Lindauer Zeitung

Blitzsaube­res Blitzcomeb­ack

Nico Hülkenberg darf in Silverston­e für den an Corona erkrankten Sergio Pérez für Racing Point fahren

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(dpa) - Nico Hülkenberg konnte sein Blitz-Comeback in der Formel 1 selbst kaum glauben. „Es fühlt sich ein bisschen unwirklich an“, sagte der 32-Jährige aus Emmerich am Rhein am Freitag in Silverston­e. Der Routinier sprang überrasche­nd für den mit dem Coronaviru­s infizierte­n Mexikaner Sergio Pérez beim Team Racing Point ein und steuerte den neuen Wagen schon 15 Minuten nach Bekanntwer­den seines Engagement­s erstmals auf die Strecke. Keine 24 Stunden lagen zwischen der Anfrage und der Sensations­rückkehr im Rennauto, mit dem er auch am Sonntag (15.10 Uhr/RTL und Sky) beim Grand Prix von Großbritan­nien starten wird.

„Ich mag Herausford­erungen und das ist ganz sicher eine. Ich springe ein und versuche, das Beste für das Team zu machen“, sagte der Rheinlände­r. Am Donnerstag war er aus Deutschlan­d angereist, musste in der Racing-Point-Fabrik noch seinen Fahrersitz anpassen und einen negativen Coronaviru­s-Test nachweisen. Das klappte ganz knapp vor dem ersten Training. Erst danach durfte er auf das Streckenge­lände, legte einen Dauerlauf zur Garage hin und war plötzlich zurück in einem Formel-1-Wagen.

Hülkenberg, der die Erfahrung von 177 Rennen mitbringt, fuhr bis 2016 mit einer Unterbrech­ung vier Jahre lang für Racing Points Vorgänger Force India. Zuletzt saß er von 2017 bis 2019 im Renault und hatte im Vorjahr keinen neuen Kontrakt für 2020 erhalten. Der Traum von einer längerfris­tigen Rückkehr lebt beim Sieger des 24Stunden-Rennens von Le Mans 2015 aber spätestens jetzt.

Der Deutsche hält den unrühmlich­en Rekord für die meisten Rennstarts ohne Podestplat­zierung, schaffte es in seinem Premierenj­ahr 2010 aber immerhin einmal auf die Pole Position. Nun kann er das Intermezzo für sich nutzen, um sich für einen festen Sitz zu empfehlen. Der Auftakt gelang jedenfalls. Zwar klagte Hülkenberg zwischenze­itlich über eine taube Pobacke in einem noch nicht optimal angepasste­n Sitz, wurde aber in den zwei Sessions Neunter und Siebter, Teamkolleg­e Lance Stroll aus Kanada gewann das zweite Training sogar.

Noch ist nicht klar, wie lange er den 30 Jahre alten Pérez ersetzt. Der erste prominente Corona-Fall der Formel 1 wurde am Donnerstag publik. Der Mexikaner kam sofort in Quarantäne und kann womöglich auch beim zweiten Silverston­e-Rennen nächste Woche nicht starten. Dies hängt von der Dauer der Isolation ab. Ob sieben oder zehn Tage, ist noch nicht klar. „Wenn es zehn Tage sind, wird Nico beide Rennen fahren“, sagte Teamchef Otmar Szafnauer.

Pérez sprach von einem der „traurigste­n Tage meiner Karriere. Es zeigt, wie verwundbar wir alle für dieses Virus sind“, sagte der WM-Sechste in einem Video. Nach dem Großen Preis von Ungarn sei er für zwei Tage mit einem Privatflug­zeug in seine Heimat geflogen, um seine kranke Mutter zu besuchen, die einen Unfall hatte. Anschließe­nd ging es direkt zurück nach Europa. „Ich habe es bekommen, aber ich weiß nicht, woher es kommt“, sagte Pérez und versichert­e: „Ich habe mich an alle Vorschrift­en gehalten.“

Offen ist, ob der Fall Folgen für seine Karriere hat. Eigentlich besitzt Pérez noch einen Vertrag bis 2022, doch zuletzt wurde viel darüber spekuliert, dass er schon nächste Saison vom viermalige­n Weltmeiste­r Sebastian Vettel abgelöst wird. Der Heppenheim­er muss bei Ferrari gehen und könnte 2021 ein Cockpit bei Racing Point bekommen. Der Rennstall wird dann zum neuen Werksteam des englischen Autobauers Aston Martin.

Während ein Sitz durch den Kanadier Stroll, Sohn des Mitbesitze­rs Lawrence Stroll, fest besetzt scheint, kann der Vertrag von Pérez laut Berichten gegen ein üppiges Trennungsg­eld gekündigt werden. Pikant: Stichtag für die Entscheidu­ng sollte der 31. Juli sein. Szafnauer bestritt diese Option, auch Vettel gab beim TV-Sender Sky an, davon nichts zu wissen. Stattdesse­n sagte der Hesse zu seiner Zukunft: „Ich denke nicht, dass dieses Wochenende etwas passieren wird.“

Der 33 Jahre alte Vettel will seine Laufbahn gerne fortsetzen, sich bei einer Entscheidu­ng aber Zeit lassen. „Es könnte ein paar Wochen dauern oder aber auch länger. Es hat sich nichts geändert“, sagte der Ex-Champion: „Es ist eine aufregende Zeit. Ich will sicher sein, dass ich das richtig mache. Gute Dinge sollten nicht überhastet werden.“Auf der Strecke wird sich Vettel nun erstmals seit November 2019 wieder mit Hülkenberg messen. Wie schon im Vorjahr gibt es zumindest vorübergeh­end zwei deutsche Piloten. Die Aussichten für die Zukunft sind aber trüb: Bislang hat über 2020 hinaus niemand aus dem Autoland einen Platz hinter dem Steuer sicher.

Racing-Point-Fahrer Lance Stroll hat im zweiten Formel-1-Training in Silverston­e die Bestzeit gesetzt. Der Kanadier siegte vor Red-BullPilot Alexander Albon und Vizeweltme­ister Valtteri Bottas im Mercedes. Dauersiege­r Lewis Hamilton wurde im zweiten Silberpfei­l Fünfter, während Ex-Weltmeiste­r Sebastian Vettel im Ferrari mit 1,6 Sekunden Rückstand nur auf Rang 18 landete.

 ?? FOTO: MOTORSPORT IMAGES/IMAGO IMAGES ?? Bild von 2016: Die damaligen Teamkolleg­en Sergio Pérez und Nico Hülkenberg (rechts) feiern den 100. Grand Prix für Force India. Am Sonntag wird Pérez wegen seiner Corona-Infektion fehlen, Hülkenberg darf nun Werbung für sich machen.
FOTO: MOTORSPORT IMAGES/IMAGO IMAGES Bild von 2016: Die damaligen Teamkolleg­en Sergio Pérez und Nico Hülkenberg (rechts) feiern den 100. Grand Prix für Force India. Am Sonntag wird Pérez wegen seiner Corona-Infektion fehlen, Hülkenberg darf nun Werbung für sich machen.

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