5500 Haushalte sollen Auskunft geben
Lindenberg will von Bürgern wissen, wie viel Miete sie bezahlen – Hintergrund: Gerichtsurteil
- Ludwig Gehring spricht von einer „großen Klatsche, um eine kleine Fliege zu erschlagen“. Die Stadt lässt für 20 000 Euro ein Gutachten über die Nettokaltmieten in Lindenberg erstellen. Für die repräsentative Umfrage wird eine externe Firma im Herbst rund 5500 Haushalte im Stadtgebiet befragen – sowohl Mieter als auch Wohnungseigentümer. Die Teilnahme ist freiwillig. Die Stadt hofft aber, dass möglichst viele Bürger Angaben machen – denn diese Zahlen werden künftig die Grundlage für die Berechnung der Zweitwohnungssteuer sein.
Eine solche Abgabe erhebt die Stadt seit Januar 2006. Berechnet wurde die Zweitwohnungssteuer zuletzt mittels einer vom Finanzamt ermittelten fiktiven Jahresrohmiete. Dieses Vorgehen hat das Bundesverwaltungsgericht im vergangenen Sommer gekippt und entschieden, dass ab dem Jahr 2020 die Nettokaltmiete als Bemessungsgröße heranzuziehen ist.
Weil es in Lindenberg aber keinen Mietspiegel gibt, muss die Stadt die dafür notwendigen Daten nun erfassen. Bei Zweitwohnungen, die jemand angemietet hat, kann sie das über den Mietvertrag tun. Bei den Wohnungen, die der Eigentümer selbst nutzt, gibt es keine festgelegte Nettokaltmiete. In diesen Fällen ist deren Höhe zu schätzen – und zwar anhand der Summe, die für Räume gleicher Art, gleicher Lage und Ausstattung gezahlt werden.
Damit diese Schätzung rechtssicher ist, benötigt die Stadt ein Gutachten. Der Stadtrat hat gegen die Stimmen von Ludwig Gehring und Jutta Frach beschlossen, ein solches in Auftrag zu geben. Anhand der Grundsteuerdatei und der Einwohnermeldedaten sollen rund 5500 Haushalte zufällig ausgewählt werden. Bei der freiwilligen Umfrage sollen sie unter anderem Angaben zum Mietverhältnis, zur Höhe
der Miete sowie zur Lage, Größe und Ausstattung der Wohnung machen. Die Erhebung soll zwischen Oktober 2020 und September 2021 erfolgen. Die Stadt verspricht, dass bei der einmaligen Befragung die Vorgaben des Datenschutzgesetzes eingehalten werden. Die Angaben werden demnach anonym gespeichert.
In Lindenberg sind derzeit 340 Zweitwohnsitze gemeldet. Allerdings müssen nur 50 davon Steuern bezahlen. Denn Studenten und Berufspendler werden laut Stadtkämmerin Birgitt Richter von der Stadt nicht zur Kasse gebeten. Die Einnahmen belaufen sich dennoch auf rund 30 000 Euro pro Jahr.
„Der Aufwand ist hoch“, meinte SPD-Sprecher Helmut Wiedemann. Auch Bürgermeister Eric Ballerstedt sieht darin „ein ordentliches Stück Bürokratie“. Dennoch müsse man diese Kröte schlucken. Er stellte klar: „An der Zweitwohnungssteuer
Bürgermeister Eric Ballerstedt
führt kein Weg vorbei. Es liegt nicht im Interesse einer Kommune, möglichst viele Zweitwohnungen zu haben.“Die 20 000 Euro seien viel Geld, die Sache sei es aber letztlich wert.
Auch Michael Wegscheider (SPD) sieht die Zweitwohnungssteuer als eine „Abwehrsteuer“. Er wollte dennoch wissen, wie hoch denn im Vergleich zu den Einnahmen der Personal- und Sachaufwand in der Verwaltung ist. „Es wird vermutlich gerade kostendeckend sein“, glaubt er. Hier widersprach ihm die Kämmerin: „Der Personalaufwand liegt unter dem, was wir an Einnahmen haben.“
Florian Weber von den Freien Wählern wollte wissen, wieso die Stadt nicht gleich einen Mietspiegel erstellen lässt. Das habe zwei Gründe, sagte Richter: Zum einen müsse man diesen laufend fortschreiben – zum anderen sei es erfahrungsgemäß so, dass in einer Stadt die Mieten recht schnell spürbar steigen, sobald Vermieter auf Vergleichszahlen schauen können. Das wolle man vermeiden.
„An der Zweitwohnungssteuer führt kein Weg vorbei.“