Lindauer Zeitung

Anleger im Goldrausch

Für einen Teil des Vermögens kann das Investment in das Edelmetall eine Alternativ­e sein

- Von Thomas Spengler

- Gold verspricht keine Renditen, etwa durch Dividenden­oder Zinszahlun­gen. Aber Gold gilt als wertbestän­dig – und zwar über Jahrtausen­de hinweg. So war die Kaufkraft des Edelmetall­s im antiken Griechenla­nd oder in Rom in etwa dieselbe wie heute. Eine aufwendig gefertigte Tunika kostete im Römischen Reich 300 nach Christus knapp zwei Aureus Gold, was mit dem Wert eines Maßanzuges von 800 Euro gleichzuse­tzen ist. „Mit dem Erwerb von Gold haben sich die Anleger schon immer auch Sicherheit erkauft“, sagt dazu Matthias Reiter, Experte für Vermögensm­anagement der Kreisspark­asse Ravensburg. Kein Wunder also, dass sich das Edelmetall in Zeiten von Corona einer starken Nachfrage erfreut. Verstärken­d hinzu kommt die herrschend­e Nullzinsph­ase, die Gold keine zusätzlich­en Opportunit­ätskosten beschert. Nach einem rund 23prozenti­gen Anstieg seit Beginn der Pandemie auf 1632 Euro pro Feinunze (31,103 Gramm) liegt der Preis mittlerwei­le auf Rekordnive­au. Und auch in Dollar scheint mit 1893 Dollar das Allzeithoc­h von 1921 Dollar von 2011 in Sichtweite zu kommen.

Ob es sich angesichts der hohen Preise lohnt, heute noch in Gold zu investiere­n? Durchaus, meint Reiter und schlägt für konservati­ve Anleger einen sukzessive­n Einstieg in drei Dritteln vor – die erste Position gleich und weitere zwei Positionen dann alle zwei bis drei Monate. Dafür könne man auch eine kleine Verschnauf­pause der Goldrallye abwarten, mit der die Kreisspark­asse Ravensburg für die Sommerzeit rechnet. Insgesamt aber sieht Reiter keine große Rückschlag­gefahr beim Goldpreis, sondern langfristi­g eher weiter anziehende Kurse. Seine Erwartunge­n begründet der Anlageexpe­rte mit dem Umstand,

dass der Goldpreis trotz eines extremen Nachfrage-Einbruchs seitens der Industrie zu Corona-Zeiten weiter gestiegen ist. Insbesonde­re die Schmuckind­ustrie, die gewerblich­e Industrie sowie die Notenbanke­n hatten deutlich weniger Gold nachgefrag­t als zuvor. Gleichzeit­ig aber stiegen die Goldbestän­de, die auf Verbriefun­gen allein durch das ETC (Exchange Traded Commoditie­s) Xetra Gold zurückgehe­n, zum Halbjahr um 18,5 auf 222 Tonnen.

Ob nun Gold in physischer Form oder als verbriefte Position erworben wird, hängt stark von den Anlegerübe­rlegungen ab. Weder beim Kauf noch beim Verkauf fällt bei beiden Formen Mehrwertst­euer an. In der Regel sind Gewinne nach einer einjährige­n Haltefrist steuerfrei. Natürlich hat für viele ein Goldbarren die Funktion eines „Handschmei­chlers“, wie Reiter sagt. Je nach Anlagesumm­e stehen hier den Kunden Stückelung­en vom EinGramm-Barren bis zu 1000-GrammBarre­n oder Münzen ab einer Zehntel Unze zur Auswahl. Zu beachten ist, dass bei Kauf und Verkauf anfallende Preisaufsc­hläge die Geldanlage in der Regel verteuern. Außerdem gilt: Je kleiner der Barren, desto höher der Preis. Weitere Kosten können durch die Miete eines Schließfac­hs entstehen, die bei 48 bis 70 Euro liegen kann. Eine weitere Option kann eine Schließfac­hversicher­ung sein, die sich auf ein Promille des eingelager­ten Werts beläuft.

Die Alternativ­e zu physischem Gold sind ETCs, die die Möglichkei­t bieten, unkomplizi­ert in Edelmetall­e und Rohstoffe zu investiere­n. Im Unterschie­d zu ETFs (Exchange Traded Funds) bilden ETCs aber kein Sonderverm­ögen, das im Falle einer Insolvenz des Emittenten geschützt ist.

Vielmehr handelt es sich um Schuldvers­chreibunge­n, weshalb der Anleger hier ein Emittenten­risiko trägt. Den bekanntest­en Gold-ETCs Xetra Gold oder Euwax Gold II ist gemein, dass sie zu 100 Prozent durch eingelager­tes Gold gedeckt sind und der Anleger sich das Edelmetall aufs Gramm genau ausliefern lassen kann. Während bei Xetra Gold eine jährliche Verwahrgeb­ühr von 0,3 Prozent netto anfällt, ist dies bei Euwax Gold II nicht der Fall. Die grammgenau­e Lieferung ist teilweise kostenpfli­chtig.

Angesichts des herrschend­en Goldrausch­es sollten sich Anleger immer klarmachen, dass der Preis für das gelbe Metall stark schwanken kann – eben auch nach unten. Schließlic­h können nur dann Gewinne erzielt werden, wenn der Goldpreis steigt und man dann auch verkauft. Vor diesem Hintergrun­d raten Experten immer wieder, fünf, höchstens zehn Prozent des Depotvolum­ens in Gold anzulegen.

 ?? FOTO: DB HERAEUS ?? 1000-Gramm-Goldbarren in den Werkhallen des Edelmetall­konzerns Heraeus in Hanau: „Mit dem Erwerb von Gold haben sich die Anleger schon immer auch Sicherheit erkauft“, sagt Vermögense­xperte Matthias Reiter.
FOTO: DB HERAEUS 1000-Gramm-Goldbarren in den Werkhallen des Edelmetall­konzerns Heraeus in Hanau: „Mit dem Erwerb von Gold haben sich die Anleger schon immer auch Sicherheit erkauft“, sagt Vermögense­xperte Matthias Reiter.
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