„Wasserstoff ist ein Versprechen für die deutsche Industrie“
Stefan Kaufmann, Wasserstoffbeauftragter der Bundesregierung, über das Potenzial der Zukunftstechnologie
- An der Wand über Stefan Kaufmanns Schreibtisch hängt eine Weltkarte, auf der Dutzende Fähnchen markieren, wo der Stuttgarter schon hingereist ist. In seiner neuen Funktion als Wasserstoffbeauftragter der Bundesregierung wird Kaufmann noch viel mehr unterwegs sein. Los geht’s am Montag, wenn er zusammen mit Forschungsministerin Anja Karliczek (CDU) die Salzgitter AG besucht. Vorher berichtete „Mr Wasserstoff“im Gespräch mit Mathias Puddig und Igor Steinle von seinen Aufgaben und Zielen.
Herr Kaufmann, schon Jules Verne hat geschrieben, dass Wasser die Kohle der Zukunft ist. Ist diese Zukunft jetzt da?
Ein gutes Stück davon. Wir können auf eine Zukunft mit deutlich weniger CO2-Emissionen hoffen. Wasserstoff ist ein Versprechen für die deutsche Industrie und den Anlagenbau, diese Zukunft zu gestalten.
Dann schauen wir uns diese Zukunft einmal an: Wo steckt in zehn Jahren überall Wasserstoff drin?
In der Chemie- und Stahlindustrie, also bei Letzterer auch in den Hochöfen: Die sind die größte Herausforderung und auch die größte Chance bei der Dekarbonisierung. Sicherlich auch in Lkw, in Zügen, in Flugzeugen und in Schiffen. Auch in einem Teil der Pkw-Flotte. Da wird es sicher noch eine Zeit lang ein Nebeneinander verschiedener Antriebstechnologien geben.
In den 1990er-Jahren gab es schon einmal einen Wasserstoff-Hype. Die deutsche Autoindustrie war Pionier. So richtig ist da nichts draus geworden. Wieso soll das jetzt anders sein?
Anders als damals hat die Regierung mit der Nationalen Wasserstoffstrategie ein klares Zeichen gesetzt. Sie will den Aufbau einer Wasserstoffindustrie. Da werden nicht nur die neun Milliarden Euro aus dem Konjunkturpaket in die Hand genommen, in den einzelnen Ministerien stehen auch Mittel bereit. Früher hingegen haben ambitionierte Förderanreize gefehlt. Im Übrigen ist die Veränderungsbereitschaft vielerorts enorm gestiegen. Industrie und Investoren setzen jetzt voll auf Klimaschutz.
Sie haben das Ziel gesetzt, dass Deutschland in der Wasserstoffbranche das wird, was Google und Facebook im Digitalbereich sind. Was heißt das?
Das ist natürlich etwas plakativ. Wir
ANZEIGE gibt. Ich bringe die Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zusammen. Aus guten Ideen sollen rasch konkrete Projekte werden. Dafür werde ich auch im Staatssekretärsausschuss und im Nationalen Wasserstoffrat mit ganzer Kraft arbeiten.
… einem beratenden Gremium mit Experten aus Forschung und Industrie, in dem Vertreter aus Politik und Verwaltung zu Gast sind.
Genau. Ich begleite außerdem den Ideenwettbewerb „Wasserstoffrepublik Deutschland“des Bundesforschungsministeriums eng und schaue, wo wir internationale Partner finden. Dafür werde ich bald auch nach Afrika und nach Australien reisen
Der Deutsche Naturschutzring warnt vor einem „Energie-Kolonialismus“. Wie begegnen Sie dem?
Wir wollen Partnerschaften mit Afrika auf Augenhöhe. Wir haben eine ganz andere Strategie als die Chinesen. Die kaufen Häfen, bauen Infrastrukturen und wollen irgendwann eine Gegenleistung. So funktioniert es bei uns nicht. Wir suchen gleichberechtigte Partnerschaften, von denen beide Seiten profitieren.
Wie aus Wasserstoff ein Treibstoff für das Auto wird, sehen Sie unter www.schwäbische.de/ wasserstoff