Inklusive Freizeit: „Hier sind alle gut drauf“
Jugendliche mit und ohne Einschränkungen erleben gemeinsam drei abwechslungsreiche Tage
- Jannik malt ein Fensterbild mit bunten Farben, Luis sitzt im Garten und zupft gut gelaunt an einer Gitarre, Abdul spielt Frisbee mit einigen anderen Jugendlichen: Diese Momentaufnahme zeugt von einer entspannten und zugleich anregenden Atmosphäre im und um das evangelische Gemeindehaus in Wasserburg. Hier haben mehr als 20 junge Menschen mit und ohne Behinderungen sowie einige Erwachsene drei abwechslungsreiche Tage erlebt – die einen als Teilnehmende, die anderen als Mitwirkende eines großen Teams.
Es handelte sich um die fünfte inklusive Freizeit, die die Junge Kirche luv in Kooperation mit der Stiftung Liebenau Teilhabe und dem Kreisjugendring (KJR) jetzt veranstaltet hat. Das Besondere: Jedem Teilnehmer ist ein ehrenamtlich tätiger Jugendlicher als Tandempartner zur Seite gestellt, der ihn einen Tag lang – oder je nach Neigung auch während der gesamten Freizeit – begleitet. „Es geht vor allem darum, Zeit miteinander zu verbringen, Beziehungen aufzubauen und voneinander zu lernen“, erklärt Jugendkirchenpfarrerin Johannetta Cornell. Sie habe über die Jahre hinweg beobachten können, wie Hemmschwellen verschwinden und Freundschaften in diesen Zweier-Teams entstehen. „Da steckt enorm viel Herz drin“, sagt Cornell. „Das sind Beziehungen, die in die Tiefe gehen.“
Die elf Teilnehmer – davon sieben mit und vier ohne Handicap – sind zwischen zwölf und 19 Jahre alt. In einer ähnlichen Spanne bewegt sich das Alter der ehrenamtlichen Jugendlichen (zwölf bis 23 Jahre). Wie selbstverständlich mischen sich so die Teilnehmer und Teamer drinnen am Maltisch oder bei Bewegungsspielen draußen im Garten.
Jannik streckt den Daumen nach oben. Der Zwölfjährige findet die anderen Kinder, das Programm und überhaupt die ganze Freizeit prima. Im Moment ist er damit beschäftigt, die Konturen eines Lampions mit Wasserfarben auszumalen und ein Fensterbild zu gestalten. Einige weitere Jugendliche sitzen wie er am Maltisch, sind in ihre Bilder vertieft und pflegen gleichzeitig eine ungezwungene Gemeinschaft. „Die Stimmung ist einfach gut“, sagt die 18-jährige Johanna, die als Ehrenamtliche schon zum wiederholten Male an dieser inklusiven Freizeit mitwirkt. „Hier sind alle gut drauf.“Und die 17jährige Luisa, die ebenfalls als Teamerin dabei ist, ergänzt: „Es ist jedes Mal etwas anders und dadurch sehr abwechslungsreich.“
Zum Programm der drei Tage gehörten unter anderem ein LandartWorkshop, ein Rollstuhl-Parcours, Zirkusspiele, Sport und Spiel auf der Wiese, Malen, Minigolfen, Kirchenkino,
Lagerfeuer und Andachten. Tagsüber verbrachten die Jugendlichen ihre Zeit gemeinsam, am Abend kehrten sie zurück nach Hause. Wegen Corona durften sie diesmal nicht gemeinsam kochen und brachten stattdessen ihr Mittagessen oder ihr Picknick selbst mit. Auch andere Corona-Schutzmaßnahmen mussten beachtet werden. Dazu gehörte zum Beispiel auch die Desinfektion von Spielsachen und Stiften nach und vor jedem Gebrauch, erzählt Ramona Kurkowski von den Ambulanten Diensten der Stiftung Liebenau. Sie berichtet, dass diese Freizeit zum
Projekt „Inklusion am See“der Stiftung gehört, das von der „Aktion Mensch“gefördert wird. „Ziel ist es, die Teilhabe für Kinder und Jugendliche in Lindau zu erleichtern“, sagt sie. Auch der Kreisjugendring unterstütze Inklusion in verschiedenen Bereichen, erklärt Theresa Sohler vom KJR. Die jetzige Freizeit hieß ursprünglich „Tipizeit“, weil sie im luvTipi neben der Aeschacher Christuskirche stattfand, erzählt Johannetta Cornell. Weil dort derzeit das neue evangelische Zentrum kiez gebaut wird, fand dieses Ferienangebot jetzt in Wasserburg statt.
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