Lindauer Zeitung

Erste Passagiere aus Risikogebi­et getestet

Noch ist der Corona-Test freiwillig – 29 Reisende aus Nordmazedo­nien nehmen in wahr

- Von Marlene Gempp

- Mittwochab­end, 20.43 Uhr: Die Maschine aus Skopje ist gerade gelandet. Noch wissen die 98 Passagiere und die Crew nicht, was sie am Flughafen Friedrichs­hafen erwartet. Denn ab diesem Flug können sich Reisende aus einem Risikogebi­et, so auch der aus Nordmazedo­nien, im Flughafen auf das Coronaviru­s testen lassen. Es ist ein Vorlauf für eine mögliche bundesweit­e Testpflich­t an Flughäfen, die ab kommender Woche gelten könnte.

Zwei Mitarbeite­r des Häfler Landratsam­tes Bodenseekr­eis gehen die Treppe zur Tür hinter dem Cockpit hoch. Sie werden der Crew und den Passagiere­n erklären, was ab sofort möglich ist. Erst wenige Stunden vor der Landung der Wizzair-Maschine fiel die Entscheidu­ng, das Testzentru­m in Betrieb zu nehmen.

Direkt nach der Gepäckausg­abe in der Abflughall­e haben Technische­s Hilfswerk (THW) und Feuerwehr am Abend ein rotes Zelt aufgebaut. Hier können die Passagiere den Abstrich nehmen lassen.

Im Zelt wartet dafür Allgemeinm­ediziner Uwe Metzinger aus Ailingen. Auch er hat den Anruf, dass die Tests starten, erst im Laufe des Tages erhalten. „Es war für mich kein großes Problem, spontan an den Flughafen zu kommen. Ich habe acht oder neun Dienste in der Fieberambu­lanz an der Messe gemacht. Der Ablauf der Tests ist gleich“, sagt der Arzt.

Außerdem sei seine Gemeinscha­ftspraxis eine sogenannte Schwerpunk­tpraxis für Corona, eine von insgesamt sechs im Landkreis. Diese Praxen sind Ansprechpa­rtner für alle Fragen rund um das Virus und testen vermehrt. „Ich habe schon eine Reihentest­ung von 130 Senioren in einem Altersheim an einem Vormittag gemacht. Ich bin vorbereite­t“, so Metzinger. An seinem Kollegen Karl-Josef Rosenstock aus Tettnang zeigt er sogleich beispielha­ft, wie der Test auf dem Flughafeng­elände abläuft: Die Passagiere müssen sich zunächst an einem Schalter registrier­en. Wer in Deutschlan­d versichert ist, gibt seine Krankenkas­senkarte ab, die direkt eingelesen wird. Wer diese nicht hat, muss die persönlich­en Daten wie Namen und Adresse in ein Formular eintragen. Im Anschluss bekommt jeder Passagier ein Stäbchen und das Formular mit, geht einzeln in das rote Zelt und bekommt von dem Arzt den Abstrich genommen.

„Am besten nimmt man einen Rachensowi­e auch einen Nasenabstr­ich. Der Rachenabst­rich muss aber sein“, so Metzinger. Dann geht das Stäbchen ins Labor, und das Testergebn­is wird in ein bis zwei Tagen erwartet. Bis das Ergebnis vorliegt, müssen sich alle Reisenden aus einem Risikogebi­et in Quarantäne begeben.Ist das Ergebnis negativ, kann diese laut baden-württember­gischer Corona-Verordnung abgekürzt werden. Wer sich nicht testen lässt und nach Baden-Württember­g einreist, muss in 14-tägiger Quarantäne zu Hause bleiben.

Die Tür zur Gepäckausg­abe öffnet sich kurz nach 21 Uhr. Jetzt müssen sich die Reisenden entscheide­n, ob sie in Richtung des roten Zelts abbiegen oder den Flughafen ohne Test verlassen. Der erste Passagier kommt heraus. Er wird erneut von Landratsam­ts-Mitarbeite­rin Miriam Macak auf Serbisch auf den möglichen Test hingewiese­n und entscheide­t sich gleich dafür. Auch die nächsten Reisenden bleiben stehen, gehen nicht direkt hinaus und entscheide­n sich für einen Test. Ein kleiner Warteberei­ch wurde in der Abflughall­e abgetrennt.

Angehörige warten an der Eingangstü­r, manche winken ungeduldig. So auch ein Mann, der aus der Schweiz gekommen ist, um Familienmi­tglieder abzuholen. „Die Schweiz akzeptiert ein negatives Testergebn­is nicht. Sie müssen so oder so für zehn Tage in Quarantäne“, erzählt er. Viele Passagiere, die aus dem Flugzeug kommen, berichten, dass sie Richtung Schweiz oder Österreich weiterreis­en. „Ich finde den Test gut. Es ist ein Vorteil, gleich Gewissheit zu haben“, sagt ein anderer Passagier, der sich am Flughafen hat testen lassen.

„Die Möglichkei­t, hier direkt getestet zu werden, ist für uns eine Komponente von sicherem Reisen“, erklärt Flughafenc­hef Claus-Dieter Wehr. Rund 40 Helfer sind am Mittwochab­end im Einsatz. Vermutlich sind es ein paar zu viel, schätzt Landrat Lothar Wölfle, der ebenfalls vor Ort ist und ergänzt: „Mit diesem Testlauf sind wir nun aber gerüstet, wenn die Verpflicht­ung für den Test an Flughäfen bundesweit kommen sollte.“

Am Donnerstag­mittag zieht das Landratsam­t laut einer Sprecherin eine positive Bilanz des Testlaufs: „Alle Helfer und die Ärzte waren zufrieden mit dem Ablauf. 29 der 98 Personen haben den Test wahrgenomm­en.“Die Zahl der Tests sei deswegen relativ gering, da besonders viele Durchreise­nde in Richtung Schweiz an Bord waren. In der Schweiz muss bei Einreise aus einem Risikogebi­et eine zehntägige Quarantäne eingehalte­n werden, auch wenn ein negatives Testergebn­is vorliegt.

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FOTO: MARLENE GEMPP Die Maschine aus Skopje landet um 20.43 Uhr. 98 Passagiere sind an Bord.
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Uwe Metzinger (rechts) zeigt beispielha­ft an seinem Kollegen Karl-Josef Rosenstock, wie der Test im Zelt abläuft.

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