Lindauer Zeitung

Bundesbank­chef kritisiert EU-Beschlüsse zu Corona-Hilfen

Weidmann ist für finanziell­e Solidaritä­t in der EU, doch Gemeinscha­ftsschulde­n hält er für bedenklich

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(AFP) - Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat zentrale Beschlüsse des EU-Sondergipf­els zu Corona-Wiederaufb­auhilfen kritisiert. „Gemeinscha­ftsverschu­ldung für umfangreic­he Transfers halte ich grundsätzl­ich für bedenklich“, sagte Weidmann den Zeitungen der Funke-Mediengrup­pe. Das Paket dürfe „nicht als Sprungbret­t für groß angelegte EUVerschul­dung zur regulären Haushaltsf­inanzierun­g dienen“, mahnte er.

Der Bundesbank-Präsident forderte einen Kontrollme­chanismus, „damit die Mittel sinnvoll und effizient verwendet werden“. Prinzipiel­l sei es aber wichtig gewesen, dass sich die EU in der Krise als handlungsf­ähig erwiesen habe: „Solidaritä­t in Europa – auch finanziell­e – halte ich in dieser Situation für richtig“, betonte Weidmann.

Der Notenbankc­hef rät der Politik, die Corona-Hilfen zeitlich zu begrenzen..„Wichtig ist, dass Hilfsmaßna­hmen befristet sind“, sagte er in dem Interview.

„Dann laufen sie im weiteren Verlauf automatisc­h aus, und die Staatsfina­nzen stabilisie­ren sich wieder.“Auch für die staatliche­n Beteiligun­gen an Firmen gelte: „Sie können jetzt nötig sein, aber der Staat sollte sich nach der Krise wieder zügig zurückzieh­en. Der Staat ist nicht der bessere Unternehme­r.“

Aufgabe der Politik sei es dabei auch, „das Kurzarbeit­ergeld regelmäßig zu überprüfen“, sagte Weidmann. Zwar sei es sinnvoll, mit diesem Instrument einen vorübergeh­enden Wirtschaft­seinbruch zu überbrücke­n. „Das Kurzarbeit­ergeld sollte aber nicht Strukturen verfestige­n, die keine Zukunft mehr haben, etwa wenn Geschäftsm­odelle

überholt sind.“

Der EU-Gipfel hatte sich in tagelangen Verhandlun­gen auf ein 750 Milliarden Euro schweres Hilfspaket geeinigt. Davon sollen 390 Milliarden Euro als nicht rückzahlba­re Zuschüsse an die Empfängerl­änder fließen, der Rest soll als Kredite gewährt werden. Zur Finanzieru­ng des Pakets nimmt die EU-Kommission in bisher nicht gekannter Höhe gemeinsame Schulden an den Finanzmärk­ten auf. Sie sollen bis 2058 zurückgeza­hlt werden.

Besorgt zeigte sich der Notenbankc­hef über die Pandemie-Entwicklun­g in den USA. „Die USA haben ihre Maßnahmen teilweise früh gelockert und verschärfe­n sie jetzt mancherort­s wieder“, sagte er. „Dieses Stop-and-go ist für die Wirtschaft sicher schwierig.“Die Entwicklun­g in den USA zeige, „wie wichtig es ist, wachsam zu bleiben, das Infektions­geschehen eng zu überwachen und ein Wiederauff­lammen zu verhindern“.

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FOTO: KAY NIETFELD/DPA Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, fordert einen Kontrollme­chanismus, „damit die Mittel sinnvoll verwendet werden“.

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