14 Nothelfer-Ende kostet 13 Millionen Euro
Laut Vorlage soll Planinsolvenz stattfinden – Rote Zahlen am Häfler Klinikum
- Am 30. September ist endgültig Schluss: Der Medizin-Campus Bodensee (MCB) und die Stadt Friedrichshafen schließen das Weingartener Krankenhaus 14 Nothelfer – komplett und ein Jahr früher als geplant. Geschätzte Kosten hierfür: 13 Millionen Euro. Der Klinikverbund MCB wird sich in Zukunft auf die Krankenhäuser in Friedrichshafen und Tettnang konzentrieren, deren wirtschaftliche Entwicklung weiter Sorgen bereitet. Das geht aus einer Sitzungsvorlage für den Friedrichshafener Gemeinderates hervor, die der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt. In öffentlicher Sitzung werden sich die Häfler Räte am kommenden Mittwoch, 22. Juli, mit dem Thema befassen.
Es ist noch gar nicht so lange her, da eilten das Klinikum Friedrichshafen und sein damaliger Geschäftsführer Johannes Weindel von einer positiven Bilanz zur nächsten. Die Zeiten sind vorbei, Weindel beim MCB längst Geschichte. Die Zahlen, die Geschäftsführerin Margita Geiger – seit 1. Januar 2020 im Amt – nun dem Gemeinderat vorlegen muss, sind tiefrot. So steht beim Klinikum Friedrichshafen ein Jahresfehlbetrag von 1,7 Millionen Euro in den Büchern. Rechnet man bereits beschlossene Zuschüsse der ZeppelinStiftung hinzu, beträgt das Minus 6,1 Millionen Euro. In Tettnang beträgt der bereinigte Jahresfehlbetrag 1,6 Millionen Euro. Ausgeglichen werden die Verluste – die Zustimmung des Gemeinderats vorausgesetzt – von der Stiftung.
Auch im laufenden Jahr brauchen die Häuser Geld von der Stiftung. Laut der Sitzungsvorlage sind für Friedrichshafen ein Betriebskostenzuschuss von 4,4 Millionen Euro und ein Investitionskostenzuschuss von maximal 5,6 Millionen Euro vorgesehen. In Tettnang sind 592 000 Euro für den laufenden Betrieb und bis zu 400 000 Euro für Neuanschaffungen geplant.
Ein wichtiger Grund für die negativen Zahlen sind hohe Personalkosten. So hat allein das Klinikum Friedrichshafen im vergangenen Jahr 3,6 Millionen Euro für „Fremdpersonal“ ausgegeben, also Leiharbeiter und Freelancer in Pflege und Medizin, weil es nicht gelungen ist, in ausreichender Zahl Festkräfte zu gewinnen. Im Jahr 2018 waren es „nur“1,5 Millionen Euro.
Sind die Aussichten für Tettnang und Friedrichshafen alles andere als rosig, sieht die Sitzungsvorlage für 14 Nothelfer in Weingarten schwarz – und zwar schon zum 30. September 2020. Dann soll der akutstationäre Krankenhausbetrieb endgültig eingestellt werden. MCB und Stadtverwaltung wollen das laut Sitzungsvorlage im Zuge einer sogenannten Planinsolvenz vollziehen. Sie zielt darauf ab, sich schnell mit Gläubigern und Geschäftspartnern auf dem Verhandlungswege zu einigen und beschränkt ich auf das vorhandene Vermögen der Krankenhaus 14 Nothelfer GmbH. Dieser Weg würde den MCB laut Sitzungsvorlage wohl rund 13 Millionen Euro kosten. Bei einer planmäßigen Schließung mit Einstellung des Geschäftsbetriebs müsse man dagegen unter dem Strich mit Kosten von 22,5 Millionen Euro rechnen, die Stadt als Hauptgesellschafter müsste die Übernahme aller Kosten zusagen.
Bei der Planinsolvenz dürften Banken, niedergelassene Ärzte oder Lieferanten Geld verlieren. Dass dadurch „ein Reputationsschaden“entstehen könne, vermerkt die Sitzungsvorlage ausdrücklich. Die Verwaltung empfiehlt die Planinsolvenz trotzdem, weil sie die wirtschaftlichen, rechtlichen und finanziellen Risiken begrenze. Alles in allem dürfte der Einstieg des MCB in Weingarten nach Einschätzung von Kennern der Materie um die 40 Millionen Euro gekostet haben.
Trotz vieler Investitionen und Strukturveränderungen ist es dem
MCB seit der Übernahme des 14 Nothelfer im Jahr 2013 nicht gelungen, die gewünschten Synergien zwischen den Kliniken in Friedrichshafen, Weingarten und Tettnang zu heben. Deshalb zog Friedrichshafen die Notbremse und und schloss zum Jahresende 2019 alle wichtigen Abteilungen in Weingarten. Mit Verwaltung, Küchen- und Putzpersonal blieben 220 von zuvor 360 Mitarbeitern im Haus. Doch auch diese wurden am 23. März coronabedingt nach Friedrichshafen und Tettnang abgezogen – und werden nun auch nicht mehr zurückkehren. Die Zusage des MCB, allen Mitarbeitern aus Weingarten eine Stelle in Friedrichshafen oder Tettnang anzubieten, steht unverändert.
Für die Abwicklung des ehemals städtischen Weingartener Krankenhauses soll ein Sanierungsgeschäftsführer bestellt werden: laut Sitzungsvorlage
der Berliner Rechtsanwalt Christian Köhler-Ma. „Mit diesem ,Vergangenheitsthema Krankenhaus 14 Nothelfer GmbH’ soll sich dabei organisatorisch/funktional die Klinikum Friedrichshafen GmbH sowohl in der Geschäftsführung als auch in der Organisation so wenig als möglich belasten“, steht an anderer Stelle in der Sitzungsvorlage.
Wie es mit dem KrankenhausAreal an der Waldseer Straße in Weingarten weitergeht, ist völlig unklar. Es ist vorgesehen, dass sich die Geschäftsführung zeitnah mit der Weingartener Stadtverwaltung zusammensetzt und ein Nutzungskonzept erarbeitet. Die Vorlage nennt als mögliche Ideen Tagespflege- oder Kurzzeitpflegeeinrichtungen. Auch das bundesweite Vorzeigeprojekt, die geriatrische Notfallversorgung (Gerinove), die vom Bund gefördert wird, könnte ausgebaut werden.