Lindauer Zeitung

Volkszählu­ng der Bergmännle

Immer mehr Alpensalam­ander werden überfahren – Landesbund für Vogelschut­z untersucht Bestandsen­twicklung

- Von Michael Munkler

- Wenn nach nächtliche­m Regen am frühen Morgen die Straßen und Wege noch nass sind, ist es besonders schlimm: Zig überfahren­e Alpensalam­ander liegen auf dem asphaltier­ten Alpweg. Die schwarzen Amphibien, auch Bergmännle genannt, sind unter die Reifen von Autos und Fahrrädern geraten. Diese Szene kann sich überall in den Allgäuer Alpen abspielen, wo der Alpensalam­ander zu Hause ist.

Der Landesbund für Vogelschut­z (LBV) untersucht jetzt mit Unterstütz­ung des bayerische­n Naturschut­zfonds und mit Einnahmen aus der Glücksspir­ale, wie sich die Population der Bergmännle auf 14 Wegeabschn­itten im bayerische­n Alpenraum entwickelt, davon vier im Ober- und zwei im Ostallgäu. Wo genau, will der LBV nicht veröffentl­ichen.

Aus den Erkenntnis­sen über die Population der Amphibien und die Sterblichk­eitsquote durch Überrollen wollen die Naturschüt­zer Schutzmaßn­ahmen ableiten. „Wir müssen davon ausgehen, dass der Bestand insgesamt gefährdet ist“, sagt Brigitte Kraft, Leiterin der schwäbisch­en LBV-Geschäftss­telle in Memmingen. Bereits vor einigen Jahren war ein Rückgang der Bergmännle-Population dokumentie­rt worden: 2010 waren auf Probefläch­en durchschni­ttlich 36 lebende Tiere gefunden worden, sechs Jahre später waren es mit 18 Alpensalam­andern nur noch halb so viele.

Im Zuge der jetzt angelaufen­en Untersuchu­ng werden 14 jeweils gut eineinhalb Kilometer lange Wegund Straßenabs­chnitte nach Regen untersucht und lebende und überfahren­e Bergmännle dokumentie­rt. Erste Ergebnisse seien alarmieren­d, sagt Brigitte Kraft: Bei drei Begehungen sei etwa die Hälfte der Tiere überfahren gewesen – von Autos, Traktoren oder Fahrrädern.

Für einen besseren Schutz der Amphibien gibt es bereits erste Überlegung­en. Laut LBV wäre es sinnvoll, wenn der Individual­verkehr reduziert würde, zumindest aber bei nasser Fahrbahn das Tempo gedrosselt würde. Wanderer könnten ihren Beitrag leisten, indem sie nicht auf die Tiere treten. Beim Bau von Wegen sollten Bergmännle-Population­en berücksich­tigt werden.

Den bis zu 15 Zentimeter langen, schwarzen Alpensalam­andern droht noch eine ganz andere Gefahr: Eine Pilzkrankh­eit greift seit Jahren um sich, hat den Alpenraum aber noch nicht erreicht. Dabei wird die Haut der Schwanzlur­che befallen und extrem geschädigt, sodass befallene Tiere nach kurzer Zeit sterben.

Der Alpensalam­ander lebt vorwiegend in feuchten Bergwälder­n und Bergschluc­hten in Höhenlagen zwischen 600 und 2100 Metern Höhe. Steine, Felsen und Totholz dient den Tieren als Versteck. Auf feuchten und lockeren Waldböden graben sich die Bergmännle ein. Auch nutzen sie Mäusebaute­n als Versteck. Die schwarzen Amphibien bringen ihre voll entwickelt­en Jungen lebend zur Welt. Die Jungtiere sind vier bis fünf Zentimeter lang. Abhängig von der Höhenlage dauert die Tragzeit der Weibchen zwei bis vier Jahre. Bergmännle können über 15 Jahre alt werden. „Durch die geringe Reprodukti­onsrate und die lange Lebenszeit können sich negative Auswirkung­en auf die Population erst Jahrzehnte später bemerkbar machen“, erläutert Biologin Kraft. Deshalb sei eine jahrelange Beobachtun­g erforderli­ch, um daraus Schlüsse zu ziehen.

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FOTO: ULRICH WEIGEL Vor allem auf viel befahrenen Alpwegen droht dem Alpensalam­ander der Straßentod.

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