Kritik an kostenlosen Corona-Tests
Mehrheit der Baden-Württemberger und Bayern will, dass Reiserückkehrer selbst zahlen
- Ab diesem Samstag können sich Reiserückkehrer aus dem Ausland kostenlos einem Corona-Test unterziehen – das sieht die Verordnung von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor. Doch dass der Bund die Kosten auch bei Rückkehrern aus Risikogebieten übernimmt, stößt nicht nur bei der Opposition, bei der Linken und der FPD auf Kritik. Die große Mehrheit der Baden-Württemberger und Bayern hält das für falsch. Etwa drei Viertel der Bürger fänden es angemessen, wenn Rückkehrer die Kosten selbst tragen würden – und nicht der Steuerzahler. Das ist das Ergebnis der repräsentativen Umfrage der „Schwäbischen Zeitung“mit dem OnlineMeinungsforschungsinstitut Civey.
Die Befragten aus Baden-Württemberg sind dabei noch etwas strenger als jene aus Bayern: 78,2 Prozent antworteten auf die Frage „Sollten Urlaubsrückkehrer aus Risikogebieten Ihrer Meinung nach die Kosten für einen Corona-Test nach Reiseende selbst tragen?“mit Ja oder Eher ja. Bei den Bayern sind es 73 Prozent. Die Bürger im Süden liegen somit etwa im bundesweiten Schnitt. Deutschlands Bürger sind laut Civey-Erhebung
Bayern
größtenteils der Meinung, dass die Reisenden die Kosten selbst tragen sollten (76,1 Prozent).
Spahn hatte die Kostenübernahme durch den Bund damit begründet, dass ein Corona-Test „niemals eine Kostenfrage für den Einzelnen sein“dürfe. Unterstützung erhielt er von Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne). „Die Frage nach der Finanzierung ist legitim. Aber besondere Situationen, die schnelles Handeln erfordern, können nicht jede Einzelheit klären und jede Gerechtigkeitslücke schließen.“Prinzipiell, so Lucha, müssten die Kosten Bestandteil der Ticketpreise werden, egal ob bei der Bahn oder dem Flugzeug. Nun sei jedoch „Pragmatismus“gefragt. „Bis wir das technisch gelöst hätten, wäre die Urlaubszeit vorbei“, sagte Lucha. „Wir als Gesundheitsminister müssen verhindern, dass sich das Virus unkontrolliert ausbreitet. Deshalb müssen wir das tun, was im ersten Schritt umsetzbar ist – und momentan steht uns nur dieses Finanzierungssystem zur Verfügung.“Gehe es um die Gesundheit der gesamten Bevölkerung, gebe es „immer ein Dilemma, zum Beispiel bei der Frage nach den Gesundheitskosten von Rauchern oder Risikosportlern. In diesem Abwägungsmuster werden wir als Kollektiv immer auch für Individualverhalten mitbezahlen. Diese Debatte ist so alt wie die freiheitliche Gesellschaft.“
Die Zahl der Corona-Infektionen in Deutschland steigt aktuell wieder an – auch durch Reiserückkehrer aus Risikogebieten. Für sie sollen Tests nach Spahns Plänen ab kommender Woche Pflicht werden. Erst am Freitag hat das Auswärtige Amt vor Reisen in drei Regionen Spaniens gewarnt. Betroffen sind Katalonien mit Barcelona und der Costa Brava sowie Aragón und Navarra.