Ackermann siegt und atmet auf
Gute Nachrichten für den Radsport bei einer eigentlich unbedeutenden Tour in Rumänien
(SID/dpa) - Pascal Ackermanns Mundwinkel ragten links und rechts aus der Maske, trotz der in Rumänien allgegenwärtigen Gesichtsbedeckung war dem deutschen Radstar die Zufriedenheit deutlich anzusehen. „Natürlich hatte ich Zweifel. Aber auch wenn die Sibiu Tour ein kleines Rennen ist, war alles perfekt organisiert. Ich bin einfach jetzt froh, hier gefahren zu sein“, sagte Ackermann nach seinem Sprintsieg am Samstag in Siebenbürgen, dem er am Sonntag den nächsten folgen ließ. Den Gesamtsieg holte sich der Österreicher Gregor Mühlberger. Der 26-Jährige hatte am Vormittag souverän das Bergzeitfahren gewonnen.
Ackermann ist so blitzschnell wie vor der langen Corona-Zwangspause. Besser ist allerdings die generelle Erkenntnis des Restarts in Rumänien: Der Radsport kann in neuer Normalität funktionieren und die beschauliche Rundfahrt durch Transsilvaniens Hinterland zum Miniatur-Vorbild für die kommenden Großereignisse bis zur Tour de France (29. August bis 20. September) werden. Dort will dann der Ravensburger Emanuel Buchmann wie im vergangenen Jahr für Furore sorgen und das Podest angreifen.
„Ich bin mit der Situation gut klargekommen, habe mich sicher gefühlt“, sagte der 26 Jahre alte Ackermann, bei Bora-hansgrohe Teamkollege von Buchmann. Nach zwei Siegen im Februar feierte Ackermann in Rumänien die Saisonerfolge Nummer 3 und 4: „Wir Fahrer hatten keine Angst, aber es gibt andere Menschen auf der Welt, die sich auch zu Recht vor dem Virus fürchten. Deshalb tragen wir auch Maske und die Verantwortung, auf uns aufzupassen.“
In normalen Jahren ist die viertägige Sibiu Tour eine Randerscheinung im Radkalender, nun nutzten sie vor dem ersten World-Tour-Rennen am Samstag bei den Strade Bianche in Italien immerhin zwei Mannschaften aus der höchsten Kategorie des Profiradsports – Bora-hansgrohe und Israel Start-Up Nation (allerdings ohne seine deutschen Profis wie André Greipel) – zum Testlauf unter neuen Bedingungen. In Rumänien, wo die Corona-Fallzahlen zuletzt deutlich in die Höhe gegangen waren, agierten die Veranstalter streng nach den Sicherheitsvorgaben des Weltverbandes UCI. Alle Teammitglieder wurden vor dem Rennen getestet, mussten zweimal täglich ein Update zu möglichen Symptomen abliefern, regelmäßig wurde die Körpertemperatur gemessen.
In den Hotels waren die Fahrer in Blasen abgeschirmt, Kontakte zu Medienvertretern – die ebenfalls negative Tests vorlegen mussten – wurden minimiert. Während der Renntross vom Veranstalter mit Massen an Masken versorgt wurde, waren Fans zumindest offiziell im Start- und Zielbereich ausgeschlossen – lediglich beim Prolog in Sibius Zentrum durften 1000 Zuschauer dabei sein. Als Ackermanns Teamkollege Patrick Konrad am Freitag die Gesamtführung übernahm, musste er das Gelbe Trikot selbst überziehen. Auch für den Fall eines positiven Corona-Tests war ein festes Protokoll definiert. „Dann wäre das betreffende Team aus dem Rennen genommen worden, womöglich sogar mehrere Teams, im schlimmsten Fall wäre das Rennen gestoppt worden“, sagte Cosmin Costea, Covid-19-Beauftragter der Rundfahrt. „Der betroffene Fahrer wäre ins Krankenhaus gebracht, die Teammitglieder in Quarantäne genommen worden.“
Zwar lief bei der Sibiu Tour alles glatt, dennoch warten auf die Teilnehmer des Rennens Probleme: Aufgrund der Lage in Rumänien kündigte Italien für Einreisende von dort Quarantäne an. Wer also in Siebenbürgen gefahren ist, darf wohl – ob direkt nach Italien reisend oder über Umwege – nicht bei den Strade Bianche (1. August) antreten, auch Starts bei Mailand-Turin (5. August) und MailandSanremo (8. August) wären hinfällig. Für die Radprofis war Rumänien dennoch ein Erfolg.