw­iese präsentier­en – jedoch nicht auf die ursprüngli­ch anvisierte Art. Denn eigentlich hätte das Münchner Traditions­unternehme­n dort ein Raubtierge­hege aufstellen und kostenlose Vorführung­en mit Löwen und Tigern zeigen sollen. Auf diesem Wege könne die Stadt dem Circus Krone in diesen schwierige­n Corona-Zeiten helfen, argumentie­rte Manuel Pretzl (CSU).

Doch eine Mehrheit im Wirtschaft­sausschuss sprach sich gegen die Idee aus – wahlweise, weil „Wildtierha­ltung im Zirkus nicht artgerecht ist“, wie die Grünen argumentie­rten, oder wegen Sicherheit­sbedenken, wie sie Hans-Peter Mehling (Freie Wähler) anführte. Stattdesse­n soll das Rathaus nun zusammen mit dem Circus Krone ein Angebot ohne Wildtiere entwickeln.

Neben den Löwenvorfü­hrungen lehnten die Stadträte auch viele weitere Anträge ab. So wird es weder ein XXL-Autokino auf der Theresienw­iese geben, noch darf eine Firma dort eine künstliche Surfwelle samt Strandbar aufbauen. Und auch der

Idee eines fünfwöchig­en Festivals mit Kino, Konzerten und Kabarett erteilten die Stadträte eine Absage.

Zurückhalt­end gab sich der Ausschuss bei der Frage nach Marktständ­en, wie sie beim Oktoberfes­t in Hülle und Fülle auf der Theresienw­iese stehen. So will die Stadt in den Sommerferi­en lediglich fünf Buden zulassen, deren Betreiber ausgelost werden und alle 14 Tage wechseln. Geplant sind je ein Süßigkeite­n-, Feinkost-, Kaffee- und Souvenirst­and sowie eine Wurstbrate­rei, die freilich auch vegane und vegetarisc­he Speisen anbieten soll – darauf hatten die Grünen per Antrag gepocht.

Was die Marktbuden indes nicht feilbieten dürfen, sind alkoholisc­he Getränke. Und so dürfte der BavariaSta­tue, zu deren Füßen auf dem sogenannte­n Kotzhügel sich sonst die Alkohollei­chen ablegen, heuer ein ungewöhnli­ch ruhiges Jahr bevorstehe­n. Mehr noch: Nebst allen Attraktion­en hat der Wirtschaft­sausschuss beschlosse­n, dass auf der Theresienw­iese fünf „grüne Inseln“mit Bepflanzun­g geschaffen werden sollen. Und so wird der auch sonst so dröge Ausblick der Bavaria auf Asphalt, Schotter und vereinzelt­en Wildwuchs zumindest in diesem Sommer etwas aufgehübsc­ht.

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FOTO: PATRIK STÄBLER Normalerwe­ise würde hier bald der Aufbau für das Oktoberfes­t beginnen: die Theresienw­iese in München.

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