Heil fordert neuen Mindestlohn
(dpa) - Millionen Menschen in Deutschland werden in den kommenden Jahren von Steigerungen des Mindestlohns profitieren. Der wirksamste der bereits vereinbarten Erhöhungsschritte greift allerdings erst im Juli 2022. Dann soll die Lohnuntergrenze von jetzt 9,35 Euro auf 10,45 Euro pro Stunde steigen. Eine weitere kräftige Erhöhung auf zwölf Euro will Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) danach rasch erreichen. Um die auch politisch zum Symbol gewordene Marke von zwölf Euro zu schaffen, will Heil der Mindestlohnkommission neue Vorgaben machen.
Die Kommission hatte Ende Juni eine Anhebung in vier Stufen bis Mitte 2022 empfohlen – zunächst Anfang 2021 auf 9,50 Euro, Mitte 2021 auf 9,60 Euro und Anfang 2022 auf 9,82 Euro. In dem Gremium stimmen Spitzenvertreter der Arbeitgeber und der Gewerkschaften über die Mindestlohn-Höhe ab. Die Regierung übernimmt den Vorschlag in der Regel. Nach der Sommerpause will der Minister Vorschläge zur Weiterentwicklung des Mindestlohns und zur Stärkung der Tarifbindung machen.
- Wann lässt sich eine einfache geometrische Form als Marke schützen? Diese Frage beschäftigt immer wieder die Juristen. Am Donnerstag hat der Bundesgerichtshof (BGH) hier ein lange erwartetes Urteil gesprochen. Konkurrent Milka hatte gegen die Marke Ritter Sport aus dem schwäbischen Waldenbuch geklagt und den Markenschutz für die quadratische Form infrage gestellt. Der Rechtsstreit hatte sich bereits über Jahre gezogen.
Jetzt hat der BGH entschieden: Andere Schokoladen, außer Ritter Sport, dürfen nicht im Quadrat angeboten werden. „Wir freuen uns natürlich riesig über die Entscheidung, vor allem auch, weil jetzt nach zehn Jahren endlich ein Schlussstrich darunter gezogen werden kann“, sagt Ritter-Sport-Chef Andreas Ronken der „Schwäbischen Zeitung“am Donnerstag. Für das Familienunternehmen habe die quadratische Form einen sehr hohen Stellenwert. Schließlich nutze man sie seit 1932 als Erkennungsmerkmal. Damals wurde das Schokoladenquadrat unter dem Namen „Ritter’s Sport Schokolade“erfunden. Gründerin Clara Ritter wollte eine quadratische Schokoladentafel produzieren, die in jede Sportjacketttasche passt.
Dass das Quadrat überhaupt zur Marke wird, ist normalerweise nicht üblich. Während die Eintragung von Marken einfach ist, wenn es sich um eindeutige Namen wie Nivea oder Langenscheidt handelt, wird es bei allgemeinen Formen und Farben schwierig, die gerade Traditionshersteller oft ebenfalls schützen lassen wollen. Zwar ist auch die Ballform von Ferrero Rocher oder die Pyramidenform von Toblerone für Schokolade geschützt, doch Kugel und Dreieck sollen grundsätzlich Allgemeingut bleiben.
Wegen dieser Unklarheit macht die Konkurrenz regelmäßig Ärger. Viel Angriffsfläche bieten nicht nur einfache Formen, sondern auch Grundfarben wie Blau, Gelb oder Rot. So klagte der Konsumgüterhersteller Unilever gegen Blau als Farbmarke für Nivea. Erst nach langem Hin- und Her bestätigte der BGH im vergangenen November den Schutz des Blaus für die bekannte Körpercreme. Übrigens: Auch das Milka-Lila ist markenrechtlich geschützt.
Es ist nicht selbstverständlich, dass die großen Marken vor Gericht Recht bekommen. Die EU-Markenrechtsrichtlinie von 2015 hat unter Markenherstellern und Juristen einige Verwirrung verbreitet. Michael Knospe, Markenrechtsexperte bei der Kanzlei Simmons & Simmons in München, findet ihre Auswirkungen sogar „befremdlich“. Die Argumentation des Gesetzgebers wechselt hier mehrfach die Richtung. Einerseits sind einfache Formen und Farben
nicht geschützt, weil jeder sie verwenden können sollte.
Doch wenn eine Firma nachweisen kann, dass sie sich bei den Verbrauchern für eine bestimmte Marke und Produktgruppe untrennbar festgesetzt haben, dann gestehen ihr die Gerichte durchaus Schutz zu. Thomas Seeger, Leiter der Abteilung Recht bei Ritter Sport, jedenfalls betont, dass seit 1980 durchgeführte Kundenbefragungen beweisen würden, dass die Verbraucher ein Quadrat mit Ritter Sport assoziieren. „Vier von fünf Verbrauchern, denen man eine weiß verpackte quadratische Tafel ohne jeglichen Aufdruck vorlegt, sagen, dass es eine Tafel Ritter Sport ist.“
Doch im Gesetz gibt es auch dazu eine entscheidende Einschränkung – und die ist wiederum zweigeteilt. Wenn eine bestimmte Form bei einem Produkt zu häufig und alltäglich ist, lässt sie sich nicht mehr als Marke schützen. Der Versuch, länglichrechteckige Schokoladentafeln zu schützen, würde deshalb scheitern. Schließlich wird fast alle Schokolade in Tafeln gegossen.
Doch die Form darf auch nicht zu auffällig und speziell sein. Dann fällt sie nicht unter das Markenrecht, sondern unter den Schutz von Designs oder den Patentschutz für besondere Funktionen. Wenn also der „wesentliche Wert“des Produkts nur in der Form besteht, lässt es sich ebenfalls nicht schützen. „Die Markenhersteller müssen also einen Mittelweg suchen“, sagt Knospe. „Die Form des Produkts darf nicht zu simpel sein, um Schutz zu genießen, sie darf aber auch nicht so aufwendig gestaltet sein, dass sie ihm seinen wesentlichen Wert verleiht.“
Hier liegt für Ritter Sport das Problem. Die Quadratform ist ein wenig von beidem. Sie ist so simpel, dass sie für Schokolade fast banal ist. Sie ist aber auch so praktisch, dass die Kunden sie vermutlich gerade deshalb kaufen.
Der amerikanische Konzern hinter Milka, Mondelez International, hat nach und nach beide Angriffswege auf die Form versucht. In einem früheren Rechtsstreit hat er Ritter Sport mit dem Argument angegriffen, alle Schokolade sei rechteckig und ein Quadrat sei auch nur ein Rechteck. Diesmal hat er das Gegenteil behauptet: Die Form sei für die
Kunden ausschlaggebend und könne daher nicht geschützt werden.
„Das ist völliger Quatsch“, sagt Seeger von Ritter Sport. „Wenn ich Pfefferminz nicht mag, dann esse ich sie nicht, egal welche Form sie hat. Natürlich liegt der Wert der Schokolade in den Zutaten, im Geschmack, es ist ein Genussprodukt.“Der Argumentation Ritter Sports gab der BGH nun recht und schmetterte beide Angriffspunkte von Milka in letzter Instanz ab. Für Ritter Sport bedeutet das Ergebnis des Rechtsstreits eine Genugtuung auf der einen Seite, aber auch einen hohen finanziellen Aufwand. „Finanziell waren das für uns Verfahrenskosten sicherlich in sechsstelliger Höhe“, sagt Seeger.
Mondelez gab sich angesichts des Urteils zurückhaltend. Eine Sprecherin sagte, Mondelez halte das Quadrat für „eine universelle und übliche Form, die von Herstellern als Verpackungsform für diverse im Markt erhältliche Lebensmittel und Süßwaren verwendet wird“. „Uns war es deshalb wichtig, Rechtssicherheit darüber zu erhalten, ob und unter welchen Voraussetzungen Unternehmen quadratische Produkte auf den Markt bringen und verkaufen dürfen.“
Ob die Quadratfrage damit ganz vom Tisch ist, bezweifelt Markenrechtsexperte Michael Knospe. Das Urteil enthalte praktisch eine „Anleitung für künftige, erfolgreichere Klagen“gegen den Schutz der Quadratform. Die Richter hätten nur geurteilt, ihnen lägen „keine Anhaltspunkte“dafür vor, dass in der Quadratform der besondere Wert der Schokolade bestehe. Doch sie hätten gar nicht erst nach Anhaltspunkten dafür gesucht. Stattdessen hätten sie sich auf eine frühere Einschätzung des Bundespatentgerichts gestützt.
Andere Hersteller, beispielsweise Nestlé, könnten diese Lage nutzen. Sie könnten nachweisen, dass die Kunden gezielt zu Ritter Sport greifen, weil die Tafeln quadratisch sind und ihnen das einen konkreten Vorteil bietet. Mit entsprechenden Umfrageergebnissen bewaffnet, könnte Nestlé erneut eine Löschung der Formmarke beantragen.
Für Ritter Sport würde es dann erhebliche Auswirkungen haben, den Schutz der eingetragenen Marke in Quadratform zu verlieren, glaubt Knospe. Auch Discounter wie Aldi und Lidl könnten dann quadratische Schokoladentafeln anbieten. Sie würden dann von der lange aufgebauten Markenbekanntheit profitieren. Schließlich gibt es längst zu jedem Nutella ein Nutoka, zu jedem Leibniz Butterkeks einen BiscottoButterkeks als Discount-Gegenstück. Auch jetzt schon spielt oft die Form eine Rolle. Von Trumpf gibt es die Likörpralinen „Edle Tropfen“in einer achteckigen Verpackung, Aldi bietet die Eigenversion „Gute Geister“ebenfalls im Achteck an – unangefochten.