Weidel-Auftritt: Es bleibt bei verbalen Provokationen
100 Gegendemonstranten und 160 Interessierte treffen in Ettenkirch aufeinander – Scharfe Kritik an Merkel und Kretschmann
- Alice Weidel, Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, hat zum Thema „Wohlstand und Arbeitsplätze sichern – Neue Perspektiven für unser Land“in der Ludwig-Roos-Halle in Ettenkirch gesprochen. Sie griff die Politik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem baden-württembergischen Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) scharf an. Vor der Halle demonstrierten rund 100 Menschen gegen den Auftritt. Plakate wie „Rassismus ist keine Alternative“und „Weidel go home“waren zu lesen. Weidel selbst ging direkt nach ihrer Rede wieder, um nach eigenen Angaben eine Sommergrippe auszukurieren.
Eineinhalb Stunden vor dem Auftritt Weidels versammelten die Demonstranten sich vor der Halle, um mit Redebeiträgen und Plakaten für eine offene und vielfältige Gesellschaft zu werben. Alle Teilnehmer mussten sich aufgrund der aktuellen Corona-Verordnung registrieren sowie einen Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten. Die meisten trugen zusätzlich eine Mund-Nasen-Bedeckung.
Unter den Rednern fand sich unter anderem ein Vertreter des Deutschen Gewerkschaftsbundes: „So lange wir protestieren, kann sich die AfD nicht als bürgerliche Partei tarnen.“Die Politik müsse für faire Arbeitsverträge, bezahlbare Mieten und gerechte Renten sorgen, um der AfD „den Nährboden zu entziehen.“
Auch zwei Vertreterinnen der Gruppe „Omas gegen Rechts“sprachen bei der Kundgebung: „Eines Tages werden wir alle gefragt werden, ob wir nicht bemerkt haben, welches Gedankengut sich wieder breit macht. Wir können nicht die Augen davor verschließen.“Sie seien gegen Frauenfeindlichkeit, Rassismus und Ausgrenzung. Alt sein bedeute nicht, stumm zu sein.
„Wir sind hier, um die Demokratie zu verteidigen. Seid friedlich“, rief Organisator Sander Frank, linker
Häfler Gemeinderat, den Demonstranten per Megafon zu. Friedlich blieb es laut Polizei dann auch. „Die Teilnehmer haben sich an alle Vorgaben gehalten und haben Gebrauch gemacht von ihrem Recht auf Meinungsfreiheit“, resümierte ein Sprecher der Polizei vor Ort.
An der öffentlichen Veranstaltung der AfD, die kurz nach 19 Uhr begann, nahmen etwa 160 Personen teil. Aufgrund der geltenden CoronaVorschriften mussten sich die Teilnehmer am Eingang der Halle vom Veranstalter namentlich registrieren lassen. Für 200 Personen war gestuhlt.
Für die Krise des Mittelstandes sei nicht die aktuelle Corona-Pandemie
verantwortlich, so Weidel zu Beginn ihrer Rede, sondern die Politik von Kanzlerin Merkel und Ministerpräsident Kretschmann. Sie sprach sich unter anderem dafür aus, das Erneuerbare-Energien-Gesetz zu beenden. Außerdem seien die Randalen von Stuttgart Ende Juni „die Quittung für die grün-schwarze Politik“. Die innere Sicherheit löse sich auf, so Weidel.
Ein Blick in die Kriminalstatistik 2019 der Polizei zeigt: Seit drei Jahren sinkt die Anzahl von Straftaten bundesweit kontinuierlich. Auch bei der Gewaltkriminalität gab es 2019 laut Statistik einen Rückgang zum Vorjahr. Nachdem Weidel sich wieder verabschiedet hatte, traten weitere
Vertreter der Partei ans Rednerpult, wie etwa der Vorsitzende der BadenWürttembergischen Landesgruppe im Bundestag, Marc Bernhard, der AfD-Landtagskandidat aus dem Wahlkreis Bodensee, Christoph Högel, und Rebecca Weißbrodt vom Kreisverband Biberach.
Gegen 21.30 Uhr wurde die Veranstaltung beendet, der angekündigte Bürgerdialog fiel aus.
Abgesehen von vereinzelten verbalen Provokationen im Außenbereich aus dem Umfeld beider Teilnehmerkreise seien laut Polizeibericht am Donnerstagabend aus polizeilicher Sicht insgesamt keine besonderen Vorkommnisse verzeichnet worden.