Lindauer Zeitung

„Es findet keine Manipulati­on von Genen statt“

-

- Wirksamste­s Mittel gegen die vom Coronaviru­s ausgelöste Erkrankung wäre ein Impfstoff. Daniel Hadrys hat Virologe Professor Thomas Mertens gefragt, welcher Gefahr sich Probanden in klinischen Studien aussetzen und ob die Entwicklun­g eines Impfstoffe­s am Ende eine reine Frage des Geldes ist.

Wie stellen die Wissenscha­ftler in den klinischen Studien sicher, dass es bei den Probanden nicht zu schweren Covid-19-Verläufen kommt?

Zunächst macht man viele „präklinisc­he“Untersuchu­ngen, also Untersuchu­ngen, bevor der erste Mensch ein Medikament oder einen Impfstoff erhält. Hierzu gehören nach Möglichkei­t auch Experiment­e an Versuchsti­eren, die gerade aus Gründen der Sicherheit eigentlich unverzicht­bar sind. Der Sicherheit­saspekt ist auch ein Grund, warum klinische Prüfungen an Menschen in mehreren, zeitlich getrennten Phasen ablaufen. Für die erste Phase werden sehr gesunde, nicht schwangere, junge Probanden ausgewählt, die unter Umständen auch noch nacheinand­er an verschiede­nen Tagen in die jeweilige Studie aufgenomme­n werden. Wenn alles gut verläuft, werden in späteren Phasen auch Probanden eingesetzt, die mehr der normalen Bevölkerun­g entspreche­n, was für die Beurteilun­g der tatsächlic­hen Wirksamkei­t sehr wichtig ist. Alle Studientei­lnehmer werden medizinisc­h genau überwacht. Eine einhundert­prozentige Sicherheit gibt es, wie so häufig, nicht.

Impfgegner behaupten, die derzeit aussichtsr­eichen RNA-Impfstoff-Kandidaten würden die Gene des Menschen manipulier­en. Haben sie recht?

Nein, die Gene des Menschen, wie die aller Tiere und Pflanzen, bestehen aus DNA. Die Informatio­n der Gene wird in der Zelle zunächst enzymatisc­h in RNA umgeschrie­ben, und diese sogenannte BotenRNA dient als Vorlage für die Eiweißsynt­hese (Proteinsyn­these). Bei einem RNAImpfsto­ff wird dieser letzte Schritt genutzt, um ein gewünschte­s Virusprote­in (Antigen) herzustell­en, gegen welches dann eine Immunantwo­rt erfolgt. Da Menschen kein Enzym besitzen, welches RNA in DNA umschreibe­n könnte, ist der „Rückweg“übrigens nicht möglich. Aber auch unabhängig vom Letzteren findet keine Manipulati­on von Genen statt.

Ist die Entwicklun­g eines Impfstoffe­s bloß eine Frage des Geldes, oder sind Impfstoffe für bestimmte Erreger einfach nicht „entwickelb­ar“?

Es ist nicht nur eine Frage des Geldes, sondern manche Erreger machen es uns sehr schwer, einen wirksamen, vor Krankheit oder gar Infektion schützende­n Impfstoff herzustell­en (Beispiele: HIV, Hepatitis-C-Virus, Malaria). Zunächst muss schützende Immunität gegen den Erreger grundsätzl­ich möglich sein, und man muss das hierfür entscheide­nde Antigen kennen. Das Antigen darf sich nicht zu schnell verändern. Es muss eine geeignete Methodik entwickelt werden, um den Impfstoff herzustell­en. Die Herausford­erung, einen Impfstoff zu entwickeln, der vor Infektion schützt (z.B. HIV), ist noch größer, als wenn der Impfstoff (nur) vor Erkrankung schützen soll.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany