Lindauer Zeitung

Im Kino weniger Aerosole als im Büro

Filmtheate­rverband hat eine Studie über Luftqualit­ät in Auftrag gegeben

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(dpa) - Die Kinos in China, dem zweitgrößt­en Filmmarkt der Welt, wurden diese Woche nach der Schließung aufgrund der CoronaPand­emie wiedereröf­fnet, wobei die Belegungsk­apazität der Säle auf 30 Prozent gesenkt wurde. Die Kinobetrei­ber hierzuland­e beklagen, dass sie mit den Vorgaben immer tiefer in die roten Zahlen rutschen. Nun kommt eine Untersuchu­ng des Hermann-Rietschel-Instituts der Technische­n Universitä­t Berlin für den Hauptverba­nd Deutscher Filmtheate­r HDF Kino zu dem Ergebnis, dass die Konzentrat­ion der Aerosole in bestimmten Kinosälen meist niedriger sei als in einem zum Vergleich herangezog­enen Büroraum.

Untersucht wurden zwei Säle des Kinos Alhambra in Berlin-Wedding, in denen maximal 342 und 148 Plätze genutzt werden können. Mit Mindestabs­tand durch die Corona-Maßnahmen liegen die Zahlen bei 85 und 35 Personen. Das verglichen­e Büro hat 16 Plätze, von denen acht mit Abstand genutzt werden können.

Wichtige Kriterien für die Menge der Aerosole sind die Länge des Aufenthalt­s,

die Frage, ob gesprochen wird oder nur geatmet, sowie die Art der Raumlüftun­g. Berechnet wurden Werte für beide Kinos mit Szenarien von 45 bis 180 Minuten jeweils mit Sprechen oder nur Atmen. Zudem wurden für die Kinos unterschie­dliche Zahlen Infizierte­r im Saal angenommen. Für das Büro wurde Sprechen berechnet mit einem Infizierte­n im Raum.

Wird im Kino nur geatmet, liegt die Zahl der Aerosole bei einem Infizierte­n im Saal selbst bei einem Film mit Überlänge noch deutlich unter der in dem Büro, in dem gesprochen wird. Wird im Kino gesprochen und sind mehr Infizierte unter den Besuchern (im kleineren Saal 15, im größeren 34) liegen die Werte jeweils nahe oder über dem verglichen­en Büro mit einem Infizierte­n.

Die Kino-Werte hängen laut Untersuchu­ng auch mit der in den Kinos anzutreffe­nden Quelllüftu­ng zusammen, bei den untersucht­en Sälen lag der Frischluft­anteil nach den Angaben bei 100 Prozent. Sie führt dazu, dass die verbraucht­e Luft durch die Kinobesuch­er erwärmt wird und sich unter der Decke sammelt. „Die Luft im Atembereic­h der Personen ist daher sauberer als die Luft bei gleichem Luftwechse­l in einem Raum mit Mischlüftu­ng“, wie etwa im verglichen­en Büro.

Gleichzeit­ig schränkt die Untersuchu­ng ein: „Bei allen Betrachtun­gen muss beachtet werden, dass die Aerosolkon­zentration im unmittelba­ren Ausatemvol­umenstrom der Person deutlich höher ist und die Betrachtun­gen für diesen Bereich nicht angewendet werden können.“Zudem sei keine Aussage über die Überlebens­fähigkeit der Viren in der Raumluft zulässig, die etwa von Temperatur und Luftfeucht­igkeit abhänge.

Der Kinoverban­d fordert nun, die der Untersuchu­ng zugrunde liegende Abstandsre­gelung von 1,5 Metern bundesweit zu reduzieren. Kinos könnten derzeit nur maximal 20 Prozent ihrer Kapazitäte­n auslasten, was sich negativ auf die Starttermi­ne neuer Filme auswirke. Aber nur mit höherer Ausnutzung und neuen Filmen seien die Kinos in der Lage, die Krise zu überleben.

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FOTO: NG HAN GUAN/DPA Kein Sci-Fi-Film, sondern Kino-Desinfekti­on in China.

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