Mit eigenen Talenten nach oben
Der FV Ravensburg möchte in die Regionalliga – und setzt dabei vor allem auf die Jugend
- Es ist ein ehrgeiziges Ziel, das sich der FV Ravensburg auf die Fahnen geschrieben hat: „Mit der Kraft der eigenen Jugend in die Regionalliga.“Dass sich hinter dieser Vision, die die Verantwortlichen vor zwei Jahren formulierten, nicht nur eine hohle Phrase steckt, zeigen die Ergebnisse in der abgebrochenen Saison. Durch die Aufstiege der Dbis A-Jugend spielen in der mit der U15, U17 und U19 alle drei älteren Jugendteams in der kommenden Saison in der neuen eingleisigen Verbandsliga – und damit in der höchsten Liga Württembergs. „Das wird eine Mammutaufgabe. Wir werden in jedem Spiel brutal gefordert“, sagt Jugendleiter Wolfgang Grünhagel.
Aber genau das wollen sie beim FV. Bereits die Jugendlichen sollen auf dem höchstmöglichen Niveau spielen und trainieren, um später der ersten Mannschaft auf dem Weg nach oben weiterhelfen zu können. „Steffen Wohlfarth hat bewiesen, dass er junge Leute an die Mannschaft heranführen kann. Das muss auch in den nächsten Jahren ein Hauptziel sein“, sagt Aufsichtsratmitglied Helmut Locher. Schon in der kommenden Saison sollen einige Nachwuchsspieler aus der U23 immer wieder in der Oberliga zum Einsatz kommen und den etablierten Spielern bei dem dichten Terminplan mit bis zu 50 Saisonspielen (Liga und Pokal) die benötigten Pausen verschaffen. Die Idee ist nicht neu, bekommt durch die Corona-Krise und die damit verbundenen finanziellen Einbußen noch einmal mehr Dringlichkeit. „Wir sind auf einem sehr guten Weg. Aber wir müssen jetzt den nächsten Schritt machen“, sagt Grünhagel.
Um dieses Ziel zu erreichen, will der FV Ravensburg die Strukturen im Jugendbereich professionalisieren. Eine wichtige Aufgabe kommt dabei Fabian Hummel zu. Der Manager des Vereins und Trainer der U23 wird die sportliche Leitung der Jugend übernehmen und soll Jugendleiter Wolfgang Grünhagel unterstützen. Mit seiner Vergangenheit beim Deutschen Fußballbund (DFB) und Württembergischen Fußballverband (WFV), aber vor allem auch als erfolgreicher Jugendausbilder beim SSV Ulm 1846 mit zwei Aufstiegen in die Junioren-Bundesliga soll er jetzt das sportliche Profil des FV Ravensburg in der Jugend stärken, die Konzeption vereinheitlichen, die Trainer ausbilden und damit den Talenten zu einer intensiveren du individuelleren Förderung verhelfen. „Wir sind der Ausbildungsverein in Oberschwaben und müssen uns weiter abheben“, sagt Hummel, der, um mehr Kapazitäten zu haben, die sportliche Leitung der Oberligamannschaft an Trainer Steffen Wohlfarth abgegeben hat.
Dass mit dem VfB Friedrichshafen und dem SC Pfullendorf zwei Vereine in unmittelbarer Nähe kürzlich eine Kooperation mit dem Bundesligaaufsteiger VfB Stuttgart eingegangen sind und dadurch zu einer ernstzunehmenden Konkurrenz im Wettbewerb um die größten Talente der Region werden könnten, sieht Fabian Hummel recht gelassen. „Diese Kooperationen sind ganz frisch und müssen sich erst einmal bewähren. Wir haben seit 14 Jahren eine funktionierende, fruchtbare Zusammenarbeit mit dem SC Freiburg.“Generell sei so eine Kooperation mit einem Profiverein nicht zu hoch zu bewerten. „Wenn wir schlecht arbeiten, werden die besten Spieler auch trotz Kooperation nicht zu uns kommen.“
Um seine Ziele und Visionen zu erreichen, muss der FV Ravensburg aber auch abseits des Rasens die Voraussetzungen
schaffen – gerade die Infrastruktur bereitet den Verantwortlichen große Kopfschmerzen. Eigentlich bräuchte es noch einen Kunstrasen und einen weiteren Trainingsplatz (Rasen) für das Richtung Regionalliga strebende Oberligateam und die zehn ambitionierten Jugendmannschaften. „Wir haben zu wenig Platz für die 200 Jugendspieler und 25 Trainer“, sagt Jugendleiter Grünhagel. Auch fehlt weiterhin eine zentrale Anlaufstelle – ein notwendiges Funktionsgebäude samt Vereinsheim – für die Vereinsmitglieder. Bei einem Sponsorentreffen Anfang März gab es bereits die Zusage zur Förderung des sogenannten „Blauweißen Fußballherzes“– doch dann kam Corona. „Eigentlich wollten wir jetzt den Startschuss geben“, sagt Helmut Locher. „Doch jetzt liegt das Vorhaben vorerst wieder auf Eis.“
Der Verein will weiter das Gespräch mit dem Württembergischen Landessportbund (WLSB) und der Stadt Ravensburg suchen, um sich trotz der Corona-Krise die benötigten Fördergelder zu sichern. „Natürlich haben wir Verständnis, dass die Stadt in dieser Situation viele Baustellen hat“, sagt Locher. „Aber wir müssen wissen, ob wir noch eine Perspektive haben.“Ansonsten läuft die ehrgeizige Vision Gefahr, aufgrund von äußeren Umständen zu scheitern.