Lindauer Zeitung

Ende einer Bullen-Ära

Ralf Rangnick verlässt RB Leipzig und dürfte auf einen Job in England hoffen

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(dpa) - Mit einem Dank an die Mitarbeite­r und Milliardär Dietrich Mateschitz beendete Ralf Rangnick seine Mission bei RB Leipzig und dem Red-Bull-Konzern. Der Architekt, Stratege und Vordenker löste seinen noch bis Sommer 2021 laufenden Vertrag mit sofortiger Wirkung auf. „Für mich ist jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen, meine Tätigkeit bei Red Bull zu beenden“, ließ der einstige Cheftraine­r, Sportdirek­tor und zuletzt Head of Sport and Developmen­t Soccer über den Konzern mitteilen.

Die gescheiter­ten Verhandlun­gen mit dem AC Mailand haben wohl bei allen Beteiligte­n Spuren hinterlass­en. Die verpasste Chance des ehrgeizige­n 62-Jährigen auf den Job bei den Rossoneri war für eine Fortsetzun­g in den eigenen RB-Reihen plötzlich schlecht darstellba­r. Immerhin hatte es schon vor dem geplatzten Deal in Mailand Gespräche über ein Ende des Engagement­s beim Brausehers­teller gegeben. Das Tischtuch war quasi schon durchschni­tten, ehe die Verhandlun­gen mit Milan abgebroche­n waren.

Vor gut einer Woche sprach Rangnick vom falschen Zeitpunkt und einem nicht vorhandene­n Momentum, was angesichts der aktuellen MilanErfol­gsserie auch richtig war. So hätte ihn auch eine normale Rückkehr in den Konzern-Job als Aufpasser für die RB-Außenstell­en in Brasilien und New York nicht erfüllt. Zumal auch noch sein Traumziel Premier League realistisc­h ist. Die Basis dafür hat er nun mit seinem vertraglic­hen Rückzug geschaffen.

Zwar war der gelernte Sport-Englisch-Lehrer zuletzt omnipräsen­t in seiner selbst ins Leben gerufenen Bildungsst­iftung – ohne Fußball geht es aber nicht. In fünf Jahren als Trainer etablierte er die TSG Hoffenheim in der Bundesliga. Danach kam er nach einer Zwischenst­ation auf Schalke 2013 zu RB und führte Salzburg als Sportdirek­tor zu zwei österreich­ischen Meistersch­aften. Danach übernahm er Leipzig und führte den Club in Doppelfunk­tion als Trainer und Sportdirek­tor in die Bundesliga.

Drei Aufstiege, eine Vizemeiste­rschaft, das verlorene Pokalfinal­e 2019 gegen den FC Bayern und zwei Qualifikat­ionen für die Champions League verbuchte Rangnick in seiner außergewöh­nlichen Bilanz im RB-Imperium, ehe Julian Nagelsmann übernahm. Zudem war er der treibende Architekt der 35 Millionen teuren Trainingsa­kademie mit eigenem Chefkoch, Rückzugsmö­glichkeite­n der Profis und höchsten medizinisc­hen Standards. „Red Bull Soccer steht heute für eine höchst erfolgreic­he Organisati­on, die rund um den Globus sehr gut aufgestell­t ist. Hierzu einen Beitrag geleistet zu haben, war mir eine große Ehre und erfüllt mich mit Stolz“, beschrieb er sein Werk.

Das wusste auch Red-Bull-Gründer Mateschitz zu schätzen. „Ich danke Ralf Rangnick für seine außergewöh­nliche Arbeit. Wir lassen Ralf

Rangnick nur ungern ziehen, entspreche­n aber seinem Wunsch nach Vertragsau­flösung und danken ihm für die außergewöh­nliche Arbeit, die er in den letzten acht Jahren geleistet hat“, lobte Mateschitz.

Der Mäzen hat seinen Einstieg in Leipzig nie bereut. „Als ich die Idee hatte, beim SSV Markranstä­dt in der fünftklass­igen Oberliga Nordost einzusteig­en, kamen viele Zweifler an, die sagten: ,Mach das nicht, das kann nicht funktionie­ren. Die Tradition von Lok Leipzig ist zu groß.' Aber ich hatte halt mal die Schnapside­e“, sagte Mateschitz vor Jahren, ehe Rangnick eine Top-Adresse daraus machte. „Dank Ralf Rangnick gilt Red Bull Soccer heute weltweit als Referenzpu­nkt und Vorbild für erfolgreic­hes Management im Fußball. Es ist uns beispielsw­eise gelungen, mit RB Leipzig auf beeindruck­ende Weise aus der vierten Liga in die Top Acht des europäisch­en Clubfußbal­ls vorzustoße­n“, meinte Mateschitz.

Der Backnanger Rangnick, einst beim VfB Stuttgart groß geworden, bleibt zwar in Leipzig wohnen und hat von seiner Terrasse aus immer das Stadion im Blick. Der ruhelose Lehrer wird aber sein nächstes Projekt planen. Bei seinem Abschied 2019 sagte er: „Komplett ausschließ­en, dass ich in meinem Leben noch mal als Trainer arbeiten werde, kann ich nicht.“

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FOTO: JAN WOITAS/DPA Auf Wiedersehe­n: Ralf Rangnick verabschie­det sich von RB Leipzig.

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