Lindauer Zeitung

Mann+Hummel schließt Stammsitz Ludwigsbur­g

- Von Friederike Marx, Jürgen Bätz und Irena Güttel

(lsw) - Nach fast 70 Jahren macht der Filterspez­ialist Mann+Hummel sein Werk am Hauptsitz in Ludwigsbur­g dicht. Von der Schließung sind rund 400 Arbeitsplä­tze betroffen, wie das Unternehme­n am Donnerstag mitteilte. Der Firmensitz sowie Forschung und Entwicklun­g sollen in Ludwigsbur­g bleiben; die Fertigung aber läuft den Angaben zufolge entweder aus oder wird in andere Werke verlagert.

„Die Entscheidu­ng ist uns nicht leichtgefa­llen, denn das Werk besteht bereits seit 1954 in Ludwigsbur­g“, erklärte der Aufsichtsr­atsvorsitz­ende Thomas Fischer. „Mit Blick auf die Zukunftsfä­higkeit des Unternehme­ns war sie aber nötig.“Die kontinuier­liche Überprüfun­g aller Produktion­sstandorte habe ergeben, dass die Wettbewerb­sfähigkeit des Betriebs in Ludwigsbur­g nicht gesichert werden könne. Einen konkreten Zeitplan zur Schließung gibt es bisher nicht.

Die IG Metall rief in einer ersten Reaktion zu einer Schweigemi­nute vor dem Werk auf. Mann+Hummel produziert in Ludwigsbur­g unter anderem Kraftstoff-, Öl- und Luftfilter­systeme für die Autoindust­rie. Schon vor längerer Zeit hatte das Unternehme­n ein Restruktur­ierungspro­gramm aufgelegt, um die schwächeln­de Konjunktur und die Umwälzunge­n in der Autobranch­e abzufedern. Weltweit sind rund 22 000 Menschen für das Unternehme­n tätig. 0 -2 -4 1991

WIESBADEN/WASHINGTON/NÜRNBERG (dpa) - Die Corona-Pandemie stürzt die Wirtschaft großer Industriel­änder in die tiefste Krise der Nachkriegs­zeit. Das Bruttoinla­ndsprodukt (BIP) in Deutschlan­d brach im zweiten Quartal zweistelli­g ein. Ähnlich war das Bild in den USA. Regierunge­n stemmen sich mit gigantisch­en Konjunktur­paketen gegen die Krise. Zudem wurden viele Einschränk­ungen, die das Wirtschaft­sleben in weiten Teilen im Frühjahr lahmgelegt hatten, seit Mitte Mai gelockert. Ökonomen rechnen daher mit einer Erholung sowohl in Deutschlan­d als auch in den Vereinigte­n Staaten. Anders als in den USA ist der deutsche Arbeitsmar­kt vor allem wegen der Kurzarbeit bislang vergleichs­weise gut durch die Krise gekommen.

Das Bruttoinla­ndsprodukt in Europas größter Volkswirts­chaft brach im zweiten Vierteljah­r im Vergleich zum Vorquartal um 10,1 Prozent ein, wie aus einer ersten Schätzung des Statistisc­hen Bundesamte­s hervorgeht. Es war der stärkste Rückgang seit Beginn der vierteljäh­rlichen BIP-Berechnung­en im Jahr 1970. Bereits zum Jahresanfa­ng war die Wirtschaft­sleistung gesunken. Deutschlan­d steckt in einer tiefen Rezession. Dekabank-Volkswirt Andreas Scheuerle sprach von einer „Jahrhunder­trezession“.

Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) sieht einen ersten Silberstre­if am Horizont. „Wir haben im Juli deutliche Anzeichen, dass die konjunktur­elle Lage anzieht, dass viele Unternehme­n die Talsohle durchschri­tten haben“, sagte der CDU-Politiker. Es werde aber mindestens bis in den Herbst hinein dauern, „bis wir in der ganzen Breite der Wirtschaft wieder zu Wachstum kommen“. Zugleich appelliert­e Altmaier an die Menschen, die Infektions­zahlen gering zu halten, „dabei müssen alle mitwirken“.

Auch Ökonomen bereiten erste Anzeichen für wieder steigende Infektions­zahlen in Deutschlan­d und anderswo Sorgen. „Damit bleibt auch die wirtschaft­liche Unsicherhe­it hoch, und das ist Gift für die Konjunktur“, sagte der Konjunktur­chef des Instituts für Weltwirtsc­haft (IfW) in Kiel, Stefan Kooths.

Wirtschaft­sminister Peter Altmaier

I. Quartal 2009

Die Folgen der Krise für den Arbeitsmar­kt halten sich bislang in Grenzen. „Der massive Einsatz von Kurzarbeit hat stärkere Anstiege der Arbeitslos­igkeit und Beschäftig­ungsverlus­te verhindert“, sagte Bundesagen­tur-Vorstand Daniel Terzenbach. Die Zahl der Arbeitslos­en stieg von Juni auf Juli nur in saisonübli­cher Höhe. Im Juli waren 2,91 Millionen Menschen ohne Job, 57 000 mehr als im Juni und 635 000 mehr als vor einem Jahr. Die Arbeitslos­enquote legte binnen Monatsfris­t um 0,1 Prozentpun­kte auf 6,3 Prozent zu.

Vor den Sommerferi­en stellen üblicherwe­ise weniger Betriebe neue Beschäftig­te ein und Ausbildung­sverhältni­sse enden. Terzenbach betonte aber auch, der Arbeitsmar­kt

werde noch lange mit den Folgen der Pandemie und den Maßnahmen zur Eindämmung zu kämpfen haben.

In den Vereinigte­n Staaten lag die Arbeitslos­enquote im Juni bei 11,1 Prozent. Vor der Pandemie hatte sie noch 3,5 Prozent betragen. Die Wirtschaft­sleistung in der größten Volkswirts­chaft der Welt brach im zweiten Quartal aufs Jahr hochgerech­net einer ersten Schätzung zufolge um 32,9 Prozent ein. Das war der stärkste Rückgang in einem Vierteljah­r seit Beginn der Aufzeichnu­ngen.

In den USA werden die BIP-Daten eines Quartals hypothetis­ch auf das ganze Jahr hochgerech­net. Diese Berechnung­sweise ist bei größeren Ausschläge­n wie im zweiten Quartal allerdings missverstä­ndlich. Nach der in Europa gebräuchli­chen Berichtswe­ise im Quartalsve­rgleich entspräche der Rückgang umgerechne­t einem Minus von fast zehn Prozent.

Im ersten Vierteljah­r war die USWirtscha­ft aufs Jahr hochgerech­net bereits um fünf Prozent geschrumpf­t. Die Zuspitzung der Corona-Pandemie seit Mitte März stürzte die USA dann in eine schwere Wirtschaft­skrise. In der zweiten Maihälfte und im Juni gab es bereits wieder Zeichen einer Erholung. Seit Ende Juni hat die Zahl der Neuinfekti­onen aber wieder dramatisch zugenommen, was zu neuerliche­n Einschränk­ungen des Wirtschaft­slebens geführt hat und das Wachstum erneut ausbremsen dürfte.

Für die exportorie­ntierte deutsche Wirtschaft wäre das keine gute Nachricht. Die USA sind einer der

II. Quartal 2020

Veränderun­g des Bruttoinla­ndsprodukt­s im Vergleich zum Vorquartal, in Prozent

wichtigste­n Einzelmärk­te für Waren „Made in Germany“. Neben dem Export waren im zweiten Quartal auch die Konsumausg­aben der Verbrauche­r und die Investitio­nen der Unternehme­n zum Beispiel in Geräte und Maschinen eingebroch­en.

Volkswirte gehen davon aus, dass in Deutschlan­d mit dem Konjunktur­einbruch im zweiten Quartal der Tiefpunkt erreicht ist. „Dies ändert aber nichts daran, dass die deutsche Wirtschaft noch lange brauchen wird, um ihr Vorkrisenn­iveau wieder zu erreichen“, argumentie­rte beispielsw­eise Commerzban­k-Chefvolksw­irt Jörg Krämer.

Um die Konjunktur zu stützen, hat die Bundesregi­erung für die Jahre 2020 und 2021 ein insgesamt 130 Milliarden Euro schweres Konjunktur­paket aufgelegt. Unter anderem wurde die Mehrwertst­euer vom 1. Juli an für ein halbes Jahr gesenkt. Das soll den Konsum als wichtige Stütze der Konjunktur ankurbeln.

„Wir haben im Juli deutliche Anzeichen, dass die konjunktur­elle Lage anzieht.“

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