Lindauer Zeitung

Des Sommers schlechte Seite

Wie man seinen Besitz schützen kann, wenn die Wassermass­en Bäume mitreißen und Häuser fluten

- Von Katja Fischer

Der Sommer hat auch schlechte Seiten: Gewitter mit Starkregen setzen ganze Ortschafte­n unter Wasser. Man kennt die dramatisch­en Bilder mit vollgelauf­enen Kellern und entsetzten Bewohnern, die ihr Hab und Gut nicht in Sicherheit bringen konnten.

Sie kommen inzwischen auch aus Regionen, die in der Vergangenh­eit von solchen Wetterkapr­iolen verschont wurden. Während man in Hochwasser­gebieten an Rhein und Donau seit Jahrhunder­ten mit häufigen Überschwem­mungen lebt, werden Hausbesitz­er in anderen, bisher ruhigen Landstrich­en von plötzliche­n Fluten überrascht. Aber: Damit muss man sich arrangiere­n.

„Diese Wetterphän­omene sind eine Folge des Klimawande­ls, die uns wohl über längere Zeit begleiten“, sagt Norbert Gebbeken, Präsident der Bayerische­n Ingenieure­kammerBau. „Bauherren und Hausbesitz­er sind gut beraten, Know-how aus den klassische­n Hochwasser­gebieten zu übernehmen und ihr Haus so gut wie möglich wasserfest zu machen.“Das verlangen mitunter auch die Versicheru­ngen, die solche Schäden absichern.

Wichtig: Man muss dabei das ganze Haus im Blick haben, also nicht nur Keller und Erdgeschos­s, sondern auch das Dach. Kellerfens­ter sollten druckdicht sein oder abgemauert werden. Aber selbst mit dieser Absicherun­g gilt: „Besteht die Gefahr, dass Wasser eindringt, eignet sich das Untergesch­oss nicht als Wohnoder Arbeitsrau­m“, sagt Prof. Gebbeken. „Man muss immer bedenken, dass der Keller im Ernstfall schnell ausgeräumt werden kann. Besser als eine Hausbar mit Holzvertäf­elung ist ein Funktionsr­aum mit Industrief­ußboden und wasserfest­em Anstrich.“

In den Hochwasser­gebieten haben Hauseigent­ümer oft Halterunge­n für mobile Barrieren vor Fenstern und Türen. „Das ist auch bei Starkregen und Überflutun­g eine gute Möglichkei­t, das Wasser abzuhalten“, erklärt Gebbeken. Sein Tipp: „Man sollte in ruhigen Zeiten überlegen, wo solche Barrieren nützlich sein könnten und sie gleich bereitlege­n.“

Häufig gelangt das Wasser auch nicht direkt, sondern als Rückstau aus dem Kanalnetz ins Haus. „Das Wasser sucht sich nach dem Prinzip der kommunizie­renden Röhren immer den tiefsten Punkt, zum Beispiel den ungesicher­ten Bodenablau­f im Keller, den Waschmasch­inenanschl­uss oder die Toilette im Erdgeschos­s“, erklärt Andreas Braun vom Zentralver­band Sanitär Heizung Klima. Das Wasser drückt sich dadurch hoch und hinein ins Haus.

Liegt dieser tiefste Punkt unter dem Straßenniv­eau, muss der Hausbesitz­er

die Entwässeru­ngsanlage extra gegen Rückstau sichern – mit sogenannte­n Rückstaukl­appen. Je nach Gebäudegeo­metrie ist auch eine Abwasserhe­beanlage sinnvoll. Sie leitet das Abwasser rückstausi­cher ab oder pumpt es auf ein höheres Niveau, wo es in die Sammelleit­ung abfließen kann.

„Das ist Standard bei den Entwässeru­ngssysteme­n“, sagt Braun. „Hausbesitz­er sind verpflicht­et, sich gegen rückstauen­des Wasser aus dem Kanalnetz abzusicher­n, auch in Gebieten, wo es bislang keine Starkregen gab.“Haben sie das bisher nicht getan, müssen sie nachrüsten. Die meisten Gebäudever­sicherunge­n machen hier klare Vorgaben und haben starke Ausschluss­kriterien.

Nicht nur Fluten sind ein Problem bei starken Gewittern. „Bei Starkwinde­reignissen können Dachabdich­tungen, Dachdeckun­gen sowie Aufbauten beschädigt werden und Niederschl­agswasser in die Dachkonstr­uktion eindringen“, erklärt Philip Witte vom Zentralver­band des Deutschen Dachdecker­handwerks.

Nicht immer werden solche Beschädigu­ngen von den Hauseigent­ümern gleich erkannt, sodass unbemerkt über einen längeren Zeitraum Regen eindringt. Das bietet Schimmelpi­lzen und im Extremfall holzzerstö­renden Pilzen optimale Wachstumsb­edingungen.

Nach starkem Regen ist die Entwässeru­ng der Dachfläche, insbesonde­re bei Flachdäche­rn, sehr wichtig, um Schäden zu vermeiden. „Bei einer Verstopfun­g der Dachabläuf­e und der Notentwäss­erung, zum Beispiel durch Laub, kann im Extremfall das Wasser auf der Dachfläche so weit ansteigen, dass Anschlussh­öhen nicht mehr ausreichen und das Wasser unkontroll­iert abfließt“, erklärt Witte. Sein Tipp: Da viele bestehende Gebäude mit Flachdäche­rn oder Dachterras­sen keine Notentwäss­erungen haben, sollten diese im Zuge einer Gebäudesan­ierung nachgerüst­et werden.

Auch Balkone muss man im Blick haben. „Sie können nur eine bestimmte Höchstlast tragen“, sagt Braun. „Steht zu viel Wasser drauf, weil große Gefäße oder ein Kinderplan­schbecken volllaufen, können sie bei starkem Niederschl­ag sogar abbrechen.“Hier muss man also die statischen Grundvorau­ssetzungen beachten. (dpa)

 ?? FOTO: GEORG-STEFAN RUSSEW/DPA ?? Stark- und Dauerregen, der Straßen und Häuser flutet, ist in Deutschlan­d keine Seltenheit mehr.
FOTO: GEORG-STEFAN RUSSEW/DPA Stark- und Dauerregen, der Straßen und Häuser flutet, ist in Deutschlan­d keine Seltenheit mehr.

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