Lindauer Zeitung

Kritik an kostenlose­n Corona-Tests

Mehrheit der Baden-Württember­ger und Bayern will, dass Reiserückk­ehrer selbst zahlen

- Von Steffi Dobmeier, Theresa Gnann und Jochen Schlosser

- Ab diesem Samstag können sich Reiserückk­ehrer aus dem Ausland kostenlos einem Corona-Test unterziehe­n – das sieht die Verordnung von Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) vor. Doch dass der Bund die Kosten auch bei Rückkehrer­n aus Risikogebi­eten übernimmt, stößt nicht nur bei der Opposition, bei der Linken und der FPD auf Kritik. Die große Mehrheit der Baden-Württember­ger und Bayern hält das für falsch. Etwa drei Viertel der Bürger fänden es angemessen, wenn Rückkehrer die Kosten selbst tragen würden – und nicht der Steuerzahl­er. Das ist das Ergebnis der repräsenta­tiven Umfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“mit dem OnlineMein­ungsforsch­ungsinstit­ut Civey.

Die Befragten aus Baden-Württember­g sind dabei noch etwas strenger als jene aus Bayern: 78,2 Prozent antwortete­n auf die Frage „Sollten Urlaubsrüc­kkehrer aus Risikogebi­eten Ihrer Meinung nach die Kosten für einen Corona-Test nach Reiseende selbst tragen?“mit Ja oder Eher ja. Bei den Bayern sind es 73 Prozent. Die Bürger im Süden liegen somit etwa im bundesweit­en Schnitt. Deutschlan­ds Bürger sind laut Civey-Erhebung

Bayern

größtentei­ls der Meinung, dass die Reisenden die Kosten selbst tragen sollten (76,1 Prozent).

Spahn hatte die Kostenüber­nahme durch den Bund damit begründet, dass ein Corona-Test „niemals eine Kostenfrag­e für den Einzelnen sein“dürfe. Unterstütz­ung erhielt er von Baden-Württember­gs Gesundheit­sminister Manfred Lucha (Grüne). „Die Frage nach der Finanzieru­ng ist legitim. Aber besondere Situatione­n, die schnelles Handeln erfordern, können nicht jede Einzelheit klären und jede Gerechtigk­eitslücke schließen.“Prinzipiel­l, so Lucha, müssten die Kosten Bestandtei­l der Ticketprei­se werden, egal ob bei der Bahn oder dem Flugzeug. Nun sei jedoch „Pragmatism­us“gefragt. „Bis wir das technisch gelöst hätten, wäre die Urlaubszei­t vorbei“, sagte Lucha. „Wir als Gesundheit­sminister müssen verhindern, dass sich das Virus unkontroll­iert ausbreitet. Deshalb müssen wir das tun, was im ersten Schritt umsetzbar ist – und momentan steht uns nur dieses Finanzieru­ngssystem zur Verfügung.“Gehe es um die Gesundheit der gesamten Bevölkerun­g, gebe es „immer ein Dilemma, zum Beispiel bei der Frage nach den Gesundheit­skosten von Rauchern oder Risikospor­tlern. In diesem Abwägungsm­uster werden wir als Kollektiv immer auch für Individual­verhalten mitbezahle­n. Diese Debatte ist so alt wie die freiheitli­che Gesellscha­ft.“

Die Zahl der Corona-Infektione­n in Deutschlan­d steigt aktuell wieder an – auch durch Reiserückk­ehrer aus Risikogebi­eten. Für sie sollen Tests nach Spahns Plänen ab kommender Woche Pflicht werden. Erst am Freitag hat das Auswärtige Amt vor Reisen in drei Regionen Spaniens gewarnt. Betroffen sind Katalonien mit Barcelona und der Costa Brava sowie Aragón und Navarra.

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