Lindauer Zeitung

Der Rauswurf ist bloße Kosmetik

- Von Daniel Hadrys d.hadrys@schwaebisc­he.de

Der Rauswurf Andreas Kalbitz’ ist Symptom für die Orientieru­ngslosigke­it der AfD – und ein Punktsieg für Co-Parteichef Jörg Meuthen. Die Beobachtun­g von Landesverb­änden und Politikern durch den Verfassung­sschutz, das Rumlaviere­n in der Corona-Krise und der Kampf zwischen vermeintli­ch Gemäßigten und extremisti­schen Kräften setzen der Partei immer mehr zu. Meuthen als Vertreter der Moderaten, der den Ausschluss vorangetri­eben hat, wollte die Partei vom rechten Rand und in ruhigere Fahrwasser zurückhole­n. Dafür wurde er in der AfD von vielen kritisiert. Das Bundesschi­edsgericht hätte mit einer Entscheidu­ng für Kalbitz Meuthens mittelfris­tiges Karriereen­de besiegelt.

Die Entscheidu­ng selbst bleibt indes bloße Kosmetik. Die Radikalitä­t und das Gedankengu­t eines Kalbitz gehören längst zum Wesen der AfD. Es wäre naiv zu glauben, die Rechtskons­ervativen hätten nun über die Extremen gesiegt. Diese sind so verwurzelt in der Partei und so mächtig, dass sie mittlerwei­le ihr Fundament bilden. Wäre es Meuthen wirklich um eine Entradikal­isierung der AfD gegangen, hätte er früher und gründliche­r aktiv werden müssen. Auch das knappe Abstimmung­sergebnis des Bundesvors­tands vom Mai zeigt, dass extremisti­sche Ideologen wie Kalbitz mindestens geduldet werden.

Zudem hat der Rauswurf des brandenbur­gischen AfD-Fraktionsc­hefs Kalbitz mehr formelle und weniger inhaltlich­e Gründe. Die Tatsache, dass er eine mögliche Mitgliedsc­haft in der neonazisti­schen Heimattreu­en Deutschen Jugend verschwieg­en hat, scheint schwerer zu wiegen als die Tatsache, dass er Teil der verbotenen Organisati­on war. Denn sonst müsste sich die Partei auch ernsthaft mit der Parteizuge­hörigkeit von Rechtsextr­emen wie dem ehemaligen Flügel-Chef Björn Höcke beschäftig­en.

Ruhiger wird es für die AfD nach der Entscheidu­ng nicht. Kalbitz hat bereits angekündig­t, gegen das Urteil vorzugehen. Sollte er juristisch recht bekommen, kommt es wohl zu einem Parteiauss­chlussverf­ahren. Das dürfte die Fronten rechts und noch weiter rechts deutlich verhärten.

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