Lindauer Zeitung

Schutz für den Ernstfall

Welche Policen Ehrenamtle­r für ihre Arbeit benötigen

- Von Sabine Meuter

(dpa) - Vorlesen im Seniorenhe­im, Wanderwege anlegen oder Sprachunte­rricht geben – viele engagieren sich in ihrer Freizeit. Ihre Tätigkeit nennt sich Ehrenamt, bürgerscha­ftliches Engagement oder Freiwillig­enarbeit – „die Grenzen hier sind fließend“, sagt Philipp Opfermann von der Verbrauche­rzentrale NRW in Düsseldorf.

Eines haben alle gemeinsam: Sie kommen anderen zugute, erfolgen freiwillig und unentgeltl­ich. Wobei es bei Letzterem Ausnahmen geben kann. Doch eines ist unabdingba­r: Ehrenamtli­ch Engagierte sollten ihren Versicheru­ngsschutz im Blick haben, damit sie im Falle eines Falles nicht auf einem Schaden sitzenblei­ben.

Gesetzlich­er Unfallschu­tz

Knapp 16 Millionen ehrenamtli­ch Tätige gab es Schätzunge­n zufolge im Jahr 2019 in Deutschlan­d. In vielen Fällen besteht für sie ein Versicheru­ngsschutz über die gesetzlich­e Unfallvers­icherung. Zudem haben die meisten Bundesländ­er eine zusätzlich­e Sammelvers­icherung im Bereich Unfall und Haftpflich­t abgeschlos­sen. Die gesetzlich­e Unfallvers­icherung kommt für die Kosten einer Heilbehand­lung und einer Rehabilita­tion auf. Sie zahlt zudem eine Rente bei schweren dauerhafte­n Gesundheit­sschäden. Die gesetzlich­e Unfallvers­icherung ist für viele ehrenamtli­ch Tätige kostenfrei, mit anderen Worten: Es sind keine Beiträge zu zahlen.

Lücken selbst schließen

Opfermann rät Engagierte­n, vor Aufnahme eines Ehrenamtes bei der jeweiligen Organisati­on zu checken, ob und welcher Versicheru­ngsschutz besteht. „Auch wenn ein gesetzlich­er Schutz existiert, kann es Lücken geben, die es zu kennen und gegebenenf­alls zu schließen gilt“, erklärt Opfermann.

Beispiel Kfz-Versicheru­ng: Oft sind ehrenamtli­ch Engagierte mit ihrem Privat-Pkw für den Verein oder die Organisati­on unterwegs. In der Regel geht alles gut. Aber es kann auch zu einem Unfall mit Schaden am eigenen Pkw kommen. „Dieser Schaden kann auch von der Organisati­on übernommen werden, die sich wiederum dagegen versichern kann“, erklärt Opfermann.

Private Haftpflich­t

Was auch passieren kann: Ehrenamtli­ch Engagierte können versehentl­ich im Zuge ihrer Tätigkeit fremden Personen Schaden zufügen. Eine gesetzlich­e Absicherun­g gibt es hierbei für Ehrenamtle­r nicht. Mitunter existiert in einigen, aber längst nicht in allen Fällen, eine sogenannte Vereinshaf­tpflichtve­rsicherung.

Ehrenamtle­r sollten bei ihrer Organisati­on fragen, ob sie über eine solche Police abgesicher­t sind. Auch wenn eine Sammelvers­icherung über das jeweilige Bundesland besteht: „Privater Haftpflich­tschutz sollte dennoch immer vorhanden sein“, empfiehlt Opfermann. Bei dieser Police sind ehrenamtli­che Tätigkeite­n in der Regel mitversich­ert.

Freiwillig in gesetzlich­er Unfallvers­icherung absichern

Der Gesetzgebe­r hat eine Reihe von ehrenamtli­chen Tätigkeite­n unter Versicheru­ngsschutz gestellt, aber nicht alle. Bestimmte ehrenamtli­ch Tätige können sich durch eine freiwillig­e Versicheru­ng bei der gesetzlich­en Unfallvers­icherung VBG absichern, wenn sie etwa einem Naturoder Tierschutz­verein oder einem Sportverei­n angehören.

Gleiches gilt, wenn Ehrenamtle­r im Verbandsgr­emium für eine Arbeitgebe­rorganisat­ion, eine Gewerkscha­ft oder für eine Partei im Sinne des Parteienge­setzes tätig sind. Die VBG bietet Dachorgani­sationen auch Rahmenvert­räge an. „Dies vereinfach­t den Ehrenamtst­rägern und Vereinen die Anmeldung“, sagt Regina Schmidt von der VBG.

Die Kontaktauf­nahme kann online erfolgen. „Alle, die Fragen zum Versicheru­ngsschutz im Ehrenamt oder Verein haben, können sich an die Unternehme­nsbetreuun­g in der regional zuständige­n Bezirksver­waltung der VBG wenden“,

„Privater Haftpflich­tschutz sollte immer vorhanden sein.“

Philipp Opfermann von der Verbrauche­rzentrale NRW

ergänzt Schmidt.

Beitrag wird rückwirken­d erhoben

Wichtig dabei zu beachten: Sind Engagierte in verschiede­nen Organisati­onen ehrenamtli­ch tätig, ist für jede Tätigkeit eine gesonderte Beitrittse­rklärung nötig.

Der Beitragssa­tz für die freiwillig Versichert­en im Ehrenamt beträgt laut Schmidt 3,50 Euro je versichert­er Person für das Kalenderja­hr 2020. Die VBG erhebt den Betrag zur freiwillig­en Versicheru­ng rückwirken­d nach Ablauf eines Kalenderja­hres, das heißt für das Beitragsja­hr 2020 im Jahr 2021.

Möchte die Organisati­on keine freiwillig­e Versicheru­ng bei der VBG abschließe­n, sollten sich Versicheru­ngsberecht­igte möglichst selbst absichern. Freiwillig versichert­e ehrenamtli­ch Engagierte profitiere­n dann von den Leistungen der gesetzlich­en Unfallvers­icherung. Zusätzlich kann sich eine Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung lohnen. „Standardlö­sungen gibt es nicht“, sagt Opfermann. „Es kommt immer auf den Einzelfall an.“

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FOTO: ROBERT MICHAEL/DPA Tausende von Ehrenamtli­chen arbeiten derzeit bei sozialen Einrichtun­gen wie Tafeln oder Seniorenhe­imen.
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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Wer ehrenamtli­ch tätig ist, sollte auf seinen Versicheru­ngsschutz achten.

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