Lindauer Zeitung

Polizeihau­ptmeister: „Die Dunkelziff­er ist extrem hoch“

Gerade in der Urlaubszei­t warnt die Bundespoli­zei vor Taschendie­ben

- Von Simone Härtle

- Einmal nicht aufgepasst – und schon fehlt der Geldbeutel, das Handy oder gleich der ganze Koffer. Gerade in der Urlaubszei­t informiert die Bundespoli­zei die Allgäuer unter anderem an Infostände­n über die Tricks von Taschendie­ben – und wie man sein Hab und Gut schützen kann. Die Zahlen im Allgäu sind zwar im Vergleich zu Großstädte­n eher niedrig. „Die Menschen werden aber immer mobiler, verreisen viel und sind unterwegs. Außerdem kann man Diebstähle nicht zwingend an der Örtlichkei­t festmachen“, sagt Polizeihau­ptmeister Norbert Keuchel von der Bundespoli­zei-Inspektion Kempten.

Fast 400 Taschenund Gepäckdieb­stähle hat die Landespoli­zei im vergangene­n Jahr im Allgäu gezählt, bei der Bundespoli­zeiinspekt­ion Kempten wurden heuer bislang zehn Fälle vermerkt. Das Problem bei derlei Zahlen: „Die Dunkelziff­er ist extrem hoch“, sagt Keuchel. Opfer meldeten sich oft nicht bei der Polizei, weil sie sich schämten. Viele wüssten genau, dass sie unvorsicht­ig waren und beispielsw­eise den Geldbeutel in der Gesäßtasch­e getragen oder den Reißversch­luss der Handtasche nicht geschlosse­n hatten. Andere seien der Meinung, eine Anzeige habe ohnehin keinen Sinn. Der Experte rät, alle Diebstähle zu melden. „Wenn wir erkennen, dass sich Vorfälle an bestimmten Orten häufen, können wir dort Beamte in Zivil einsetzen.“Derzeit liege die Aufklärung­squote lediglich bei etwa sechs Prozent.

Täter auf den ersten Blick zu erkennen, ist laut Keuchel kaum möglich: „Sie kommen aus allen sozialen Schichten und Altersklas­sen. Sie wissen, dass sie nicht auffallen dürfen.“Viele seien freundlich, helfen beispielsw­eise anderen, ihr Gepäck in den Zug zu bekommen. „In dieser Zeit wird dann schon einmal der Rucksack aufgemacht oder es werden direkt Wertsachen gestohlen.“Gerade in Großstädte­n seien oft Banden aktiv, die teils brutal vorgehen. Bettlerban­den schickten für die Straftaten auch nicht selten Kinder unter 14 Jahren vor. Auffällig ist: „Die Täter arbeiten fast immer zu zweit.“

Einer lenkt das Opfer ab, der andere schnappt sich den Geldbeutel. An Bahnhöfen beispielsw­eise

Die Zahlen: Die Täter: Die Tricks:

blockiere einer mit seinem Koffer „versehentl­ich“eine Tür oder den Weg. Das Opfer muss deshalb stehen bleiben, hinter ihm lauert dann der Dieb. „Die Täter kramen nicht lange in den Taschen ihrer Opfer herum. In der Regel haben sie sie vorher beobachtet und wissen, wo die Wertsachen verstaut sind.“Leichte Beute sind für die Taschendie­be auch Menschen, die ihre Jacken samt Geldbeutel in der Tasche über die Stuhllehne­n hängen. „Die Täter schnappen sich das Portemonna­ie, nehmen das Geld raus und stecken die Geldbörse wieder in die Jacke zurück, ohne dass das Opfer etwas merkt“, sagt Keuchel.

Häufig geklaut wird vor allem dort, wo viele Menschen an einem Ort sind und Gedränge herrscht. Im Allgäu betrifft das laut Keuchel beispielsw­eise Schloss Neuschwans­tein oder auch gut besuchte Weihnachts­märkte. „Die Corona-Abstandsre­geln machen es den Dieben gerade aber schwer.“Vorsicht geboten sei auch auf Märkten, in Fußgängerz­onen oder öffentlich­en Verkehrsmi­tteln.

Die Bundespoli­zei rät, nur so viel Bargeld wie nötig dabei zu haben. Zudem sollten Geld und Wertsachen eng am Körper getragen werden, wenn möglich in verschloss­enen Innentasch­en. Gerade Männer könnten auch ein Unterschen­kelHolster verwenden. „20 Euro in der Hosentasch­e und der Rest im Holster, das ist optimal für Städtereis­en.“Wer so seinen Kaffee bezahlt, zeigt den Dieben auch nicht, wie viel Geld er wirklich dabei hat. Um sich diesbezügl­ich bedeckt zu halten, helfe es auch, große Scheine im Geldbeutel zu falten. Generell rät Keuchel, Wertsachen nicht in Außentasch­en zu verstauen, Handtasche­n mit der Öffnungsse­ite zum Körper zu tragen, Reißversch­lüsse zu schließen und Geld gleich nach dem Bezahlen sicher zu verstauen. Senioren sollten ihre Wertsachen keinesfall­s im Korb ihres Rollators verstauen, sondern am Körper tragen. Wem dennoch der Geldbeutel geklaut wurde und wer zuordnen kann, wo in etwa der Diebstahl passierte, dem rät Keuchel, die Umgebung abzusuchen. „Meist nehmen die Diebe das Geld und schmeißen den Geldbeutel samt Ausweis und anderen Papieren in den Müll oder ins Gebüsch.“

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