Alle wollen den 30-Minuten-Takt
Busse sollen künftig alle halbe Stunde in Memmingen und die Ortsteile fahren
- „Heute beschließen wir, wie der Busverkehr in der Stadt künftig aussieht und ob er eine echte Alternative bietet“, stellte Memmingens Referentin für Mobilität und ÖPNV, Heike Eßmann (ÖDP), in der jüngsten Sitzung des Verkehrsausschusses klar. Dass Busse künftig an Werktagen alle halbe Stunde Menschen nach Memmingen und in die Ortsteile bringen sollen, und nicht etwa nur jede Stunde oder in unregelmäßigen Abständen, da waren sich die Mitglieder des Ausschusses einig. Beschlossen haben sie dann aber doch erst einmal den 60-Minuten-Takt. Wie es dazu kam.
Zunächst hatte Sabine Ganser vom Amt 12, das für den Öffentlichen Personennahverkehr zuständig ist, drei Varianten vorgestellt, wie und wann in der Stadt künftig Busse fahren könnten. Favorit der Ausschussmitglieder und die in früheren Stadtratsbeschlüssen angestrebte Lösung war die Vollvariante mit 30-MinutenTakt. Die Busse fahren dabei in zehn Achsen durch das Stadtgebiet, die im Uhrzeigersinn angeordnet sind. Treffpunkt aller Linien ist der ZOB am Bahnhof.
Möglich sei dieser 30-MinutenTakt durch Überlagerungen von Stadt- und Regionalverkehr, erklärte
Ganser. Will ein Memminger beispielsweise von der Augsburger Straße zu einem Eishockeyspiel der Indians am Hühnerberg, könnte er mit einem Bus der Linie 2 (Memmingerberg – ZOB – Hühnerberg) ohne umsteigen dorthin fahren. Dieser Bus würde einmal pro Stunde fahren. Ebenfalls jede Stunde, aber zeitversetzt, hält das Airport City Shuttle vom Flughafen kommend auf dem Weg zum ZOB in der Augsburger Straße. Von dort könnte der Eishockeyfan mit einem Bus der Linien 1, 2, 12 oder 966 weiter zum Hühnerberg.
Die Vollvariante würde die Stadt jährlich etwa 1,4 Millionen Euro kosten. Da die Linien auch Haltestellen im Unterallgäu bedienen, kämen auf den Landkreis 400 000 Euro im Jahr zu. Memmingen zahlt bisher jährlich nur etwa 250 000 Euro für den ÖPNV. Dieser Betrag würde sich also mehr als verfünffachen. „Das schränkt den finanziellen Spielraum an anderen Stellen erheblich ein“, sagte deshalb Oberbürgermeister Manfred Schilder (CSU).
Die Verwaltung schlug den Ausschussmitgliedern nun vor, zunächst einmal eine Kleinvariante zu beschließen. Bei dieser fahren die Busse Montag bis Samstag jede Stunde in die Ortsteile, das allerdings auf weniger Linien als bei der Vollvariante. Die Kernstadt erhält annähernd einen 30-Minuten-Takt. Entsprechend günstiger wäre diese Variante für die Stadt (etwa 450 500 Euro jährlich) und den Landkreis (55 200 Euro jährlich). Weiterer Vorteil der Kleinvariante: „Es ist eine schnelle Verbesserung möglich, weil man die laufenden Verträge weiter nutzt und aufstockt“, sagte Ganser. „Wir hätten in einer ersten Stufe schon einmal die Taktung geschaffen.“Die Entscheidung über eine Vollvariante solle in der nächsten Ausschusssitzung fallen, damit sich die Mitglieder noch mit ihren Fraktionen besprechen können.
Diese Verschiebung gefiel einigen Kommunalpolitikern gar nicht. „Im Wahlkampf haben alle gesagt, es wird den 30-Minuten-Takt geben. Da haben wir Erwartungen geweckt“, sagte etwa Professor Dr. Dieter Buchberger (Grüne) und Heike Eßmann schlug vor, direkt eine Umstellung auf Halbstundentakt ab Juni 2021 zu beschließen. OB Schilder entgegnete, dass Eßmann sich seit Jahren mit dem Memminger ÖPNV befasse, es im Ausschuss aber auch neue Mitglieder gebe. Dem widersprach Rupert Reisinger (Linke): „Ich bin neu hier und fühle mich durchaus in der Lage, eine Entscheidung zu treffen. Jetzt ist der Zeitpunkt, den Mut für eine Vollvariante zu haben.“
Unklar ist, ob eine schnellere Entscheidung in dem Ausschuss tatsächlich eine schnellere Einführung des 30-Minuten-Takts bedeutet. Der bestehende Stadtverkehrsvertrag läuft noch bis Dezember 2022. Die Busunternehmen als Vertragspartner müssten eine frühere Umstellung also mitmachen, stellte Ganser klar. Je nach rechtlicher Umsetzung des 30-Minuten-Takts dauere es bis zu zwei Jahre (bei einer EU-weiten Ausschreibung) bis der Fahrplan entsprechend geändert werden kann. Auf der Sitzung stellte Ganser jedoch auch schneller umsetzbare Alternativen einer EU-weiten Ausschreibung vor. „Die Hauptentscheidung trifft doch das Plenum. Verlieren wir Zeit, wenn wir das vorher noch in den Fraktionen beraten?“, fragte Hans-Martin Steiger (SPD). „Je länger wir warten, desto später kommt das. Wenn sich eine Tendenz abzeichnet, tue ich mir aber schon leichter bei den Verhandlungen“, antwortete Ganser. Eine Tendenz für einen 30-Minuten-Takt sei doch klar erkennbar, meinte Steiger. Schlussendlich stimmten die Ratsmitglieder der Einführung der Kleinvariante mit dem Fahrplanwechsel im Dezember dieses Jahres ohne Gegenstimme zu – das allerdings ausdrücklich nur als Zwischenschritt auf dem Weg zum 30-Minuten-Takt.