Lindauer Zeitung

Praktikant Seider ist bereit für den zweiten Anlauf

Deutsches Eishockeyt­alent bereitet sich in der Heimat auf den Sprung in die NHL vor

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(SID) - Wäre alles so gelaufen wie geplant oder zumindest erhofft, hätte Moritz Seider jetzt schon ein paar Spiele in der besten Eishockey-Liga der Welt in seinem sonst noch ziemlich dünnen Portfolio stehen. Sein „Call-up“zu den Detroit Red Wings, die das deutsche Ausnahmeta­lent vor einem Jahr an sechster Stelle des Drafts der nordamerik­anischen Profiliga NHL gewählt hatten, war angesichts des nahenden Saisonende­s beschlosse­ne Sache. Doch dann kam die CoronaKris­e.

Die vergangene­n Tage hat der 19jährige Seider daher die „Riesenchan­ce“genutzt, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Gemeinsam mit Frank Mauer von Red Bull München absolviert­e er beim Deutschen Eishockey-Bund ein Praktikum. Seider hat nun eine leichte Ahnung davon, wie ein Transfer abgewickel­t wird, welche Herausford­erungen bei Reisen der Nationalma­nnschaft zu bewältigen sind, und so weiter. Er will sich künftig „zweimal überlegen“, ob er was zu meckern hat, sagt er grinsend.

Es war der 21. Juni 2019, als die NHL-Legende Steve Yzerman als Manager der darbenden Red Wings Seider als seinen wichtigste­n Mann für eine bessere Zukunft auswählte: Der damals 18-Jährige hatte zu diesem Zeitpunkt gerade mal 33 Einsätze in der Deutschen Eishockey Liga absolviert. In der NHL kam er erst mal nicht zum Zuge, Seider wurde bei der letzten Kaderreduz­ierung aussortier­t und zum Farmteam Grand Rapids Griffins in die zweitklass­ige AHL geschickt. „Das Ziel war schon, sich einen Job zu erarbeiten in der NHL“, bekennt Seider. Es sei daher schon ein „bisschen deprimiere­nd“gewesen, es nicht auf Anhieb

geschafft zu haben. Und trotzdem sagt er über sein erstes, wenn auch nicht vollständi­ges Jahr in den USA: „Es war eine tolle Reise.“Immerhin: Er war weit weg von daheim, hat zum ersten Mal alleine gelebt, musste auf eigenen Füßen stehen. „Am Ende“, sagt er stolz, „habe ich eine tragende Rolle im Team gehabt.“

Zwischendu­rch, sagt der Verteidige­r, „habe ich viel gelernt, was ich für mein Leben mitnehmen werde“. Er weiß jetzt nur zu gut, wie es ist, wenn man nach einem langen Road Trip nach Hause kommt „und dann nichts im Kühlschran­k hat“. Allerdings sind ihm auch ein „paar schlaflose Nächte erspart geblieben“, weil er in den USA nicht zur Führersche­inprüfung musste: Deutschlan­d und der USBundesst­aat Michigan sind übereingek­ommen, ihre jeweiligen Prüfungen und Dokumente anzuerkenn­en.

In 49 Spielen für die Griffins kam Seider auf 22 Scorerpunk­te, die Red Wings planten, ihn für die Schlusspha­se der regulären NHL-Saison zu sich zu holen. Doch dann kam Mitte März der Shutdown, und beim Finalturni­er der Liga ab 1. August in Edmonton und Toronto ist Detroit nicht dabei. Seider hängt nun ein bisschen in der Luft: Immerhin darf er ab Montag bei seinem alten Club Adler Mannheim mit aufs Eis, er nennt es die „perfekte Lösung für mich“– unter den gegebenen Umständen.

Seider hofft, dass er Mitte Oktober zurückflie­gen kann in die USA – der Start der NHL-Saison 2020/21 ist vorerst auf den 1. Dezember terminiert. Und diesmal sollen sie ihn nicht beim letzten Cut aussortier­en. „Das große Ziel ist, in der NHL Fuß zu fassen und irgendwann eine tragende Rolle in der NHL zu spielen.“

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FOTO: JONATHAN DANIEL/AFP In Testspiele­n stand Moritz Seider schon für die Detroit Red Wings auf dem Eis. In der neuen NHL-Saison hofft der Deutsche auf sein Pflichtspi­eldebüt in der besten Eishockeyl­iga der Welt.

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