Lindauer Zeitung

„Wir haben wirklich alles im Dorf, das finde ich sehr cool“

Gemeindera­t Walter Nuber ist stolz darauf, ein Hergenswei­lerer zu sein

- Von Susi Donner

- „Ich kann es jedem nur empfehlen, eine Zeit lang im Gemeindera­t mitzuarbei­ten. Du bekommst einen neuen Blick auf deine Gemeinde. Dein Horizont erweitert sich“, sagt Walter Nuber, der genau dies zwölf Jahre – also zwei Amtsperiod­en – lang getan hat. „Auch wenn sicher ist, dass du es nie allen recht machen kannst. Es gibt Schulterkl­opfen und Vorwürfe.“In den zwölf Jahren war Nuber zudem dritter Bürgermeis­ter seiner Heimatgeme­inde.

Nuber hatte anfangs keine Ahnung von der Arbeit in der Lokalpolit­ik, erzählt er. Erst nachdem er die Entscheidu­ng getroffen hatte, sich der Wahl zu stellen, habe er alle öffentlich­en Sitzungen des Gemeindera­ts besucht, obwohl er gar nicht damit rechnete, gewählt zu werden. Wurde er aber und sagte danach zu einem der erfahrenen Räte etwas kleinlaut: „Ich weiß gar nicht, was da jetzt auf mich zukommt.“Der beruhigte ihn: „Du kannst groß nichts falsch machen. Bleib einfach immer ehrlich zu dir, versuche, alles neutral zu sehen und so, dass es für die Allgemeinh­eit gut ist. Bleib dir treu, versuche nie jemandem einen Gefallen zu tun, sondern frage dich, was deine eigene Meinung ist. Und stimme nie gegen einen Antrag der Feuerwehr oder der Kirche.“Immer, wenn er sich bei Entscheidu­ngen nicht sicher war, habe er an diese Worte von Anton Hagg gedacht. „Ich bin sehr gut damit gefahren“, sagt Nuber. In seiner ersten Amtsperiod­e, die er unter Bürgermeis­ter Georg Betz durchlief, war er mit 37 Jahren der jüngste Gemeindera­t, „und ich hatte viel Respekt vor den älteren Kollegen.“

Nuber lebte erst in Volklings. 1980 zog er mit seinen Eltern als Zehnjährig­er nach Stockenwei­ler. Kindergart­en und Grundschul­e besuchte er in Hergenswei­ler. Seine Ausbildung zum Zimmermann absolviert­e er in der Zimmerei Wilhelm im Ort. 30

Jahre arbeitete er als Zimmermann in Weißensber­g und seit 2015 in Bösenreuti­n bei Holz und Glas Miller. Am 6. Dezember wird er seinen 50. Geburtstag feiern.

Hergenswei­ler bedeute ihm sehr viel – mit seiner 2017 verstorben­en Frau Karin und dem gemeinsame­n Sohn Lucas habe er das Heimatgefü­hl intensiv gelebt. „Ich hänge an unserem Dorf und bin stolz darauf, ein Hergenswei­lerer zu sein“, erklärt er und sagt, dass sich dieses Gefühl durch seine Arbeit im Gemeindera­t verstärkt habe. Zu den Gründen, stolz zu sein, zählt er den schönen Ortskern der Gemeinde rund um

Kirche, Heimatmuse­um, Backhaus und Gastwirtsc­haft. Dazu das ausgewogen­e Gewerbegeb­iet, die vielfältig­en Handwerker und vor allem das üppige Vereinsleb­en. „Wir haben wirklich alles im Dorf, und das finde ich sehr cool.“Er selbst war bereits in etlichen Vereinen aktives Mitglied und unterstütz­t heute, mangels Zeit, den Fördervere­in Feuerwehr, den Musik-, den Sport- und den Schützenve­rein als passives Mitglied.

„Von selber wäre ich nicht auf die Idee gekommen, in den Gemeindera­t zu gehen. Ich war nie der große Politiker. Natürlich habe ich auch überall mitgeredet. Ich habe auch mal zu denen gehört, die alles besser gewusst haben“, erzählt er freimütig. Georg Betz habe ihn angesproch­en: „Walter, hast du keine Lust, in den Gemeindera­t zu gehen?“Das habe in ihm eine Gedankenfl­ut ausgelöst. „Warum nicht?“, habe er schließlic­h gedacht. „Warum immer nur gescheit daherreden? Besser ist doch, ich versuche einmal, etwas zu bewegen.“Dass er auf Anhieb gewählt und auch gleich dritter Bürgermeis­ter wurde, hat ihn überrascht und gefreut zugleich. „Ein absolut geiler Haufen“, seien sie gewesen. „Das hat super gepasst. Wir haben richtig viel bewegt. Das Beste am Gemeindera­t Hergenswei­ler war und ist: Wir haben eine Gemeinscha­ftsliste. Jedem geht es um das Dorf und nicht um die Fraktion.“Oft hätten sie heiß diskutiert und danach freundscha­ftlich zusammen ein Bier getrunken. „Ich bin in manche Sitzung gegangen und war mir sicher, wie ich abstimmen würde, und dann hat eine einzige Aussage eines Kollegen gereicht, meine Meinung zu ändern, weil ich an irgendetwa­s nicht gedacht hatte. Aber er. Oder sie. Genau deshalb sitzen ja zwölf unterschie­dliche Leute zusammen, damit sie sich ergänzen.“

Natürlich habe er auch erlebt, wie viele Hürden ein Gemeindera­t zu überwinden habe. „Es gibt immer eine Behörde, die über dem Gemeindera­t steht und nicht selten eine andere Entscheidu­ng trifft.“Bestes Beispiel sei der Bauausschu­ss, „den wir in der zweiten Amtsperiod­e aufgegeben haben, weil wir so viel Zeit, Mühe und Leidenscha­ft investiert­en, um dann doch überstimmt zu werden.“

Der Netto-Markt, das Feuerwehrh­aus, die Baugebiete und die energetisc­he Sanierung der Leiblachha­lle und des Kindergart­ens waren seine wichtigste­n Themen. Der NettoMarkt sei für ihn die absolute Krönung. „Jahrelang haben wir gekämpft, haben nichts als Absagen bekommen, weil der Ort zu klein sei.

Viele dachten, der Gemeindera­t oder der Bürgermeis­ter bekommen nichts gebacken. Aber kein Markt wollte her.“Bis irgendwann Netto kam. „Ich habe gesagt, das glaube ich erst, wenn der Laden steht. Ich dachte, auch die springen kurz vor knapp wieder ab. Aber der Investor hat gesehen, was sich in Hergenswei­ler alles für die Zukunft tut. Die Entscheidu­ng der Investoren hängt stark mit den neuen Baugebiete­n zusammen“, ist sich Nuber sicher.

Vor allem in seiner ersten Wahlperiod­e habe er das Amt des dritten Bürgermeis­ters intensiv gelebt. „Georg Betz hat mich immer über alles informiert. Ich habe ihn oder den zweiten Bürgermeis­ter Josef Kohl jederzeit vertreten können“, sagt Nuber, was er routiniert auch oft getan habe. Auf vielen Hauptversa­mmlungen sei er beispielsw­eise gewesen. Wolfgang Strohmaier hat wiederum ganz andere Vorzüge als Georg Betz. Man kann die beiden nicht vergleiche­n. Beide sind auf ihre Art gut.“

Neben der Mitarbeit in mehreren Arbeitskre­isen hat sich Walter Nuber um den Energiever­brauch der Gemeindege­bäude gekümmert. So hat er die Heizungsst­euerung der Leiblachha­lle, deren technische­r Hausmeiste­r er wurde, optimiert und der Gemeinde damit viel Geld gespart. In seiner Begeisteru­ng habe er sich viel Verantwort­ung aufgeladen. Sein Broterwerb, der Gemeindera­t, das THW, wo er seit über 30 Jahren engagiert ist und Taucher ausbildet, der Hausmeiste­rjob. Sieben Abende in der Woche Termine. Die Familie kam oft zu kurz. Das ist nun auch der Grund für seinen Rückzug ins Private, obwohl es viele spannende Projekte in Hergenswei­ler gebe, die er gerne noch begleiten würde, wie das Demenzzent­rum. Er habe dennoch die Notbremse gezogen, brauche Zeit für sich und seinen Sohn Lucas. Aber: „Der neue Gemeindera­t gefällt mir. Der gibt Gas. Und ich schaue ihm interessie­rt zu.“

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FOTO: SD Walter Nuber genießt seine frei gewordene Zeit und beobachtet aus der Ferne die Arbeit des neuen Gemeindera­tes, der ihm gut gefällt.

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