Der Rauswurf ist bloße Kosmetik
Der Rauswurf Andreas Kalbitz’ ist Symptom für die Orientierungslosigkeit der AfD – und ein Punktsieg für Co-Parteichef Jörg Meuthen. Die Beobachtung von Landesverbänden und Politikern durch den Verfassungsschutz, das Rumlavieren in der Corona-Krise und der Kampf zwischen vermeintlich Gemäßigten und extremistischen Kräften setzen der Partei immer mehr zu. Meuthen als Vertreter der Moderaten, der den Ausschluss vorangetrieben hat, wollte die Partei vom rechten Rand und in ruhigere Fahrwasser zurückholen. Dafür wurde er in der AfD von vielen kritisiert. Das Bundesschiedsgericht hätte mit einer Entscheidung für Kalbitz Meuthens mittelfristiges Karriereende besiegelt.
Die Entscheidung selbst bleibt indes bloße Kosmetik. Die Radikalität und das Gedankengut eines Kalbitz gehören längst zum Wesen der AfD. Es wäre naiv zu glauben, die Rechtskonservativen hätten nun über die Extremen gesiegt. Diese sind so verwurzelt in der Partei und so mächtig, dass sie mittlerweile ihr Fundament bilden. Wäre es Meuthen wirklich um eine Entradikalisierung der AfD gegangen, hätte er früher und gründlicher aktiv werden müssen. Auch das knappe Abstimmungsergebnis des Bundesvorstands vom Mai zeigt, dass extremistische Ideologen wie Kalbitz mindestens geduldet werden.
Zudem hat der Rauswurf des brandenburgischen AfD-Fraktionschefs Kalbitz mehr formelle und weniger inhaltliche Gründe. Die Tatsache, dass er eine mögliche Mitgliedschaft in der neonazistischen Heimattreuen Deutschen Jugend verschwiegen hat, scheint schwerer zu wiegen als die Tatsache, dass er Teil der verbotenen Organisation war. Denn sonst müsste sich die Partei auch ernsthaft mit der Parteizugehörigkeit von Rechtsextremen wie dem ehemaligen Flügel-Chef Björn Höcke beschäftigen.
Ruhiger wird es für die AfD nach der Entscheidung nicht. Kalbitz hat bereits angekündigt, gegen das Urteil vorzugehen. Sollte er juristisch recht bekommen, kommt es wohl zu einem Parteiausschlussverfahren. Das dürfte die Fronten rechts und noch weiter rechts deutlich verhärten.