Ein Titelsammler für den VfB
Friedrichshafener Volleyballer verpflichten Ex-Europameister und World-League-Sieger Nicolas Marechal
- Wenn Michael Warm auf seinen neuen Königstransfer angesprochen wird, muss er kurz schmunzeln. „Wir haben, ehrlich gesagt, etwas spekuliert – und wurden jetzt für unsere Geduld belohnt“, verrät der Trainer des Volleyball-Bundesligisten VfB Friedrichshafen. Seit Dienstag steht fest: Nicolas Marechal komplettiert den Außenangriff der Häfler. Der französische Europameister und World-League-Sieger unterschreibt für ein Jahr beim Rekordmeister vom Bodensee. „Letztes Jahr hätten wir sicher keine Chance auf eine Verpflichtung gehabt“, sagt Warm und berichtet von einem „verrückt gewordenen Transfermarkt“, auf dem sich durch die Corona-Pandemie die sonst üblichen Marktwerte rasant verändert hätten. Auch kämen Topspieler auf den Markt, die sonst nur schwierig zu bekommen seien.
Zur Kategorie Topspieler zählt mit Sicherheit auch Nicolas Marechal. Der Franzose stand schon in Frankreich, Italien, Russland, der Türkei und in Polen unter Vertrag und wechselt von Asseco Resovia Rzeszow nach Friedrichshafen. Der 33-Jährige sammelte Titel wie andere Briefmarken. In Frankreich, Italien, Polen, Russland und mit der französischen Nationalmannschaft. Unter anderem war er mit Frankreich Europameister und World-League-Sieger. Mit Skra Belchatow holte er den polnischen Pokal. Auch in Friedrichshafen hat er Großes vor: Marechal möchte mit dem VfB „wieder ganz nach oben“.
Seine Aufgabe ist dabei klar vorgegeben. Der Franzose, dessen Nachnahme schon so viel bedeutet wie „Marschall“, soll Anführer und vor allem den jungen Mitspielern ein Vorbild sein. Vor allem der erst 17-jährige Ben-Simon Bonin auf der gleichen Position „braucht einen erfahrenen Nebenmann“, sagt Michael Warm.
„Ich denke, dass wir eine spannende Mannschaft mit der richtigen Mischung aus hungrigen, jungen und erfahrenen Spielern haben.“Noch wollen die Friedrichshafener einen weiteren Mittelblocker und Libero holen, mit der Verpflichtung von Marechal wurde aber jetzt ein wichtiger Baustein für die kommende Saison gelegt.
Der Franzose ist mit 33 Jahren im besten Volleyballeralter, trotzdem will er nicht „erfahren“genannt werden. „Das hört sich so alt an und in meiner Welt bin ich noch sehr jung“, sagt er. Und zumindest auf seinen Social-Media-Accounts kann man sehen, was er meint. Mal spielt er Fußball mit seinem kleinen Sohn, mal wirft er Gegenstände aus großer Entfernung in Bierkrüge. Gerne auch mit seinem Fast-Nachbarn, Freund und Ex-Häfler Batiste Geiler. „Wir haben natürlich auch über den VfB gesprochen“, erzählt Marechal. „Und Batiste hat nur Gutes erzählt.“Genau so wie Jenia Grebennikov und Benjamin Toniutti. Beides Franzosen, die ebenfalls schon das Häfler Trikot auf den Schultern trugen.
2015 gewannen Geiler und Grebennikov in Friedrichshafen das Double. Toniutti wurde mit dem VfB Meister. Nicolas Marechal könnte sich sehr gut vorstellen, diese französische Siegesserie fortzusetzen. „Ich bin keiner, der nur irgendwohin geht und das Geld kassiert“, sagt er über seine Motivation. „Ich bin ehrgeizig – vielleicht manchmal zu sehr – aber ich möchte schon zumindest versuchen, Berlin ein wenig zu ärgern.“
Geschäftsführer Thilo Späth-Westerholt hat nie gegen seine Neuverpflichtung auf dem Feld gestanden. Um so mehr freut er sich, dass er nach zahlreichen Gesprächen Marechal für den VfB gewinnen konnte. „Dieser Spielertyp wird für uns eine große Bereicherung sein“, sagt er über seinen Transfercoup. „Und zwar in allen Elementen.“