Volkszählung der Bergmännle
Immer mehr Alpensalamander werden überfahren – Landesbund für Vogelschutz untersucht Bestandsentwicklung
- Wenn nach nächtlichem Regen am frühen Morgen die Straßen und Wege noch nass sind, ist es besonders schlimm: Zig überfahrene Alpensalamander liegen auf dem asphaltierten Alpweg. Die schwarzen Amphibien, auch Bergmännle genannt, sind unter die Reifen von Autos und Fahrrädern geraten. Diese Szene kann sich überall in den Allgäuer Alpen abspielen, wo der Alpensalamander zu Hause ist.
Der Landesbund für Vogelschutz (LBV) untersucht jetzt mit Unterstützung des bayerischen Naturschutzfonds und mit Einnahmen aus der Glücksspirale, wie sich die Population der Bergmännle auf 14 Wegeabschnitten im bayerischen Alpenraum entwickelt, davon vier im Ober- und zwei im Ostallgäu. Wo genau, will der LBV nicht veröffentlichen.
Aus den Erkenntnissen über die Population der Amphibien und die Sterblichkeitsquote durch Überrollen wollen die Naturschützer Schutzmaßnahmen ableiten. „Wir müssen davon ausgehen, dass der Bestand insgesamt gefährdet ist“, sagt Brigitte Kraft, Leiterin der schwäbischen LBV-Geschäftsstelle in Memmingen. Bereits vor einigen Jahren war ein Rückgang der Bergmännle-Population dokumentiert worden: 2010 waren auf Probeflächen durchschnittlich 36 lebende Tiere gefunden worden, sechs Jahre später waren es mit 18 Alpensalamandern nur noch halb so viele.
Im Zuge der jetzt angelaufenen Untersuchung werden 14 jeweils gut eineinhalb Kilometer lange Wegund Straßenabschnitte nach Regen untersucht und lebende und überfahrene Bergmännle dokumentiert. Erste Ergebnisse seien alarmierend, sagt Brigitte Kraft: Bei drei Begehungen sei etwa die Hälfte der Tiere überfahren gewesen – von Autos, Traktoren oder Fahrrädern.
Für einen besseren Schutz der Amphibien gibt es bereits erste Überlegungen. Laut LBV wäre es sinnvoll, wenn der Individualverkehr reduziert würde, zumindest aber bei nasser Fahrbahn das Tempo gedrosselt würde. Wanderer könnten ihren Beitrag leisten, indem sie nicht auf die Tiere treten. Beim Bau von Wegen sollten Bergmännle-Populationen berücksichtigt werden.
Den bis zu 15 Zentimeter langen, schwarzen Alpensalamandern droht noch eine ganz andere Gefahr: Eine Pilzkrankheit greift seit Jahren um sich, hat den Alpenraum aber noch nicht erreicht. Dabei wird die Haut der Schwanzlurche befallen und extrem geschädigt, sodass befallene Tiere nach kurzer Zeit sterben.
Der Alpensalamander lebt vorwiegend in feuchten Bergwäldern und Bergschluchten in Höhenlagen zwischen 600 und 2100 Metern Höhe. Steine, Felsen und Totholz dient den Tieren als Versteck. Auf feuchten und lockeren Waldböden graben sich die Bergmännle ein. Auch nutzen sie Mäusebauten als Versteck. Die schwarzen Amphibien bringen ihre voll entwickelten Jungen lebend zur Welt. Die Jungtiere sind vier bis fünf Zentimeter lang. Abhängig von der Höhenlage dauert die Tragzeit der Weibchen zwei bis vier Jahre. Bergmännle können über 15 Jahre alt werden. „Durch die geringe Reproduktionsrate und die lange Lebenszeit können sich negative Auswirkungen auf die Population erst Jahrzehnte später bemerkbar machen“, erläutert Biologin Kraft. Deshalb sei eine jahrelange Beobachtung erforderlich, um daraus Schlüsse zu ziehen.