Für Jäger gelten neue Regeln
Verbreiten sich Waschbär, Marder und Co. bald ungehindert? – Tierschützer warnen
- Für die Jagd gelten neue Regeln. Sie sollen unter anderem dazu beitragen, den Wald vor den Auswirkungen des Klimawandel zu schützen. Jäger, Tierschützer und Oppositionsparteien warnen jedoch: Invasive Arten wie der Waschbär könnten sich nun vermehren. Die wichtigsten Änderungen im Überblick.
Stadtjäger
Ob Steinmarder oder Fuchs, Wildschwein oder Waschbär: Viele Wildtiere verbreiten sich in Städten und Dörfern. Durchgenagte Kabel an Autos, geplünderte Mülltonnen oder Schäden an Häusern ärgern jedoch viele Bürger. Bisher ist die Jagd in bebauten Gebieten verboten, nur in Notfällen erlassen Behörden Ausnahmen. Nun dürfen Gemeinden Stadtjäger berufen. Diese sollen nur Tiere erlegen, wenn es keine anderen Möglichkeiten gibt. Vorher sollen sie Tipps geben – etwa dazu, wie man Tiere vom Haus fernhält. Das Land lässt nur zu, wer neben einem Jagdschein eine entsprechende Weiterbildung vorweist. Stefan Hitzler, Chef des Landestierschutzverbandes warnt: „Es steht zu befürchten, dass mit dem Amt der Stadtjäger Wildtiere jetzt auch im Siedlungsbereich weniger geduldet und mehr beseitigt werden.“Statt sie zu jagen, solle man Bürger aufklären und für ein besseres Miteinader von Mensch und Tier werben.
Schonzeiten
Zwei Monate im Jahr haben alle
Wildtiere Ruhe vor Jägern, nämlich wenn sie ihre Jungen aufziehen. Diese Schonzeit verlegt die Regierung zwei Wochen nach vorne, sie gilt jetzt ab Mitte Februar bis Mitte April. Agrarminister Hauk (CDU) und die Grünen begründen dies mit der Klimaerwärmung. Die Tiere finden früher im Jahr mehr Nahrung, die Lebensbedingungen sind durch höhere Temperaturen besser. Aktuelle Analysen zeigten, dass Rehkitze heute deutlich früher zur Welt kämen als noch vor 30 Jahren. „Das gilt auch für andere Tierarten, beispielsweise für Wasservögel, den Feldhasen und die Graugans“, erklärt Hauk. Wer Geburt und Aufzucht schützen will, müsse also die Schonzeit vorverlegen. Jäger sowie AfD, SPD und FDP protestieren: Räuber wie Füchse oder Waschbären ließen sich bei kalter Witterung besser jagen. Wenn dann bereits ein Jagdverbot gelte, könnten sich diese Tiere besser ausbreiten. Das schade Singvögeln und bedrohten Tierarten – etwa dem Auerhuhn. Außerdem schreibt die EU vor, die Ausbreitung nicht heimischer Tiere zu stoppen. Dazu gehören Waschbären oder Nutria. Agrarminister Hauk kann jedoch in begründeten Ausnahmen die Schonzeit aussetzen. Im Herbst will Hauk diese neuen Jagdzeiten bekannt geben. Tierschützer fürchten, der Minister werde durch die Hintertür Schonzeiten massiv einschränken. Zudem sei keineswegs wissenschaftlich erwiesen, dass die Aufzucht durch den Klimawandel früher beginne und ende.
Ausgleich von Wildschäden auf Feldern
Wenn Wildschweine auf der Suche nach Larven durch eine Weide pflügen, verursachen sie zum Teil Schäden von mehreren Tausend Euro. Ersetzen muss diese der Jagdpächter. Der Jäger hat außerdem die Pflicht, ausreichend viele Rehe oder Wildschweine zu erlegen, damit der Bestand nicht zu groß wird. Die Landwirte wiederum müssen Vorkehrungen treffen, um Wildschäden zu vermeiden – zum Beispiel, in dem sie zehn Meter breite Schneisen zum Waldrand lassen. „Wenn der Mais bis zur Baumwurzel wächst, sieht der Jäger die Tiere nicht, bevor sie aus dem Feld zurück in den Wald laufen“, erklärt Erhard Jauch vom Landesjagdverband (LJV). Seit 2015 sollten sich Jäger und Bauern weitgehend selbst einigen. Bauern konnten einen Gutachter beauftragen. Doch weil die Landwirte diesen bezahlten, galten die Expertisen als parteiisch. Oft mussten Gerichte entscheiden. Nun sind die Gemeinden wie bereits vor 2015 stärker mit im Boot. Gibt es Streit, benennen sie den Gutachter und organisieren einen Ortstermin. Außerdem legt das Gesetz Pflichten der Landwirte zum Schutz vor Wildschäden fest. Michael Nödl, Justiziar des badischen Bauernverbands, begrüßt die Änderungen: „Ziel muss es sein, dass Jäger und Landwirte miteinander reden, bevor Schäden entstehen und schauen, wie sie sich vermeiden lassen.“Dem trage das Verfahren jetzt Rechnung. Die Jäger stört aber eines: Sie müssen weiter nachweisen, dass ein Landwirt nicht ausreichend dafür getan hat, um Wildschäden zu verhindern. AfD, FDP und Jäger werfen Minister Hauk in diesem Punkt Wortbruch vor. Er habe eine andere Regel zugesagt, diese aber nicht umgesetzt. Das Ergebnis sei unausgewogen, so der FDPAbgeordnete Klaus Hoher: „Ein gerechter Interessenausgleich sieht anders aus.“
Mehr Munition in Waffen
Dem Wald im Land geht es schlecht. Deswegen müssen aus Sicht von Grünen und CDU die Jäger zu seinem Schutz beitragen – und ausreichend Wild erlegen. Denn Rehe, Hirsche und andere Tiere fressen junge Schößlinge. Grünen-Forstexperte Reinhold Pix: „Von Dürre, Sturm und Borkenkäfern zerstörte Wälder lassen sich nur neu begründen, wenn flächendeckend die Wildbestände nicht so hoch sind. Hier ist echte waidmännische Kompetenz gefragt.“Deshalb sind nun in einem Gewehrmagazin fünf statt bisher drei Patronen erlaubt. „Wer fünf statt drei Schuss hat, trifft nicht unbedingt besser“, kritisiert LJV-Chef Jauch. Es steige die Gefahr von Fehlschüssen, die Tiere nicht töteten und ihnen Qualen bescherten. Der SPD-Politiker Reinhold Gall kritisiert besonders die Grünen scharf. Ihr Klientel solle wissen, was beschlossen wurde, „nämlich die halbautomatischen Waffen aufzumunitionieren.“