Lucha kritisiert die Stuttgarter Polizei
Südwest-Minister gegen Herkunftsabfrage nach Krawallen – Rückendeckung aus Berlin
- Baden-Württembergs Integrationsminister Manfred Lucha (Grüne) hat kein Verständnis für das Vorgehen der Polizei nach der Stuttgarter Krawallnacht Ende Juni. Diese hatte in elf Fällen abgefragt, ob Eltern von Verdächtigen deutsche Staatsbürger sind. Es sei zwar wichtig, das soziale Umfeld zu beleuchten, um möglichst viel über Motive, familiäre Situation, Vorstrafen oder die schulische Situation von Straftätern zu erfahren, so Lucha. „Allerdings erschließt sich mir auf den ersten Blick nicht, warum bei Straftätern mit deutschem Pass die Staatsangehörigkeit ihrer Vorfahren bei den Standesämtern abgefragt werden soll. Vor dem Gesetz sind alle gleich. Da hilft es nicht weiter, zu erfahren, ob ein jugendlicher Straftäter einen deutschen Vater oder eine im Ausland geborene Mutter hat“, sagte Lucha der „Schwäbischen Zeitung“. Rückendeckung für ihr Vorgehen erhielt die Polizei hingegen vom Bundesinnenministerium in Berlin.
Stuttgarts Polizei hat die Daten nach eigenen Angaben in elf Fällen von Standesämtern angefordert. Stefan
Brink, Baden-Württembergs Datenschutzbeauftragter, bezweifelt, dass das rechtmäßig war. „Wir haben den Stuttgarter Polizeipräsidenten gebeten, uns zu erklären, was er genau vor hat und zu welchem Zweck er die entsprechenden Daten abfragt“, sagte Brink der „Schwäbischen Zeitung“. „Ich würde gerne wissen, in welchem Kontext die Staatsangehörigkeit der Eltern von Verdächtigen eine Rolle spielen soll – also welchen Bezug sie zur möglichen Straftat hat. Den kann ich bei den zur Diskussion stehenden Fällen in Stuttgart auf Anhieb erst einmal nicht erkennen.“Auch Migrantenorganisationen kritisierten die Polizei.
Rückhalt kam aus Berlin. Es sei ein „polizeiliches Standardvorgehen“, dass auch das Umfeld von Tätern miteinbezogen werde, sagte Steve Alter, Sprecher des Bundesinnenministeriums. Das schließe „selbstverständlich auch die Eltern mit ein“sowie den „Aspekt des Migrationshintergrunds“. Generell rechtfertigte das Innenministerium das Vorgehen. Dies sei angemessen, wenn es der Verhinderung erneuter Gewaltexzesse diene und Hinweise für Präventionskonzepte liefere.