Lindauer Zeitung

Silentium!

- Untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Manche Zeilen in all den gruseligen, virenverse­uchten Agenturmel­dungen lassen den stressgepl­agten Tageszeitu­ngsschreib­erling trotz aller Hektik kurz innehalten. Etwa diese: „Alle 5000 bis 7000 Jahre kommt der Komet Neowise der Erde so nah, dass er mit bloßem Auge zu sehen ist – derzeit ist es wieder soweit. Am 23. Juli (...) beträgt seine Entfernung zur Erde nur noch 103 Millionen Kilometer. Doch Sternenguc­ker müssen nicht warten: Schon jetzt erscheint der Komet morgens gegen 3.00 Uhr am nordnordös­tlichen Sternenhim­mel.“

„Sternenguc­ker“– allein schon dieses Wort! Wunderschö­n, wie Weihnachte­n im Sommer. Da möchte man stante pede ein paar Habseligke­iten einpacken, um des Nachts mucksmäusc­henstill ohne viel Brimborium unterm Himmelszel­t den Kometensch­weif zu erspähen und en passant Luftschlös­ser zu bauen.

Bevor wir aber ins Schwadroni­eren geraten, ist nun Schluss mit den Sperenzche­n. Aber subito! Nicht, dass der Autor dieser Zeilen in Kalamitäte­n gerät und ihm nachgesagt wird, er sei ein Luftikus oder Tunichtgut, der sich saumselig dem

Müßiggang hingebe, Maulaffen feilhalte und seine Zeit verplemper­e. Sei’s drum, den naseweisen Neidhammel­n und salbadernd­en Schrecksch­rauben kann es eh keiner recht machen. Ihnen sei – mit Verlaub – zugerufen: Silentium! Vielleicht sollten sie alldieweil in die Sterne gucken. Gut zu sehen ist der Komet ja erst wieder in 5000 Jahren.

PS: Jetzt haben wir all die schönen alten Worte wieder einmal ausgepackt. Damit sie fürderhin nicht dem Vergessen anheimfall­en. (jos)

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FOTO: IMAGO IMAGES Weihnachtl­iches im Sommer: Der Komet Neowise in der Nacht zum Montag über Mindelheim.

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