Das letzte Mal
Die VW-Tochter Audi drängt ihre Kleinaktionäre hinaus
- Es war eine in jeder Hinsicht ungewöhnliche Hauptversammlung, die Audi am Freitag durchzog. Zum einen war es die erste, die virtuell im Internet stattfand, zum anderen auch die letzte. Denn nach dem 131. Aktionärstreffen gibt es nur noch einen einzigen Eigentümer des Konzerns mit den vier Ringen: Mit der gewaltigen Übermacht des VWKonzerns, der 99,64 der Audi-Aktien hält, wurde den verbleibenden freien Aktionären die Tür gewiesen. „Squeeze Out“(Hinausdrängen) nennt sich der Vorgang. Wer 95 Prozent an einer AG besitzt, kann sich auf Antrag der Mitaktionäre entledigen.
Schon in den vergangenen Jahren waren Audi-Hauptversammlungen für Audi-Aufsichtsräte und -Vorstände kein vergnügungssteuerpflichtiges Ereignis. Die Aktionäre kamen in der Regel gereizt zu den Versammlungen nach Neckarsulm und machten aus ihrem Frust vor allem über die DieselManipulationen und den Verschleierungsversuchen des früheren inzwischen angeklagten Vorstandsvorsitzenden Rupert Stadler keinen Hehl.
Diesmal wäre es wohl noch heftiger gekommen, doch den Audi- und VW-Oberen kam das Virus zuhilfe. Herbert Diess, VW-Vorstandschef und Audi-Aufsichtsratsvorsitzender, sowie der seit vier Monaten amtierende Audi-Vorstandschef Markus Duesmann bedauerten zwar mehrfach, die Aktionäre wegen der Pandemie nicht persönlich begrüßen zu können, doch machte der digitale Ablauf der Hauptversammlung es für sie doch um einiges angenehmer.
Vor einer Kamera in Ingolstadt verlas Finanzvorstand Arno Antlitz die ernüchternden Zahlen des ersten Halbjahres 2020: Ein weltweites Absatzminus von 22 Prozent, ein Umsatzminus von 29 Prozent auf nur noch 20,5 Milliarden Euro und ein operativer Verlust von 750 Millionen Euro markierten die Folgen der Pandemie. Immerhin, sagte Antlitz, es gehe wieder aufwärts: Langsam in Europa und in den USA, rasant in China. Den Verlust im ersten Halbjahr wolle man im zweiten wieder wettmachen. Für das Gesamtjahr erwarte man „ein klar positives Ergebnis“.
Viel Rechenaufwand trieb Antlitz, um zu begründen, warum die gesetzlich vorgeschriebene „angemessene Barabfindung“für die hinauskomplimentierten Teilhaber in Höhe von 1551,53 je Aktie genau richtig sei. Der Betrag liege um 90 Prozent über dem Aktienkurs vor Beantragung des Squeeze Out durch den Mehrheitsaktionär Volkswagen AG und sei von mehreren Rechnungsprüfern bestätigt, betonte Antlitz. Bei dieser Gelegenheit wurde auch der Firmenwert der Audi AG festgestellt: Er liegt bei 66,7 Milliarden Euro.
Warum der VW-Konzern die Audi-Kleinaktionäre loswerden will begründete Auto-Chef Duesmann wie folgt: Schlankere Strukturen, klare Verantwortlichkeiten und mehr Rechtssicherheit.